19.

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Yoongi's PoV.:

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, befand ich mich nicht mehr auf dem kalten Boden. Stattdessen lag ich auf dem Sofa, genau dort wo auch Hoseok zuvor geschlafen hatte und ich hoffte inständig, dass diese Position nicht mein schlaftrunkenes Handeln gewesen war.

Unsicher richtete ich mich auf. Erst dann stieg mir der unverwechselbare Geruch von Reis, Omelette und gebratenem Gemüse in die Nase. Es duftete herrlich frisch, weswegen mein Magen wie auf Knopfdruck zu grummeln anfing. Neugierig sah ich hinter mich. Von hier aus konnte ich direkt in die offen liegende Küche gucken und dort stand Hoseok am Herd, kochte uns vermutlich Frühstück. Eine Weile lang betrachtete ich ihn einfach bloß von hinten, ehe ich entschied aufzustehen und mich zu ihm zu gesellen.

„Guten Morgen", nuschelte ich kleinlaut, blieb dabei an der kleinen Anrichte, die Wohnzimmer und Küche halbwegs voneinander trennte, stehen. Hoseok zuckte etwas erschrocken zusammen. Wahrscheinlich hatte er meine Anwesenheit schon wieder ganz vergessen, denn als unsere Blicke sich trafen, blinzelte er lediglich perplex. „G-Guten Morgen", entkam es ihm schließlich und danach ein hastiges, „Tut mir leid, ich bin es nicht gewöhnt mit einer anderen Person zusammen zu leben". Das war eine Lüge, allerdings konnte ich geschickt darüber hinwegsehen. „Schon okay. Was kochst du?", fragte ich nach. „Nur ein kleines Frühstück. Für gewöhnlich esse ich sowas gar nicht, aber ich dachte du hast vielleicht Hunger", erwiderte er und mein Magen knurrte erneut. Ich hielt mir eine Hand auf den Bauch, gab ein beschämtes Lächeln von mir. „Ja, ein bisschen", gestand ich dann. Hoseok schmunzelte etwas: „Setz dich schon mal hin, ich bereite dir den Rest zu".

Ich kam seiner Aufforderung wortlos nach und setzte mich an den kleinen Tisch, der rechts an der Wand stand. Er war lediglich für zwei Personen gedacht, weswegen ich erneut an Hoseok's kleine Lüge zurückdenken musste. Zugegeben verletzte es mich ein bisschen, dass er glaubte gewisse Dinge vor mir verheimlichen zu müsse. Und das obwohl er wusste, dass ich als Hybrid seinen Puls vernehmen und jede einzelne Veränderung daran erkennen konnte. Aber vielleicht gab es auch einen triftigen Grund, für den er mich angelogen hatte...

Ein dampfender Teller mit Essen sorgte dafür, dass ich aus meinem Trübsal gerissen wurde. Mir lief augenblicklich das Wasser im Mund zusammen, als ich all die verschiedenen Gemüsesorten und das strahlend gelbe Omelette vor Augen sah. Hoseok hatte sich lediglich die Hälfte von meiner Portion genommen und ließ sich damit direkt gegenüber von mir nieder. Dann eröffnete er das Essen mit einem: „Lass es dir schmecken". Ich griff zu meiner Gabel und schaufelte mir gierig den ersten Bissen rein. Es schmeckte viel besser als das Zeug, dass man mir in der kleinen Bar unter dem Elektronikladen gegeben hatte. Ich konnte förmlich spüren wie sämtliche Kräfte zurück in meinen Körper gelangten und sich mit jedem weiteren Bissen meine Sinne verschärften.

„Wo wir gerade beisammensitzen, kann ich dir einmal meine Regeln erklären die ich mir gestern Abend noch ausgedacht habe", fing Hoseok nach einer Weile der Stille wieder zu sprechen an. Ich hielt unsicher in meiner Kaubewegung inne. Was jetzt kommen würde, sollte mein weiterführendes Leben bei ihm bestimmen und aus irgendeinem Grund hatte ich Angst davor. Dabei war ich mir eigentlich sicher, dass Hoseok mir niemals etwas aufbürden würde, was mich verletzen könnte. Ich schluckte das Essen in meinem Mund und damit auch gleich den Kloß in meinem Hals herunter, nickte aufmerksam. „Okay, gut. Also zu aller erst möchte ich nicht, dass du dich mitten in der Nacht zu mir schleichst und auf Kopfhöhe von mir einschläfst. Ich habe heute Morgen einen halben Herzinfarkt bekommen, weil deine Katzenohren meine Nase gekitzelt haben... Das war nicht lustig", sagte er und ich schluckte trocken. „Tut mir leid. Es ist nur so, dass ich ohne Seokjin nicht einschlafen kann und da dachte ich mir, kann ich mich zu dir legen", versuchte ich zu erklären. Hoseok schien daraufhin etwas erwidern zu wollen, doch die Worte kamen nicht aus seinem Mund und schließlich seufzte er einfach nur frustriert: „Na schön, aber daran musst du dich jetzt eben gewöhnen. Ich kann nicht mit dir in einem Bett schlafen".

„Wieso nicht?", ich legte verwirrt den Kopf schief. „Weil-... Weil man das nicht macht", stammelte er, sichtlich überfordert mit der Situation. „Aber Seokjin und ich haben auch mal eine Nacht in seinem Bett verbracht", murmelte ich nachdenklich. „Ihr beide hattet auch eine enge Beziehung zueinander. Wir beide kennen uns dahingehend kaum", die Antwort machte mehr Sinn, als mir lieb war. Letztendlich nickte ich einfach nur resignierend und schob mir eine weitere Gabel voller Reis in den Mund.

„So viel dazu... Kommen wir jetzt zu der wichtigsten Regel. Sobald ich aus der Wohnung bin, darfst du nicht mehr laut werden. Sowohl Radio, als auch Fernseher müssen leise angehört werden. Du darfst nicht tanzen und auch nicht singen. Wenn du mir im Haushalt helfen möchtest, während ich weg bin, darfst du lediglich die Fenster putzen und Regale abwischen. Alles andere wäre zu laut. Außerdem solltest nichts kochen, weil der Geruch und auch die Geräusche zu auffällig sind. Aber keine Sorge, ich werde dir genug Essen fertig machen, bevor ich zur Arbeit gehe", Hoseok sprach und sprach, schien einfach kein Ende finden zu können. Mittlerweile hatte ich wieder aufgehört zu kauen, damit ich ihm besser folgen konnte. „Letztendlich solltest du auch nicht auf den Balkon gehen, denn von dort aus können dich Leute vom Parkplatz und den anliegenden Balkonen sehen... Und natürlich darfst du nicht die Tür öffnen, wenn jemand klingelt. Aber das ist ja verständlich", sprach er und endete plötzlich. Ich sah ihn erwartungsvoll an, mit der Befürchtung das noch mehr kommen würde. Aber er schien alles Wichtige erwähnt zu haben, weswegen ich seine Worte endgültig auf mich wirken ließ.

Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gesagt, dass ich die nächsten Monate in einem Gefängnis leben würde. Die Voraussetzungen um bei Hoseok zu leben klangen grauenvoll. Sich ständig leise und vorsichtig bewegen zu müssen – konnte man das überhaupt Leben nennen? Andererseits wusste ich, dass es mir in einem wahllosen Heim viel schlechter ergehen würde. Also blieb mir kaum eine andere Wahl als seinen Regeln zuzustimmen.

„Okay... Und was ist mit Duschen? Kann ich duschen, während du weg bist? Und darf ich dich anrufen, wenn etwas sein sollte?", hakte ich nach. „Duschen zu gehen sollte in Ordnung sein, weil der Raum an einer Wohnung grenzt, in der nur selten jemand drin ist. Anrufen kannst du mich natürlich auch. Ich werde dir meine Nummer aufschreiben und über das Telefon im Flur kleben. Rufe mich aber nur an, wenn es wirklich wichtig ist", antwortete Hoseok. Ich nickte langsam: „Danke".

„Schon in Ordnung. So lange wir nicht erwischt werden, ist alles gut", mein Gegenüber zwinkerte einmal charmant, aber auch hier konnte ich wieder eine kleine Lüge identifizieren. Nicht, weil er unrecht hatte, sondern weil er so tat als würde er mit meiner Anwesenheit zurechtkommen. Aber das tat er ganz offensichtlich nicht. Tief in seinem Inneren war etwas, dass ihn quälte. Zu viele Gedanken und gemischte Gefühle. Ich konnte Unbehagen ausmachen, Angst und Unsicherheit. Verzweiflung, vielleicht sogar ein bisschen Panik?

Es war, als würde er mich damit automatisch anstecken, denn plötzlich begann mein Herz zu rasen und alles was ich sah, drehte sich im Kreis.

„Fuck", hörte ich Hoseok auf einmal fluchen und kurz darauf drückte er mir auch schon ein Taschentuch unter die Nase. Ich konnte Blut riechen, mehr Stresshormone. Einen Moment lang glaubte ich in Ohnmacht zu fallen, aber dann beruhigte ich mich wieder. Mein Umfeld hörte auf sich zu drehen und ich konnte mir ein erleichtertes seufzen nicht verkneifen. „Verdammt, ich verstehe einfach nicht wieso du immer Nasenbluten bekommst... Vielleicht sollte ich Taehyung anrufen, damit er heute nach der Arbeit vorbeikommt und dich ansieht", sagte Hoseok, eher zu sich selbst als zu mir. Und dennoch antwortete ich mit einem schnellen: „Nein! Mir geht es schon wieder besser, siehst du?". Ich zog Hoseok's Hand an seinem Gelenk von meinem Gesicht weg und tatsächlich hatte das Nasenbluten bereits aufgehört. „Trotzdem, Yoongi. Das kann doch nicht so weiter gehen. Irgendetwas stimmt da nicht", erwiderte er, während er das Taschentuch zusammenknüllte und in den Mülleimer warf. „Das ist doch nur der Stress. Ich habe die letzten Tage viel durchgemacht", versuchte ich ihn zu beruhigen. „Schon, aber-... Bitte lass Taehyung einmal drüber sehen. Nur kurz, ja?", Hoseok sah wahrlich besorgt um mich aus. Es zerbrach mir das Herz ihn so zu sehen. „Na gut. Aber nur kurz", schmollend verschränkte ich die Arme ineinander. Mein Gegenüber lächelte daraufhin breit und es war das erste Mal, dass es aufrichtig aussah. Was würde ich nur darum geben, um dieses Lächeln öfters zu sehen...

Wenn ich die Szenen mit dem Nasenbluten schreibe werde ich immer automatisch an Stranger Things erinnert xD

134340 // Sope Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt