Kapitel 40 - Brooke

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Adam zögert.

Während ich bereits in seinem Wagen sitze, der zwar fast wieder ausgekühlt ist, mir aber trotzdem nach den Stunden, die ich in der kalten Nacht verbracht habe, unglaublich warm vorkommt, steht Adam unter der Straßenlaterne und rührt sich nicht.

Ich kann lediglich sehen, wie sich seine Schulterpartie verkrampft und er seine Hände zu Fäusten ballt. Er leidet und das ist meine Schuld.

Ich liebe dich, Brooke.

Seine Worte hallen in meinem Kopf wider und wider. Sie sind genau das, was ich mir noch vor zwei Monaten so sehr von ihm gewünscht habe. Damals wäre ich ihm um den Hals gefallen und hätte seine Worte glücklich in mich aufgesaugt.

Doch heute verspotten sie mich.

Auch, wenn ich mir schon seit seinem Geburtstag sicher bin, dass ich die gleichen Gefühle für ihn hege, kann ich es nicht an mich heranlassen.

Früher oder später wird er merken, dass ich ihm nicht reiche. Wie könnte es jemals anders sein?

Plötzlich setzt sich Adam in Bewegung. Es wirkt abgehakt, als müsse er sich zu jedem Schritt den er macht zwingen. Als er sich zu mir umwendet und sich unsere Blicke kreuzen, zieht sich mein Magen zusammen. Denn sein Gesicht ist vor Qual verzogen und das ist allein meine Schuld.

Adam hat sich mir geöffnet und ich habe ihn von mir gestoßen, ohne ihm eine Erklärung zu geben. Aber ich mache es noch schlimmer, in dem ich den Blick von ihm abwende und meine Stirn gegen die Autoscheibe lehne.

Ich bin mir sicher, wenn ich Adam noch weiter ansehe, werde ich vor Schmerz zergehen.

Als er die Autotür öffnet, dringt kalte Luft herein, die mich noch mehr frösteln lässt, doch die Kälte, die tief aus meinem Inneren kommt, ist diejenige, die unerträglich ist.

Es vergehen unzählige Minuten, die wir beide einfach nur nebeneinander im Auto sitzen und keiner von uns auch nur ein Wort sagt. Während ich mit aller Gewalt versuche von mir zu schieben, was Adam da gerade alles zu mir gesagt hat, scheint er verarbeiten zu müssen, dass ich ihn stehen gelassen habe.

„Ich bin nicht gut genug für dich. Werde ich niemals sein.", wispere ich schließlich doch in die unerträgliche Stille hinein.

„Bullshit!"

Adams lauter Ausruf und der Schlag auf das Lenkrad sorgen dafür, dass ich heftig zusammenzucke. Aus einem Reflex heraus, reiße ich den Kopf zu ihm herum und dann schaue ich direkt in den Sturm aus Gefühlen in Adams Blick.

„Hör auf, dir selbst einen Wert geben zu wollen. Jeder Mensch hat Fehler, aber jeder einzelne ist unmessbar wertvoll. Vor allem die Frau, für die mein Herz schlägt."

Ich kenne Adam gut genug, um zu wissen, dass er die Wahrheit sagt. Seine Worte dringen tief in mich ein und ich will ihm wirklich glauben. Aber die Stimme meiner Mum, die mir mein Leben lang eingetrichtert hat, dass ich an mir arbeiten muss, dass ich dieses oder jenes tun muss, um der Bezeichnung Harrison Campbells Stieftochter gerecht zu werden.

Langsam schüttle ich den Kopf. Ich weiß nicht, zum wievielten Mal an diesem Abend mein Herz zerbricht.

„Ich kann nicht.", krächze ich.

Es kostet mich den letzten Rest meiner Kraft, den Blick abzuwenden und wieder meine Stirn gegen die Fensterscheibe zu lehnen.

Nie habe ich mich mehr gehasst, als in diesem Augenblick.

Dieses Mal lässt Adam es darauf beruhen. Er startet den Motor, die Scheinwerfer des Autos erleuchten und er rangiert seinen Wagen wieder zurück auf die Straße.

At First KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt