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Yoongi's PoV.:

Der Liebesfilm vom Vortag hatte mich so nachdenklich gemacht, dass ich mich am nächsten Tag – nachdem Hoseok zur Arbeit gegangen war – vor den Fernseher setzte und auf YouTube nach Kussszenen von wahllosen Filmen und Serien suchte. Nach einem 15-minütigen Video folgte ein 30-minütiges Video und danach schaute ich mir noch einen ganzen Liebesfilm an, der deutlich leidenschaftlicher als der Erste war. Ich fand gefallen an den herzzerreißenden Szenen. Jedes Mal, wenn sich die Charaktere küssten, oder gar ihre Hände miteinander verschränkten, glaubte ich vor Freude an die Decke zu springen.

Es musste unglaublich schön sein, jemanden zu haben der einen liebte. An den man sich wenden konnte, wenn es einem schlecht ging und bei dem man Kraft schöpfen konnte, wenn man kurz davor war aufzugeben. Eine Person die einem Sicherheit bot. Eine Person bei der man sich nicht verstellen musste, um anerkannt zu werden.

Zugegeben hatte ich noch nie so richtig über das Thema Liebe nachgedacht. Nicht einmal darüber, wie es wohl sein würde jemanden zu küssen. Und solche Gedanken wären mir auch sicherlich nicht eingefallen, wenn ich nicht gestern den Film mit Hoseok angesehen hätte. Erst da hatte ich das Verlangen bekommen mehr über Liebe, Küssen und sogar Sex zu erfahren. Ich verstand warum Menschen es taten – es war ihre Möglichkeit bestimmte Gefühle besser ausdrücken zu können. Genauso wie wir Hybriden Körperkontakt und Aufmerksamkeit brauchten, um Gesund am Leben zu bleiben. Was das anging unterschieden wir uns also gar nicht so sehr voneinander.

Aber da ich noch nie jemanden geküsst, geschweige denn geliebt hatte, konnte ich keineswegs sagen wie es sich anfühlen würde. In Büchern und Filmen wurde es immer als ein beflügelndes Gefühl beschrieben; als würde man auf Wolken tanzen, mit Schmetterlingen im Bauch. Küssen sollte sich genauso verführerisch anfühlen und ich versuchte es mir verbittert vorzustellen, aber wusste das meine Vorstellungen nicht ansatzweise an die Realität herankommen würden. Das frustrierte mich mehr als es sollte. Vor allem, weil ich wusste das ich es selbst in naher Zukunft nicht herausfinden würde.

Ich saß alleine in Hoseok's Wohnung fest, mit niemandem zum Kennenlernen, oder ausprobieren. Natürlich hätte ich mich auch auf die Straße schleichen und mir irgendeine fremde Person krallen können, aber das klang so unspektakulär. Ich wollte es mit einer Person tun die ich kannte und der ich vertraute. Vor allem nachdem Hoseok gesagt hatte, dass es sich dann besser anfühlen würde.

Er und Jungkook konnten von Glück reden, dass sie sich einander hatten. Auch, wenn sie sich nicht liebten. Sie kannten sich, mochten und vertrauten sich. Ich kannte beinahe niemanden, mochte nur Seokjin und Hoseok und vertraute auch nur den beiden – keine gute Chance auf eine Beziehung. Hoseok war an den absolut eifersüchtigen Jungkook vergeben und nach seiner Standpauke traute ich mich keineswegs an den Älteren ran. Seokjin hingegen war mein bester Freund. Mit ihm konnte ich mir sowas nicht einmal vorstellen. Zumal er viel zu weit weg wohnte. Wäre ich im Life Companionship Center geblieben, dann wäre das vielleicht eine andere Sache gewesen...

„Was um alles in der Welt schaust du dir da an?", ertönte plötzlich eine mir allzu familiäre Stimme hinter mir und ich zuckte so heftig zusammen, dass mein ganzer Körper einmal auf und ab hüpfte. Erschrocken riss ich den Kopf herum und starrte Hoseok an. „W-Was machst du d-denn schon h-hier?", stotterte ich panisch. „Es ist 18 Uhr...", der Ältere deutete zur Fensterfront. Tatsächlich war es schon dunkel draußen. Außerdem regnete es wieder und Hoseok war auf dem Weg über den Parkplatz ziemlich nass geworden. Seine Haare hingen ihm feucht in die Stirn und man konnte ein paar Regentropfen auf seinem Jackett schimmern sehen.

„Also, erklärst du mir mal wieso du dir einen Zusammenschnitt von-...", er machte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck, versuchte die Serie vor sich zu identifizieren, „Greys Anatomy? Sind das Kussszenen aus Greys Anatomy?".
„Du kennst die Serie?", fragte ich überrascht nach und spürte wie mir dabei die Hitze in die Wangen stieg. Peinlicher ging es nicht.

„Ja, ich kenne sie. Ich schaue sie ab und zu, wenn mir langweilig ist und ich nicht weiß, was ich mit meiner Zeit anfangen soll. Die Serie ist eigentlich ganz gut, aber-... Warum schaust du das?", Hoseok sah absolut verwirrt aus. Vielleicht auch ein bisschen beschämt, dass er mich dabei erwischt hatte. „Ich-... Ich war nur neugierig", versuchte ich zu erklären, „Nach dem Film gestern wollte ich mehr über Liebe wissen. In meinem Kopf existiert nur geringes Wissen darüber".
Hoseok seufzte und schüttelte den Kopf: „Alle Hybriden aus unserer Firma haben nur Grundwissen in Liebe... Das liegt daran, dass wir sie zur Arbeit mit behinderten Menschen erschaffen und nicht, um sich in Beziehungen zu verwickeln... Dafür gibt es Hybriden aus anderen Firmen".
„Ahhh", machte ich und nickte verstehend. Seine Erklärung machte Sinn, auch wenn sie mich ein wenig verletzte. Es klang beinahe so, als würde er mir das Recht auf Liebe nehmen wollen. Wie ein dummer Gedanke, den man schnellstmöglich aus meinem Kopf entfernen musste.

„Ich geh mich jetzt duschen", nuschelte Hoseok kleinlaut, doch vorher legte er noch einen Stapel Zettel vor mir auf dem Tisch ab. Das waren die Unterrichtsmaterialien von Frau Kim. Allerdings klebte oben drauf ein zusammengefalteter Post-It, den ich so noch nie bekommen hatte. „Was ist das?", fragte ich nach, während ich den kleinen Zettel auseinanderfaltete. „Geheime Botschaft oder so", der Ältere zuckte gleichgültig mit den Schultern, „Soll ich dir von Seokjin geben".

Ich lehnte mich zurück und fing leise an zu lesen. Dass Hoseok dabei im Badezimmer verschwand, bekam ich kaum noch mit.

Ich hätte gewartet bis wir uns wiedersehen, aber ich glaube das ist vorerst nicht möglich. Deswegen schreibe ich dir diesen kleinen Brief. Als wir gestern zum Life Companionship Center zurückgefahren sind, war ich ziemlich traurig. Und Namjoon wollte mich aufmuntern, weswegen er mich auf die Wange geküsst hat und ich bin absolut durchgedreht. Im positiven Sinne. Ich glaube ich bin verliebt. Ist sowas überhaupt möglich? Ich wünschte ich könnte dein Gesicht sehen, wenn du diesen Zettel liest.

Darunter befand sich Seokjin's Unterschrift und er hatte ein paar Herzen gemalt – absolut kitschig. Dennoch fühlte ich mein Herz bei seinen Worten schneller schlagen. Ich freute mich unheimlich für ihn, zumal das meine Befürchtung, dass Hybriden keine Beziehung eingehen konnte, zunichte machte. Es gab also noch Hoffnung für mich. Wenn auch nur ein bisschen.

I'm back~ Updates kommen jetzt allerdings nur noch einmal in der Woche, Dienstag. Es sei denn ich schreibe plötzlich drei Kapitel pro Tag vor, dann kann ich auch wieder mehr posten. Hab heute tatsächlich ganze zwei Kapitel geschrieben. Ist mir noch nie passiert xD

134340 // Sope Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt