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Mit zitternden Hände stand ich vor dem braunen Pferd, welches ebenso nervös tippelte. Ich schien es anzustecken und sofort rügte ich mich dafür selbst, doch konnte ich einfach nicht aufhören zu zittern. Mein ganzer Körper schlotterte und dennoch probierte ich es zu unterdrücken. Ich durfte einfach keine Schwäche zeigen, denn ich war bereit für diese Aufgabe, diese Bürde. Ich war stark genug und ich konnte es schaffen. Ich würde es schaffen!

Jemand hob mich vorsichtig auf das Tier und reichte mir dann die Zügel, welche ich dankend entgegennahm. Meine Begleiter saßen bereits und wartete darauf, dass wir endlich starten konnten. Ich strich mein langes, braunes Kleid glatt und legte mir eine meiner langen Strähnen hinter die Schulter, welche wieder nach vorne gefallen war. Danach umschloss ich die Zügel fester und wollte eigentlich die Stute antreiben, da ließ mich eine Stimme innehalten.

Abwartend blickte ich über meine Schulter und sah der wunderschönen Elbin entgegen. Elegant kam sie auf mich zugeschritten und lächelte mich sanft an: „Naira!"
Ehrfürchtig senkte ich mein Kinn, doch fehlten mir einfach die Worte, um etwas sagen zu können.
„Wie geht es dir?" Fragte sie leise und tätschelte das Pferd.
Ich dachte kurz nach, bevor ich ebenso leise antwortete: „Ich bin nervös, aber ich bin auch bereit."
Verstehend nickte sie und ließ ihre Hand wieder sinken: „Du tust das Richtige! Für eine bessere Zukunft!"
Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen, welches nicht meine Augen erreichte: „Ja, Galadriel!" Sie lächelte mir ein letztes Mal aufmunternd zu, bevor sie einen Schritt zurücktrat und sich unsere Truppe in Bewegung setzte. Ich blickte nicht mehr zurück. Nicht mehr zu meiner alten Heimat. Ich hatte eine Aufgabe und diese würde ich erfüllen.

Unser Ziel waren die Hallen von Thranduil. Der Elbenkönig konnte Galadriel nicht leiden und genau das war der Grund für unsere Reise. Wir wollten Friedensverhandlungen abhalten, wobei man mich mit einem von ihnen vermählen wollte. Es sollte zeigen, dass wir zusammenleben konnten. Wir konnten den Hass hinter uns lassen und uns bessern. Zumindest glaubten sie das. Ich wäre nur die Elbin, die den Frieden bringen sollte, dabei war ich sehr viel mehr.

Man hatte mich ausgesucht, da ich zwar harmlos aussah und doch alles andere als harmlos war. Ich wusste, wie man Unruhe verbreiten konnte und genauso wusste ich mit Waffen umzugehen. Ich würde also gut auf mich alleine aufpassen können und gleichzeitig das tun, was man von mir verlangte. Sie wollten Informationen. Informationen über den König und seinen Hof. Und ich würde diese Informationen überbringen.

Mein Blick ging geradeaus und betrachtete die Landschaft. Weite Wiesen erstreckten sich über das Land und ich genoss diesen Anblick der Unendlichkeit. Ich ritt mit drei weiteren Elben. Unter ihnen befanden sich zwei Soldaten und meine Kammerzofe, welche mir immer eine gute Freundin und auch Verbündete gewesen war. Ihr Name war Aideen. Wir waren schon lange befreundet und das obwohl wir unterschiedlicher nicht sein konnten. Es fing bereits bei der Bedeutung ihres Namen an. Aideen hieß soviel wie kleines Feuer und Naira hieß Schnee. Ich wusste nicht, warum mich meine Eltern so genannt hatten, da ich mit meinen roten Haaren und warmen braunen Augen viel mehr an Feuer erinnerte, als an Schnee. Allgemein wusste ich nicht sehr viel über meine Eltern, welche wohl kurz nach meiner Geburt gestorben waren. Man brachte mich in ein Lager von Elben, die einen Aufstand gegen die Valar planten und unter ihnen war auch Galadriel. Sie zog mich auf, als wäre ich ihre eigene Tochter und lehrte mich ihr Wissen, sowie das Kämpfen.

Später lernte ich dann ebenso Aideen kennen, welche mir sofort eine gute Freundin gewesen war. Ihre Haut war blass und ihr Haar fast schwarz. Ihre Augen waren wunderschön blau und ich dachte immer, dass sie lieber meinen Namen haben sollte, da dieser viel besser zu ihr gepasst hätte. Sie wusste, dass ich so dachte und jedes Mal ließ es sie in lautes Gelächter verfallen.
Sie schien meinen Blick zu bemerken und grinste mich an: „Naira! Hör auf mich immer so anzugucken!" Sofort verließ mich ein Lachen: „Tut mir leid. Ich bin froh, dass du dabei bist."
Sie schlug kurz ihre Augen nieder: „Es wird sicherlich ein Abenteuer."
Ich verzog den Mund: „Gewiss."

Sorge erfasste meinen Blick und sie schien es zu sehen: „Vielleicht ist er toll."
„Ich wollte nie ohne Liebe heiraten", erklärte ich und Trauer mischte sich mit der Sorge, „Manchmal frage ich mich, ob Galadriel das nicht alles geplant hat."
Aideen zuckte die Schultern: „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Du hättest sie fragen sollen."
„Nun ist es zu spät", seufzte ich und konzentrierte mich wieder auf den Weg vor uns.

„Wir tun das Richtige", erklang es nach einer kurzen Pause von meiner Freundin. Sofort sah ich wieder zu ihr: „Natürlich tun wir das! All der Hass muss verschwinden und wir werden dabei helfen." Nun lag bei uns beiden ein Grinsen auf den Lippen. Aideen nickte mir aufmunternd zu, bevor sie ihr Pferd antrieb und zu den beiden Elben ritt, die etwas weiter vorne waren. Ich sah ihr nachdenklich nach und fragte mich, ob ich wirklich bereit war. Ich würde einen Fremden heiraten und eine Rolle spielen müssen. Es war nicht das anders mal, dass ich so probierte an Informationen zu gelangen und doch das erste Mal, dass es so drastische Auswirkungen haben würde.

Galadriel hatte mir viel über den Elbenkönig im Düsterwald erzählt. Er war arrogant, selbstsüchtig und kein netter Zeitgenosse. Er scherte sich nicht um sein Volk und noch weniger um andere. Er war voller Hass und dachte ebenso nur noch mit diesem. Wir mussten ihn stoppen, bevor es noch mehr Leid geben würde. Deswegen waren wir auf dem Weg dorthin.

Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt