Dr. Matteo Moreau:
Ich saß auf dem Dach der Klinik. In einer halben Stunde würde Leyla Johanna die Magensonde legen. Wir hatten lange gesprochen und ich hatte schließlich einsehen müssen, dass Johanna zu schwach für eine therapeutische Behandlung war und wir keine Zeit zu verlieren hatten. Vor fünf Minuten hatte ich die Einwilligung unterschrieben und jetzt saß ich hier, den Kopf in die Hände gestützt und zweifelte an mir und meinem dasein als Adoptivvater. Als ich heute morgen in aller Frühe das Haus verließ, dachte ich unsere Welt wäre in Ordnung, doch dan überschlugen sich die Ereignisse. Meine Tochter war magersüchtig. Ich rafft mich auf und atmete die kühle Nachtmittagsluft ein, dann öffnete ich die Tür, die wieder in das Innere der Klinik führte. Auf dem Weg zu Jojos Zimmer ging ich noch auf der Toilette vorbei und wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser. Als ich dann vor der Tür meiner Tochter stand, verließ mich all mein Mut. Ich hob meine Hand, um zu klopfen, senkte sie jedoch wieder. Wie sollte ich ihr erklären, dass wir ihr wieder eine Magensonde legen würde? Sie würde mich hassen, sich verraten fühlen und das wollte ich nicht. Erneut hob ich die Hand, sammelte mich und klopfte. Keine Antwort. Langsam öffnete ich die Tür und trat ein. Zusammen gekugelt lag sie da. So verletzlich. Ich setzte mich auf den Stuhl und legte meine Hand ganz vorsichtig auf ihre Schulter. Bei der Berührung zuckte ihr zerbrechlicher Körper zusammen und sie wandte den Kopf für einen kurzen Augenblick zu mir. Ich sah in ihre braunen Augen, doch statt dem üblichen glitzern und funkeln, konnte ich jetzt nur leere sehen. In ihren Augen fehlte jegliche emotion. Leyla hatte schon mit ihr gesprochen. Zwanzig Minuten vergingen und ich malte mit meinem Finger nur kleine Kringel auf ihr Schulterblatt, dann öffnete sich die Tür und Leyla kam zusammen mit Bähr herein. Elias schob einen kleinen Wagen. Leyla lief auf die andere Seite des Betts und bat Jojo sich aufzusetzen und erst jetzt merkte ich wie gebrechlich meine 17-jährige Tochter wirkte. Bähr bereitete alles vor und Leyla führte, nach einer örtlichen Betäubung, die Sonde durch die Nase ein. Johanna saß da und ließ die ganze Prozedur über sich ergehen ohne ein Ton zu sagen und auch in ihren Augen war keine Regung zu sehen. Es war beinahe gruselig wie gefühlskalt sie war. Das war nicht meine Tochter. Nicht das Mädchen mit dem Funkeln in den nussbrauen Augen, nicht das Mädchen, das trotz all den Schicksalsschlägen nie verlernt hatte zu lachen. Nicht Johanna.Ich melde mich aus dem Alltagschaos Schule. Irgendwie verliere auch ich langsam aber sicher die Hoffnung auf Normalität. Trotz allem wünsche ich ein schönes Wochenende. Es wird sicher besser...irgendwann!
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In aller Freundschaft Die jungen Ärzte: Johanna Moreau
SonstigesÜber ein Jahr nach einem gravierenden Unfall kämpft sich Johanna zurück ins Leben. Immer an ihrer Seite ihr Adoptivvater Matteo Moreau und das Team der Johannes Thal Klinik. Von Fortschritten und Rückschlägen, von Freundschaft und Leid. Gestartet: 1...