Johanna Moreau:
Vier Wochen waren seit dem Abend vergangen, den ich nie wieder vergessen würde. Mein Abiball. Ich hatte es geschafft. Nach Wochen voller lernen und viele Nervenzusammenbrüche später hatte ich das Stück Papier in der Hand gehalten. Das Stück Papier, dass mir 12 Jahre Kampf und ein 1,1 Abitur bescheinigten. Ich legte das letzte Top in meine Reisetasche. Sentimental strich ich über den rauen Stoff der Tasche. Sie hatte mich schon an die Nordsee, nach Boston, in die Schweiz, nach Frankreich und nach Kroatien begleitet. Ab übermorgen würde sie mich durch ganz Europa begleiten. In zwei Tagen würde ich zusammen mit Ella in den Van ihrer Eltern steigen und dann würden wir für vier einhalb Monate die Straßen Europas unsicher machen. Ich stand auf und lief die Treppen hinunter zu Vivi und Julia, die schon seit einer halben Stunde in der Küche, verschiedene Salate zusammen mischte. Nachdem ich mich durch verschiedenste Dressings probiert hatte, ging ich in unseren Garten. Eigentlich war es nur eine riesige Rasenfläche mit einem Schaukelgestell und den zwei jämmerlichen Versuchen von Vivi ein Gemüsebeet anzulegen. Ich setzte mich auf die Holzschaukel und sah Dad dabei zu, wie er mit dem riesigen Grill kämpfte, den er sich geliehen hatte. Zwei Stunden später, stand ich, in ein luftiges Sommerkleid gehüllt, in unserer Einfahrt und begrüßte die ankommenden Gäste. Mit der Begründung, dass dies hier meine „Abschiedsparty" war, hatten Dad und Vivi gefühlt jeden eingeladen, den wir kannten. So kamen meine ganzen Schulfreunde, die halbe Belegschaft des JTKs und natürlich Ella mit ihrer Familie. Es war ein wunderschöner lauer Sommerabend. Ich saß mit einem Pappteller voller Salat und einem Steak auf der Schaukel, lauschte der Musik und unterhielt mich mit Dominik über meine Europareise. Plötzlich hörte man ein lautes Rauschen in den Lautsprechern, über die die ganze Zeit Musik gelaufen war. Vivi stand mit einem uralten Mikrophone mitten auf der Wiese. „Johanna, bitte einmal herkommen." Erstaunt erhob ich mich und lief auf Vivi zu. Sie deutete auf einen Stuhl, der einsam auf dem Rasen stand. Irritiert sah ich an, setzte mich und wartete neugierig. „Liebe Johanna, vor fünf Monaten bis du 18 Jahre alt geworden und bist jetzt schon seit fünf Jahren hier bei uns. Deshalb haben wir deine bisherige Zeit bei uns in einem Video zusammen geschnitten!" „Oh Gott!", lachte ich. Ein Beamer projektierte das Bild auf die dichte Hecke unseres Nachbarn. Dann flimmerten alle möglichen Bilder von mir über den Bildschirm. Ich in der Klinik, mit meiner Prothese in der Hand, zusammen mit Sam, ich mit Dad im Urlaub, wieder Bilder aus der Klinik und so weiter. Die letzten fünf Jahre flimmerten über die Hecke und ich hatte Tränen in den Augen. Wie schnell die Zeit vergangen war. Jetzt bin ich 18 Jahre alt. Erwachsen. Der Abend wurde wunderschön. Wir lachten und tanzen viel und war einfach nur wunschlos glücklich.
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In aller Freundschaft Die jungen Ärzte: Johanna Moreau
RandomÜber ein Jahr nach einem gravierenden Unfall kämpft sich Johanna zurück ins Leben. Immer an ihrer Seite ihr Adoptivvater Matteo Moreau und das Team der Johannes Thal Klinik. Von Fortschritten und Rückschlägen, von Freundschaft und Leid. Gestartet: 1...