Kapitel 27 - Brooke

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Mein dummes Herz sollte nicht solche unregelmäßigen Hüpfer vor lauter Vorfreude machen, während ich an der Haustür meines Wohnheims auf Adam warte.

Das hat es vorher schließlich auch nie gemacht und wir treffen uns gleich zum Joggen, so wie immer. Es hat sich nichts geändert.

Aber auch, wenn ich mir das immer und immer wieder versuche einzureden, mein Körper will es einfach nicht verstehen.

Also stehe ich mir die Füße in den Bauch und richte im Halbminuten-Takt erst mein Sportshirt, dann meinen Zopf und ziehe das Hosenbein meiner Laufhose nach unten.

Gerade, als ich glaube, dass ich jeden Moment verrückt werde, kommt Adam um die Ecke und direkt auf mich zu gelaufen. Schon beim Anblick seiner kurzen Locken, die sich im Rhythmus seiner Schritte leicht auf und ab bewegen, muss ich lächeln.

Doch dieses Lächeln verblasst schlagartig, als er mir näherkommt und ich die dunklen Ringe unter seinen Augen sehen kann. Als er schließlich direkt vor mir steht, fällt mir auf, wie blass er heute ist und dass der abwesende Ausdruck in seinen schilfgrünen Augen absolut nicht zu Adam passen will.

„Adam, ist alles in Ordnung?", hauche ich.

Ich habe keine Ahnung, was mit ihm los ist, oder wie ich ihm helfen könnte.

Aber Adam redet nicht mit mir. Für einen Augenblick starrt er mich einfach nur mit dieser Leere in seinen Augen an, die mir unglaubliche Angst bereitet und dann nickt er allen Ernstes.

Ich strecke die Hand aus, um ihn zu berühren, um vielleicht so zu ihm durchdringen zu können, doch Adam fängt meine Hand ab, legt in Windeseile einen kalten kleinen Gegenstand hinein und drückt sich einen seiner In-Ears ins Ohr.

„Komm. Lass uns loslaufen.", knurrt er beinahe schon und setzt sich in Bewegung, ohne auf mich zu warten.

Sein Vorsprung wird noch ein bisschen größer, weil ich ihm für einen Augenblick nur hinterher starren kann.

Was ist mit Adam los?

Irritiert öffne ich meine Hand und erkenne, dass er mir wie jede Woche seinen zweiten In-Ear überlassen hat. Seufzend drücke ich mir den kabellosen Kopfhörer ins Ohr und laufe Adam hinterher. Vielleicht hat er einfach nur einen schlechten Tag und ihm geht es nach unserer Runde besser oder zumindest gut genug, um mit mir zu reden. Zu meinem Glück hat er seine Schritte an den Rhythmus des Songs – Viva La Vida von Coldplay – angepasst, der recht langsam ist, sodass ich es tatsächlich schaffe aufzuschließen.

Normalerweise stellt sich bei mir spätestens nach dem ersten Song ein gutes Gefühl ein, ich überwinde mein Unbehagen, fühle mich einfach nur wohl und genieße, wie Adams und meine Beine sich im gleichen Rhythmus nebeneinanderher bewegen. Doch heute, ist die Sorge um ihn einfach viel zu groß. Ständig schiele ich zu ihm, habe das Gefühl, dass er bei jedem Mal noch blässer um die Nase wird und versuche, aus seiner steinernen Miene schlau zu werden, vergeblich.

Ich glaube, es ist das erste Mal, dass Adam bei unserer Runde kein einziges Mal zu mir blickt. Normalerweise schauen wir uns beinahe bei jedem Songwechsel an, er gespannt auf meine Reaktion, ich überrascht von seiner Songauswahl. Doch heute scheint es, als würde er die Musik gar nicht wahrnehmen und auch in meinem Ohr wird daraus ein Einheitsbrei, den ich kaum mehr beachte.

Adams Sporttracker hat schon längst in meinem Ohr verkündet, dass wir Meile fünf hinter uns gebracht haben, als ich zum ersten Mal wieder auf einen der Liedwechsel achte. Keine Ahnung, zu welchem Song die letzten Töne, die gerade verklungen sind, gehören, doch dem nächsten schenke ich aus keinem bestimmten Grund wieder Beachtung. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn vorher schon einmal gehört habe.

At First KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt