Kapitel 6 - Adam

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Ich glaube, die Mountainbike-Tour mit Keith ist die erste Sporteinheit meines Vorbereitungsplans, die mir endlich mal wieder so richtig Spaß macht.

Nein, das ist so nicht ganz richtig. Die Jogging-Runde mit Brooke vergangenen Donnerstag ist die Erste gewesen. Allein, wenn ich daran zurückdenke, wie Brooke sich durchgekämpft hat, muss ich grinsen. Es hat mich ziemlich fasziniert, dass die gleichen Songs, die auch mich motivieren, bei ihr angeschlagen haben. Und vor allem, die extreme Wirkung, die sie auf die kleine Brünette gehabt haben.

Immer, wenn ein neuer Song gestartet hat, der sie mitgerissen hat, haben sich ihre rehbraunen Augen erfreut geweitet und in einer Intensität gefunkelt, wie ich es noch nie bei ihr gesehen habe. Und dann, keine Sekunde später, ist jedes Mal dieses unglaubliche Lächeln auf ihrem Gesicht erschienen.

„Wird das heute noch was, Champ?"

Ertappt reiße ich den Kopf in die Höhe. Keith hat mit dem Bike schon einige Meter Vorsprung, während ich meinen schnellen Rhythmus völlig verloren habe, weil ich abgelenkt von meinen eigenen Gedanken gewesen bin.

Schnaubend trete ich fester in die Pedale und verdränge für einen Moment alles, bis ich schließlich wieder zu Keith aufgeschlossen habe.

„Wie läuft die Vorbereitung?"

„Hmpf.", brumme ich vor mich hin, während wir beide ein synchrones Tempo einstellen.

Eigentlich bin ich es nicht gewohnt, dass Keith der Gesprächige von uns beiden ist, aber irgendwie ist mir heute einfach nicht nach reden zumute. Vor allem will ich nicht über meinen Trainingsplan sprechen.

„So schlimm?"

„Es ist vor allem viel. Wir ziehen das Training jedes Jahr so an, aber dieses Semester kommen meine ganzen Kurse hinzu. Teilweise überschneidet sich alles und es bleibt nicht einmal mehr wirklich Zeit, euch zu sehen."

Die Motzerei ist auch ziemlich ungewöhnlich für mich, aber gerade muss das einfach alles raus.

„Dad hat wie immer Erwartungen, die ich einfach nicht erfüllen kann. Das Übliche also.", halte ich mich schließlich doch recht knapp.

Mir ist es peinlich zugeben zu müssen, dass ich mit der Situation überfordert bin, dass ich das Gefühl habe, mir läuft die Zeit davon, während die Tage bis zu meinem ersten Match der Saison nur so verfliegen. Mit jedem Tag verliere ich den Glauben daran, dass ich bis dahin in Topform sein werde und das ist fast noch deprimierender.

„Du brauchst Ablenkung, Adam. Ein bisschen Auszeit in deiner Woche, um runterzufahren. Sonst machst du dich kaputt."

Weil ich nicht weiß, was ich darauf erwidere soll, zucke ich nur mit den Schultern, während ich energischer in die Pedale trete. Ein bisschen Freizeit wird eine riesen Diskussion mit meinem Vater zur Folge haben. Die einzige wirkliche Möglichkeit zurzeit meine Freunde zu sehen ist, wenn sie mit mir eine meiner Sporteinheiten machen, wie Keith heute, oder wir gemeinsam lernen, so wie mit Brooke und Drick am Mittwochabend.

Und wieder wandern meine Gedanken zu der unscheinbaren Brooke. Ich frage mich seit Beginn des Semesters, als sie diese Panikattacke vor der juristischen Fakultät gehabt hat, was genau in ihrem Leben passiert ist, dass sie so wenig Selbstvertrauen in sich hat.

Als ich sie so fertig gesehen habe, ist mir fast das Herz stehengeblieben, denn meiner Meinung nach, hat Brooke absolut keinen Grund, sich Sorgen zu machen, sie könne etwas an der Uni nicht packen.

Brooke ist die intelligenteste und fleißigste Person, die ich kenne, noch dazu hat sie das Herz am rechten Fleck und ist unglaublich freundlich. Ich verstehe nicht, warum sie das selbst nicht sehen kann.

At First KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt