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Yoongi's PoV.:

Am liebsten hätte ich Hoseok am nächsten Morgen nicht zur Arbeit gelassen. Nachdem er einen Tag zu Hause geblieben war, wollte ich ihn wieder dazu nötigen. Ich hatte sogar versucht ihn umzustimmen, indem ich ihn im Bett festgehalten und äußerst langsam seine Morgenlatte liebkost hatte, aber das hatte wohl nicht gereicht. Eine halbe Stunde später verabschiedete er sich mit einem Kuss von mir und stürmte zur Wohnungstür heraus. Mich ließ er mit ein paar Aufgaben von Frau Kim allein zurück. Es war traurig, doch ich konnte es irgendwo nachvollziehen. Schließlich musste Hoseok die Miete bezahlen, Lebensmittel, Klamotten und alles was man noch so fürs Leben brauchte.

Also verzog ich mich widerwillig ins Wohnzimmer zurück. Die ersten zwei Stunden verbrachte ich unter der Wolldecke gekuschelt, schaute aus den riesigen Fensterfronten raus und zählte die Regentropfen. Dann raffte ich mich zum Unterricht auf. Bei den Arbeitsblättern von Frau Kim ging es dieses Mal um das Eisbergmodell von Freud. Er war ein berühmter Tiefenpsychologe, der im 20. Jahrhundert gelebt hatte. Zugegeben war das Thema ein bisschen trocken, aber ich kämpfte mich trotzdem durch. Ab und zu schaltete ich auch wieder den Fernseher ein und ließ mir dort über einen der YouTube Kanäle schwierige Begrifflichkeiten, oder Themen erklären.

So ging die lange Zeit, die es auf Hoseok zu warten galt, auch ziemlich schnell vorbei. Als es gegen 16:00 Uhr schon wieder dunkel wurde und ich eine wohlverdiente Pause einlegte, klingelte es plötzlich an der Tür. Mein erster Gedanke war, dass Hoseok bereits nach Hause gekommen war und keine Lust hatte seinen Schlüssel aus den tiefen seiner Tasche zu suchen. Oder vielleicht hatte er ihn vergessen?

Ich schlich in den Wohnungsflur, überprüfte die Ablage auf dem Schuhschrank. Doch dort war kein Schlüssel zu sehen. Verwirrt ging ich auf die Wohnungstür zu und lugte durch dessen Spion in den Hausflur raus. Was ich zu Gesicht bekam, ließ mein Herz vor Schreck in die Hose rutschen. Dort stand eine Frau, zusammen mit einer anderen Frau. Eine von ihnen – die Linke – kannte ich. Sie war eine Nachbarin von Hoseok. Die Andere hatte ich allerdings noch nie gesehen...

Es klingelte noch einmal.

Und dann noch einmal.

Das Geräusch hallte laut in meinem Kopf wider. Auf wackeligen Beinen taumelte ich einen Schritt zurück, tastete blindlinks nach dem Telefon. Ich vertippte mich vor Panik ganze zwei Mal, bevor ich endlich Hoseok's Handynummer eingegeben hatte und bei ihm durchklingeln konnte. Währenddessen versuchte ich keinen Mucks zu machen. Selbst das Atmen vergaß ich für einen Moment.

„Yoongi?!", vernahm ich Hoseok's Stimme durch den Hörer. Er sprach laut und schnell, als wäre er gerade einen Marathon gerannt. „Yoongi, geht es dir gut?!".
„J-Ja... Da sind Leute-...", fing ich unsicher zu flüstern an. „Ich weiß, ich weiß! Mach denen auf gar keinen Fall die Tür auf! Ich bin gleich bei dir, okay?! Mach ihnen nicht die Tür auf!", erwiderte er und seine Panik steckte mich automatisch an. Mein Herz fing an zu rasen. Ich musste einmal nach Luft schnappen, rieb dann eine Hand über meine Brust. „W-Wieso nicht? Wer ist das, Hoseok?", stammelte ich. „Scheiße, wir-... Wir wurden erwischt! Wir wurden erwischt und sie werden dich mir wegnehmen, noch bevor ich bei dir sein kann. Also mach bloß nicht die Tür auf, verstanden?! Ich fahre jetzt auf den Parkplatz... Die Bullen sind auch schon hier, scheiße", und danach endete der Anruf abrupt.

Perplex starrte ich auf den schwarzen Hörer in meiner Hand. Ich hielt ihn so dolle fest, dass meine Knochen weiß unter der Haut hervortraten. Je mehr von Hoseok's Worten zu mir hindurch drangen, desto verkrampfter wurde ich. Einen Moment lang wurde mir sogar schwindelig. Ich schwankte vor und zurück, der Hörer rutschte aus meiner Hand und baumelte an dem geringelten Kabel herunter. Dessen Anblick ließ mich noch schwindeliger fühlen.

Gerade, als ich mich an der Wand heruntergleiten ließ und den festen Boden unter mir spüren konnte, wurde die Wohnungstür aufgeschlossen. Grelles Licht schien zu mir in den dämmrigen Flur. Ich konnte Hoseok's Silhouette ausmachen und als er auf mich zu ging, streckte ich gleich meine Hände nach ihm aus. „Geht es dir gut, Yoongi?", fragte er und zog mich zu sich hoch. Kurz danach schloss er mich in eine herzliche Umarmung. Im ersten Moment genoss ich sie; die Wärme und Geborgenheit die sie spendete. Doch ein erwartungsvolles Räuspern zerstörte den Moment unserer Vereinigung.

Ich lugte hinter der Schulter des Älteren hervor, beobachtete wie die mir unbekannte Frau zu uns in den Flur trat. Zwei Männer in Polizeiuniform folgten ihr. „Ich bin wirklich, wirklich enttäuscht von Ihnen. Sie haben mir noch nie Ärger bereitet, waren immer ein vertrauenswürdiger Mieter. Es ist wirklich eine Schande, dass ich Sie beide jetzt so auffliegen lassen muss", sprach die Dame. Sie hielt sich ihren Handrücken vor den Mund und die Nase, ganz so als ob es hier stinken würde. Es war klar, dass sie sich wegen mir so merkwürdig verhielt. „Sie müssen das nicht tun. Yoongi tut keiner Fliege etwas zuleide. Er ist nie laut gewesen, oder hat Unfug getrieben", antwortete Hoseok und verschränkte dabei unsere Finger ineinander. Er hielt mich voller Verzweiflung fest und trotzdem bekam ich das Gefühl, seinem Griff zu entweichen. Es war, als wäre ich ihm bereits entwichen. Obwohl ich noch neben ihm stand und seine Stimme hören, seine Wärme spüren konnte.

„Herr Jung, Sie wissen ganz genau, dass das nicht mein Problem ist. Ich bin mir sicher, dass ihr Katzenhybrid ein gutmütiges Wesen hat. Aber er ist ein Hybrid. Halb Mensch, halb Tier. Das Fell an seinen Ohren lässt bereits auf dieser Distanz meine Nase jucken. Laut Vertrag sind hier keine Tiere erlaubt, also bitte...", sie machte eine einladende Handgeste in meine Richtung und die Polizisten neben ihr reagierten sofort, traten auf uns zu. Ich wich augenblicklich zurück. Hoseok ließ mich daraufhin instinktiv los und ich hatte das große Bedürfnis einfach wegzulaufen. Vorbei an den Polizisten, der Vermieterin, der Nachbarin und raus ins Freie. Doch mal abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich nicht weit kommen würde, hatte ich auch keinen Ort an den ich gehen wollte. Ich wollte bei Hoseok sein – sonst nirgendwo.

Einer der Polizisten machte auf einmal einen Satz nach vorne und packte mich am Handgelenk. Scheinbar um sicherzugehen, dass ich nicht abhaute. Ich wehrte mich nicht dagegen, blickte einfach bloß stumm zu Hoseok hoch. Er sah traurig aus. Seine Augen glitzerten gefährlich und ich hätte schwören können, bereits eine Träne gesehen zu haben. Er biss sich verbittert auf die Unterlippe, versuchte sämtliche Emotionen zu unterdrücken.

„Hoseok?", fragte ich mit brüchiger Stimme. Er erwiderte meinen Blick, schüttelte zaghaft den Kopf: „Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid. Wir hätten vorsichtiger sein sollen. Nein, ich hätte dich niemals zu mir holen dürfen. Das war ein Fehler. Ein dummer Fehler. Aber ich werde dich suchen und finden, versprochen. Ich werde umziehen und uns eine schöne Wohnung suchen... Okay? Wartes du auf mich?".
„Ich will nicht gehen", der Klos in meinem Hals wurde unerträglich groß, „Ich will nicht gehen. Was ist, wenn wir uns nie wiedersehen? Wer weiß, wo ich hinkomme? Ob mich eine andere Familie kauft? Ich will dich nicht verlassen. Bitte tu irgendwas dagegen. Irgendwas, damit ich bei dir bleiben kann". Ich kniff die Augen zu, während die ersten heißen Tränen über meine Wange kullerten. Mein rasanter Atem verwandelte sich zu einem hysterischen Schluchzen und ich brach in den Armen des Polizisten zusammen. Er fing mich geschickt auf, noch bevor ich auf den Boden krachen konnte. Auch Hoseok hatte eine Hand nach mir ausgestreckt, doch sein Kontakt wurde von dem anderen Polizisten unterbunden. „Behalten Sie schön die Finger bei sich", kommentierte dieser streng, was sowohl mich, als auch den Älteren innehalten ließ.

Der Fakt, dass ich nun für mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen, keinen Kontakt mit Hoseok haben würde, erschlug mich mit der Wucht eines Busses. Mein Sichtfeld verschwamm vor lauter Tränen und ich fing an zu kreischen, stemmte mich gegen den Griff des Polizisten und trat nach ihm. Allerdings erreichte keiner meiner Angriffe seinen Körper. Egal in welche Richtung ich schlug. Bereits nach kurzer Zeit wurden meine hektischen Bewegungen eingeschränkt, indem sir meine Hände mit Handschellen auf den Rücken zusammenschlossen. Dann wurde ich abgeführt.

Weder die Worte von Hoseok, noch die von den Polizisten drangen zu mir hindurch. Stattdessen hörte ich einfach bloß das nervige Klingeln der Wohnungstür in meinem Kopf hallen. Immer und immer wieder. Dann die Stimme der Vermieterin. Es brachte mich zur Weißglut. Je öfter sich die Szene vor meinem inneren Auge abspielte, desto verrückter wurde ich. Ich war kurz davor meinen Kopf gegen die nächstbeste Wand zu schlagen. Aber bevor das passieren konnte, verlor ich auch schon das Bewusstsein.

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Drama baby, drama~ Wurde auch mal Zeit. Genug mit dem Fluff, jetzt wirds ernst haha xD

134340 // Sope Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt