Kapitel 26 - Adam

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Ich habe Brooke angelogen.

Ich habe ihr ins Gesicht gelogen und seit diesem Augenblick im Auto, kann ich kaum mehr an etwas anderes denken.

Fuck, ich bin mindestens zehn Mal kurz davor gewesen, sie anzurufen und ihr zu sagen, dass ich das alles nicht so gemeint habe.

Das Letzte, was ich will, ist wieder zu einem so wie immer zurückzukehren. Spätestens nach diesem Wochenende, ist das absolut nicht mehr möglich. Ich sehe sie schon lange nicht mehr wie die Brooke von früher. Wenn ich Brooke ansehe, erwärmt es mir das Herz. Ich bin süchtig nach ihrem Lachen, nach dem Strahlen in ihren Augen und ihren klugen Worten.

Doch das Zwicken des Anzugsstoffs an meinen Oberschenkeln, sorgt dafür, dass ich wieder in die Realität zurückkehre. Es erinnert mich daran, warum ich Brooke überhaupt angelogen habe und warum ich diesen erbärmlichen Weg eingeschlagen habe.

Als sie mich gestern im Auto gefragt hat, ob wir heute Abend miteinander Zeit verbringen, hätte ich beinahe kopflos einfach nur ja gesagt, denn alles, was ich will, ist mehr und mehr Zeit mit Brooke zu verbringen. Ich kann einfach nicht genug von ihr bekommen.

Aber dann ist mir eingefallen, dass ich heute Abend zu diesem Sponsoren-Event muss. Kein Atemzug später ist das Luftschloss, das ich um uns herum errichtet habe mit tosendem Lärm zusammengebrochen und ich bin hart auf dem Boden der Realität aufgekommen.

Ich hätte Brooke wenigstens von dem Event erzählen sollen, doch ich weiß ganz genau, dass ich sie dann gebeten hätte, mich zu begleiten. Weil ich mir vorstellen kann, dass es mit ihr an meiner Seite sogar ganz schön hätte werden können. Aber ich habe sie nicht gefragt, denn ich weiß, dass sie zugesagt hätte, obwohl sie es mit jeder Faser ihres Körpers verabscheut hätte, dort zu sein. Denn es ist genau das, vor dem sie in Washington geflohen ist.

Ich habe an diesem Wochenende hautnah miterlebt, wie sehr sie die Welt, in der die Campbells verkehren, einschüchtert und fertig macht.

Gerade, weil sie mir mittlerweile so viel bedeutet, darf ich Brooke nicht in meine Version dieser Welt mit hineinziehen. Es wäre fast so, als wäre sie vor der Pest geflohen und ich würde sie mit Cholera anstecken.

Das kann ich ihr einfach nicht antun.

Also bleibt uns nichts anderes übrig, als zurück zu so wie immer zu kehren, dabei weiß ich wirklich nicht, ob mein dummes Herz das schaffen wird.

Aber was bleibt mir schon anderes übrig?

Seufzend verändere ich noch einmal die Reihenfolge der Songs und zähle die Minuten, um Fallin' an die richtige Stelle zu setzen.

Jede Woche verwende ich mehr Zeit darauf, die Playlist für meine Joggingrunde mit Brooke zu erstellen. Mittlerweile habe ich mehr als ein Dutzend verschiedener Versionen auf meinem Account, die ich ihr noch gar nicht vorgespielt habe. Denn ich will, dass die Playlist perfekt ist. Wenn wir gemeinsam loslaufen, legt Brooke immer einen viel zu schnellen Rhythmus an den Tag und rennt, als würde sie vor etwas davonlaufen. Deswegen achte ich mittlerweile darauf, dass ich am Anfang Songs abspiele, die ihr einen guten Laufrhythmus angeben, den sie durchhalten kann.

Zwischen Meile drei und vier hat Brooke immer ihren Tiefpunkt und sie ist kurz davor aufzugeben. Ich versuche, immer genau dort einen ihrer Lieblingssongs abzuspielen, einen, der sie schon bei den ersten Tönen zum Strahlen bringt und bei dem sie sofort vergisst, wie fertig sie eigentlich ist. Für gewöhnlich ist das Fallin' (Adrenalin) von Why don't we.

Am Ende füge ich meist alte Klassiker oder auch den ein oder anderen verrückten Song ein, denn das sorgt dafür, dass Brooke mehr damit beschäftigt ist, ihren Kopf im Takt der Musik mitzuwippen und ihre Lippen stumm zu dem Text zu bewegen. Dabei vergisst sie fast immer, wie viele Meter ihre Beine sie schon getragen haben und kann bei der letzten Meile noch einmal an Geschwindigkeit zulegen.

At First KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt