Yoongi's PoV.:
Ich hasste es in diesem Waisenhaus. Angefangen damit, dass wir um 07:00 Uhr morgens aufstehen und danach den ekeligen Kantinenfraß aus der Mensa essen mussten. Weiterführend damit, dass wir uns nach dem Frühstück nicht wieder hinlegen durften, weil wir dann für ganze 8 Stunden lang trockenen Theorie-Unterricht durchgehen mussten. Bereits um 19:00 Uhr war Bettruhe und man musste auf seinem Zimmer bleiben, leise sein. Außerdem gab es so viele Regeln, dass ich mindestens zwei Stück am Tag missachtete. Nicht beabsichtigt, sondern ausversehen. Zur Strafe musste ich dann immer nach dem Unterricht länger bleiben und Aufsätze schreiben. Die Lehrer konnten mich deswegen nicht leiden. Sie sagten, ich würde ihnen zu viel Ärger bereiten und auch die Hauswirtschaftskräfte stimmen dem ein. Ich konnte niemandem trauen. Nicht einmal den anderen Hybriden, denn diese schienen mir alle unfreundlich. Egal was ich tat, ich wurde von ihnen ausgelacht und schikaniert. Sogar mein Zimmergefährte erlaubte sich manchmal einen Spaß mit mir, indem er mein Gesicht mit Edding anmalte, oder meine Klamotten versteckte, während ich nichtsahnend unter der Dusche stand.
Also entschied ich mich dafür wegzulaufen. In den ersten vier Nächten erkundigte ich bloß das alte Gemäuer – malte mir auf wo sich offene Türen und Fenster befanden. Nach einer weiteren Woche der Vorbereitungen entschloss ich mich dann dazu, die Rettungstür in der Nähe des Physikraumes für meine Rettung zu erkoren. Das Ziel? Natürlich Hoseok's Wohnung.
Ich hatte mir eine Tasche gepackt, mit all den Sachen die ich mitnehmen wollte. Das war nicht sonderlich viel, aber da ich auf alles gefasst sein wollte, packte ich natürlich auch eine Menge Proviant ein. Nachdem ich mir Jacke und Schuhe angezogen hatte, schlich ich mich dann aus dem Zimmer. Die Flure waren dunkel. Kein einziger Ton war zu hören. Ich musste extra leise laufen, um bei den Nachtwachen kein Aufsehen zu erregen. Die liefen nämlich immer die Flure ab. Doch mittlerweile kannte ich ihre Laufmuster und Uhrzeiten. Heute war Donnerstag, was bedeutete das Herr Nam gegen 23:15 Uhr seine Schicht mit Herr Cha wechselte. Dafür musste er allerdings zum Mitarbeiterraum laufen, was den Gang zum Physikraum völlig entblößt zurückließ. Perfekt, um für mich zur Rettungstür zu schleichen.
Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, weil ich Angst hatte erwischt zu werden. Lediglich der Gedanke daran, dass ich bald Hoseok wiedersehen würde, ließ mich weiterlaufen. Ich vermisste ihn so sehr. Seine Stimme, sein Geruch, seine Umarmungen... Einfach alles an ihm. An dem Tag, an dem sie mich von ihm getrennt hatten, ist meine kleine heile Welt zusammengebrochen. Vor allem, weil es mir nicht einmal möglich gewesen war, mich zu verabschieden. Ein letzter Kuss, oder ein letztes Wort hätten mich vielleicht nicht so verzweifelt fühlen lassen. Verzweifelt deswegen, weil ich nicht wusste ob er mich holen kommen würde. Verzweifelt deswegen, weil ich nicht wusste ob er mich nach alledem überhaupt noch bei sich haben wollte. Ich hatte ihm so viel Ärger eingebrockt. Wenn ich nicht so dickköpfig gewesen wäre, hätten wir uns jeden Tag im Life Companionship Center sehen können. Aber nein, mein egoistisches Ich wollte lieber direkt in seiner Wohnung bleiben und alles versauen. Ich bereute es so sehr...
Die Sicht vor meinen Augen wurde von ein paar Tränen verwischt. Leise schniefend tupfte ich sie von meinen Wangen und versuchte mich wieder zusammenzureißen. Immerhin kam jetzt der knifflige Part. Ich hatte es mittlerweile bis zum Physikraum geschafft. Jetzt musste ich nur noch zu der Rettungstür rennen und das schwere Ding geräuschlos hinter mir schließen. Rechts und links war niemand zu sehen – genau so wie ich es geplant hatte. Also rannte ich los. Die Sachen in meinem Rucksack polterten laut gegeneinander und meine Schritte konnte man bestimmt bis in den zweiten Stock hallen hören. Auf dem letzten Meter kniff ich die Augen zu, zog ächzend die Tür auf und schlüpfte durch den schmalen Spalt hindurch. Dann konzentrierte ich mich darauf sie so leise wie möglich zu schließen. Als es geschafft war, gab ich ein erleichtertes Seufzen von mir. Mein Herz raste in Rekordgeschwindigkeit und ich blieb eine Weile lang einfach bloß in der Dunkelheit stehen, versuchte mich zu beruhigen.
Plötzlich konnte ich Stimmen auf der anderen Seite vernehmen. Sie sprachen weit entfernt miteinander, sodass ich sie kaum verstehen konnte. Nichtsdestotrotz klingelten bei mir alle Alarmglocken und ich setzte mich wieder in Bewegung.
Die Rettungstür führte auf den Hinterhof des Hybridenheimes. Hier standen Mülltonnen, kaputte Fahrräder und anderer Krimskrams herum. Ich duckte mich geschickt zwischen den ganzen Versteckmöglichkeiten entlang, ehe es nichts mehr zum Verstecken gab und ich losrennen musste. Meine Beine fühlten sich immer noch ein bisschen wackelig an. Dennoch spurtete ich so schnell wie ich nur konnte. Über den langweiligen Spielplatz hinweg, an ein paar kahlen Bäumen entlang und dann direkt auf die Straße. Der Asphalt unter meinen Füßen fühlte sich so hart an, dass es mir in den Knien weh tat. Auch die kalte Nachtluft brannte in meinen Lungen.
Aber ich hatte es geschafft.
Der Sieg ließ mich alles um mich herum vergessen. Ich konzentrierte mich lediglich aufs Rennen. So lange, bis unter all der Anstrengungen meine Beine nachgaben und ich auf den Boden fiel. Ein Stück lang rollte ich noch, dann kam ich zum Stehen. Jetzt tat mir aber wirklich alles weh. Meine Hände, die aufgeschürft waren und mein Kopf, den ich mir angestoßen hatte. „So ein Mist", fluchte ich und pustete den Dreck aus meinen Wunden. Als ich aufsah und das erste Mal die Umgebung auf mich wirken ließ, fiel mir auf das ich gar nicht wusste wo ich war. Die Häuser, die Laternen und selbst der Bordstein sah hier anders aus, als dort wo ich mit Hoseok gewohnt hatte. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und rappelte mich wieder auf. Nicht gewillt, jetzt einfach umzudrehen und aufzugeben. Nein, ich wollte weiterlaufen. Irgendwann würde ich Hoseok's Wohnung schon finden. Sie konnte nicht weit sein, oder? Wenn ich die Straße runterlaufen und am Ende rechts abbiegen würde, vielleicht würde ich sie dann sehen?
Also lief ich weiter. Immer weiter und weiter. Mal bog ich rechts ab, dann wieder links. Und dann wieder rechts. Je weiter ich ging, desto größer wuchs die Panik in mir. Nichts kam mir familiär vor. Alles sah so fremd und neu aus. Gefährlich, noch dazu. Ich hatte das ungute Gefühl beobachtet zu werden, obwohl es mitten in der Nacht war und die Straßen vollkommen leer. Als ich wieder um eine Kurve lief und nichts von dem was vor mir lag erkannte, blieb ich stehen. Der Sinn meiner Mission machte auf einmal keinen Sinn mehr. Ein erschreckend leeres Gefühl breitete sich in mir aus und da war wieder dieser erstickende Kloß in meinem Hals, der mir die Tränen in die Augen trieb. Ich biss mir auf die Unterlippe, versuchte verzweifelt nicht zu weinen. Doch natürlich konnte ich den Drang nicht unterdrücken. Nicht, wenn all meine Mühen umsonst gewesen waren. Wenn es aussichtslos schien und ich das Gefühl hatte, nun für immer in dieser Hölle von Hybridheim wohnen zu müssen.
Kopfschüttelnd drehte ich mich um: „Morgen gehe ich noch einmal los und suche dich, Jung Hoseok. Und wenn ich dich nicht finde, gehe ich übermorgen noch einmal los... Und noch einmal und noch einmal. Bis ich dich gefunden habe". Mit dieser Entscheidung in meinem schmerzenden Kopf, schlurfte ich langsam zurück.
•°•°•
Nun ist auch der Grund für Yoongi's Außrisse klar ;D Poor kitty cant wants to see his boyfriend ;-;
Ich hoffe übrigens ihr hattet alle schöne Weihnachten? Schreibt mir doch mal was ihr so bekommen habt ^^ Ich persönlich habe dieses Jahr so gut wie gar nichts bekommen, weil mein Geschenk noch unterwegs ist und wohl auch erst gegen Ende März 2021 ankommt. Danke dafür, Apple xD
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134340 // Sope
FanfictionMin Yoongi sollte mit seinen hervorragenden Genen das neue Wunderkind des Life Companionship Centers werden. Aber er ist eben doch nicht so perfekt, wie sich alle erhoffen und wird letztendlich verstoßen. Jung Hoseok empfindet tiefstes Mitgefühl für...