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Naira
Irgendwann ließen mich die beiden dann endlich wieder in Ruhe. Sie hatten sich große Sorgen gemacht und ich bekam viele Rügen, dass ich nicht einfach aus dem Schloss zu gehen hatte. Alle nahm ich nickend an und doch beschäftigten mich so viele Fragen.
Ebenso kam dazu dann auch noch das merkwürdige Verhalten des Königs. Er war immer noch unausstehlich und doch war da etwas anderes. Er ging nicht so grob mit mir um. Oder er hatte mich einfach verschont, weil ich schon genug gelitten hatte. Vielleicht sollte ich noch einmal mit ihm reden, um doch noch die Information zu bekommen, die ich benötigte.
Bei all den Gedanken verdrängte ich den einen Vorfall. Er hatte mich nach oben gehoben. Es war seine Stimme gewesen. Seine Augen.
Wieder kamen diese Gefühle, die ausgelöst worden waren. Auch diese verstand ich nicht. Ich konnte ihn nicht leiden und jetzt gab mir der Anblick seiner Augen das sicherste Gefühl, welches ich je hatte? Was war dort gewesen? Hatte der Sturz auf den Kopf das zu verantworten? Ich hatte mir das vermutlich nur eingebildet. Es war nichts.

Den restlichen Tag blieb ich im Bett und schlief sehr viel. Es war als hätte man mir jegliche Lebensenergie geklaut.
Die Träume blieben aus und ließen mich friedlich schlafen. Am Abend ging ich nicht zum Abendessen. Ich hatte irgendwie keinen Hunger, sondern wollte einfach nur weiterschlafen.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Mir ging es sehr schnell wieder besser und ich verbrachte viel Zeit mit Arés. Er war sehr zuvorkommend und nett. Ich konnte mit ihm lachen und immer wenn ich ihn sah, freute ich mich. Er zeigte mir die Bibliotheken der Hallen und ein paar besondere Bücher, welche ich auf jeden Fall gelesen haben sollte. Ich genoss seine Anwesenheit und irgendwie machte er den Aufenthalt leichter. Eigentlich hatte ich keine Sympathie für jemanden empfinden wollen, immerhin war das hier nicht mein Ziel und doch war es geschehen. Dennoch würde sich nichts ändern und ich würde mein Ziel erreichen.
Bald wäre auch wieder der Treffpunkt und ich musste Informationen aufschreiben. Ich hoffte, dass wir diese irgendwie zum Treffpunkt bekamen, denn es wurde immer schwieriger. Ansonsten müssten wir uns etwas anderes einfallen lassen, doch was? Ich musste nachdenken.

Ich hatte die Tage mit dem König reden wollen, doch schien er entweder nicht reden zu wollen oder gar nicht da zu sein. Er trainierte auch nicht mit mir, was wohl auch daran lag, dass ich mich noch erholen musste. Dennoch störte es mich. Sonst war ich froh, wenn ich ihm aus dem Weg gehen konnte, doch jetzt störte es mich. Alles in mir schrie danach, dass ich mit ihm reden sollte und doch konnte ich es einfach nicht. Stattdessen suchte ich dann Arès Aufmerksamkeit und lenkte mich damit ab. Es half auch und doch fehlte dort etwas. Dazu kam die stagnierte Lage, welche sich nicht fortzubewegen schien. Ich konnte nicht viel über das Reich herausfinden. Sie waren verschwiegen und niemand schien über das schlechte zu reden. Ich wollte diese Aufgabe wirklich bewältigen und doch... ich unterbrach den Gedanken. Ich hatte genug von ihnen. Ich wollte nicht mehr grübeln.

Ruckartig erhob ich mich von meinem Stuhl und ging zum Schrank. Dort nahm ich mir die passende Kleidung heraus, bevor ich den einzigen Ort aufsuchte, welcher mir helfen würde, meinen Gedanken zu entkommen. Ich hasste meinen Kopf manchmal. Irgendwann würde mich dieser noch umbringen. Bereits jetzt ließ er mich verrückt werden und ich würde ihn gerne einfach abschalten können. Wenigstens half es mir, wenn ich mich körperlich betätigte. Dann war da nämlich keine Energie mehr, mit welcher ich grübeln könnte. Dann dominierte nur noch mein schwerer Atem in meinem Kopf.

Aus diesem Grund zögerte ich auch nicht und begann sofort mit dem Training, als ich die Runde Plattform erreicht hatte. Natürlich trainierte ich nur so, wie der König es mir bis jetzt beigebracht hatte und doch merkte ich schnell, dass es mir nicht ausreichte. Somit entschied ich mich dazu mehr für meine Kondition zu tun. Aus diesem Grund lief ich einfach los. Vermutlich war es komisch, dass ich durch die Hallen lief und doch hatte ich keine andere Möglichkeit. Dabei war mir meine körperliche Verfassung egal. Ich wollte einfach meinen Kopf entkommen. Somit lief ich und ignorierte all die schrägen Blicke die ich bekam. Schnell befand ich mich in Teilen der Halle, in welchen ich noch nie gewesen war, doch schenkte ich diesen ausnahmsweise mal keine Beachtung. Ich ließ einfach alles an mir vorbeiziehen und lauschte nur meinem schweren Atem. Meine Muskeln schmerzten und doch trieb es mich nur weiter an. Immer wieder probierten sich die Gedanken zurück zu drücken und doch verdrängte ich sie sofort wieder.

War ich wirklich die richtige für diese Aufgabe? Ich erreichte nichts und fand nichts Neues. 
Hatte sich etwas geändert? Ich sah diese Hallen und ihre Elben mit anderen Augen.
War ich zu schwach? Ich konnte mich ja nicht einmal selbst verteidigen.

Schritt. Atmen. Schritt. Atmen.
Ich konzentrierte mich auf diese beiden Dinge und genoss das Rauschen, welches mir in die Ohren trat. Es verdrängte die Stimme in meinem Kopf. Diese wollte mich schreien lassen. Ich wollte all diesen Frust hinaus schreien. Ich wollte zurück in mein altes Leben. Ich wollte hier raus. Ich wollte nicht mehr in diesen Hallen gefangen sein. Ich wollte die Sonne sehen. Ich wollte den Wind spüren. Ich wollte Blumen sehen und einfach ganz Mittelerde.

Atmen. Schritt. Atmen. Schritt.
Mein Blick ging zu einer gläsernen Tür, welche ich schwungvoll öffnete. Mit einem Mal befand ich mich wieder auf einer Terrasse und die kühle Luft strich mir über meine erhitzte Haut. Ich stoppte und plötzlich verließ mich all meine Kraft. Meine Beine knickten weg und ich fiel schwach auf die Knie. Es war nicht wie beim letzten Mal. Es war der Anstrengung und meiner Verfassung geschuldet.
Ein stummer Schrei verließ meinen Mund und plötzlich waren dort die Tränen. Ich wollte stark sein. Nein, ich musste, sollte stark sein. Mein ganzes Leben lang hatte ich gelernt, dass ich keine Schwäche zeigen durfte. Ich hatte immer eine Maske getragen und war eine kleine Elbin in einem großen Ganzen gewesen. Ich hatte das getan, was man von mir verlangte und nun war ich hier. Ich verabscheute den König. Ich verabscheute diesen Ort. Ich wollte zurück in die schönen Wälder und dort leben. Man hatte mich hierhergebracht mit den Worten, dass es für unser Volk war. Dabei war es nur Rache. Galadriel wollte sich rächen. Es war ein einfaches Machtspiel und ich befand mich mittendrin. Ich wollte das alles nicht mehr. Ich wollte doch einfach nur ein einfaches Leben und glücklich sein. Ich wollte meinen Seelenverwandten finden und lieben. Ehrlich lieben. 

Nein.

Ich musste mich beruhigen. Das war es, was sie wollten... was der König wollte. Ich sollte den Verstand verlieren, doch würden sie das nicht schaffen. Diese Aufgabe war anders als die, die ich zuvor bewältigt hatte. Ich würde mich nicht in dieser verlieren und danach genauso weitermachen wie zuvor.
Mit einem Mal verschwanden die Tränen und mein Gesicht entspannte sich wieder. Mein Körper hörte auf zu zittern und ich blickte nach vorne zu dem Geländer. Es würde alles gut werden. Ich tat das richtige. Ich würde es schaffen und nichts würde mich aufhalten. Alles war gut.

Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt