Kapitel 38 - Adam

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Mein Aufschlag donnert ungehindert über den Platz und keiner der beiden wagt sich den Schläger auch nur in die Flugbahn des rasenden Balls zu strecken.

Automatisiert ziehe ich den nächsten Tennisball aus meiner Hosentasche und lasse auch diesen über das Netz fliegen. Ivy springt wie schon ein paar Mal davor kreischend zur Seite, sodass der Ball nur haarscharf an ihr vorbeisaust.

„Verdammte Scheiße, jetzt reicht's!", brüllt Keith über den Platz und schmettert seinen Schläger auf den Boden, während er mit bebenden Nasenflügeln auf das Netz zugestapft kommt.

Ich habe mich eigentlich schon bereit gemacht, den nächsten Aufschlag zu spielen, lasse den Ball aber stattdessen einfach immer wieder auf dem Boden aufdopsen, während ich fragend die Braue in die Höhe ziehe und darauf warte, was Keith jetzt schon wieder nicht in den Kram passt.

„Ich habe wirklich vollstes Verständnis für deine Situation, aber wenn du nicht endlich aufhörst, meine Freundin mit deinen Mörderbällen abzuballern, dann kannst du dich auf was gefasst machen!"

Obwohl Keith die halbe Tennisanlage zusammenbrüllt, zucke ich nicht einmal mit der Wimper.

Zwar gilt in Keiths Fall alles andere als Hunde, die bellen beißen nicht, doch die Mauer um mich herum steht fest.

Ich habe sie in den letzten Wochen aufgebaut, um jeglichen Schmerz von mir fernzuhalten. Soll Keith doch herumbrüllen, wie er will, mir ist es egal.

Mir ist alles egal.

Keith macht eine Pause und schaut mich herausfordernd an. Scheinbar erwartet er von mir, dass ich irgendetwas dazu sage, doch ich zucke nur mit den Schultern.

Das bringt meinen besten Freund noch mehr zur Weißglut. Doch er atmet einmal tief durch, bevor er weiterspricht.

„Halte dich einfach ein bisschen zurück.", brummt er und will sich gerade umdrehen, als ich schließlich doch etwas erwidere.

„Sie hätte ja nicht mitkommen brauchen."

In Keiths Augen tobt ein Hurricane aus Zorn.

„Pass auf, was du sagst.", knurrt mein bester Freund.

Ich weiß selbst, dass ich unfair bin und dass ich mit Worten um mich schlage, aber ich kann nicht anders. Die Leere in mir, bringt mich zur Verzweiflung und da ist dieser absurde Wunsch, dass es allen anderen genauso beschissen gehen sollte, wie mir.

Denn so fühle ich mich, seit ich Brooke dermaßen verletzt habe. Absolut beschissen.

Anfangs, da ist es die Verzweiflung und die Trauer gewesen, die mich schier verrückt gemacht haben. Ich habe mich in mein WG-Zimmer verschanzt und bin nicht zum Training gegangen. Nach einer knappen Woche hat mein Dad vor meiner Tür gestanden und mich zur Schnecke gemacht. Seine Worte sind an der Mauer abgeprallt, die ich um mich herum errichtet habe, aber trotzdem bin ich danach mit ihm zusammen auf den Tennisplatz gefahren. Um meine Ruhe zu haben.

Als ich schließlich den Schläger in der Hand gehalten habe, ist diese immense Wut auf mich herabgeprasselt. Denn dieser verfluchte Sport ist schuld daran, dass Brooke und ich keine Zukunft haben werden.

Und dann habe ich das getan, was ich schon immer mache, wenn mich ein Gefühl droht zu überwältigen: ich habe Tennis gespielt.

Der Zorn vergeht nicht, ebenso wenig wie die Leere in mir oder der Schmerz, wenn ich an die zurückhaltende wunderschöne Frau mit den rehbraunen Augen denke, der ich das Herz gebrochen habe. Aber in den Minuten, in denen ich auf dem Platz stehe und einen Ball nach dem anderen über den Platz fegen kann, ist es wenigstens erträglich.

At First KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt