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Naira
Ich spürte etwas in mir stechen, was mich zusammenzucken ließ. Dieses Gefühl begleitete mich mindestens einmal am Tag und war dort seit meiner Abreise. Ich wusste nicht, was es zu bedeuten hatte und doch schien es nichts Gefährliches zu sein, weswegen ich es ignorierte.
Es waren mittlerweile mehrere Tage vergangen und ich schlug mich recht gut. Ich hatte vor ein paar Tagen eine Begegnung mit einer Gruppe von Orks gehabt, doch hatten sie mich nicht entdeckt, weswegen ich so lange in meinem Versteck verweilt war. Leider musste ich zugeben, dass ich ein wenig umherirrte und mich nicht richtig orientieren konnte. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, als würde ich im Kreis laufen.

„Mist", fluchte ich leise, „Ich hab mich wieder verlaufen!"
Ich blickte mich um und doch konnte ich keinen Punkt sehen, der mir helfen würde.
„Komm zurück." Ich zuckte zusammen und zog meine Dolche. Schnell drehte ich mich um meine eigene Achse, doch war dort niemand, der diese Worte gesagt haben könnte. Dennoch kam mir die Stimme bekannt vor und ich erinnerte mich wieder an den Vorfall in den Hallen. Langsam ließ ich meine Dolche sinken und sagt in meinem Kopf: „Wie ist das möglich?"
„Komm zurück und du wirst all die Antworten auf deine Fragen bekommen."
Ich lachte auf: „Das ist sicherlich nur ein Trick."
„Nein", erklang es nur wieder in meinem Kopf. Wurde ich nun langsam endgültig verrückt? Das konnte gar nicht sein. Warum tat mein Kopf mir das an und ließ mich seine Stimme hören? Wollte er mich so sehr quälen?
Ich ging einfach weiter und ignorierte das, was auch immer es war. Ich musste mich jetzt konzentrieren.

Ich fand einen Pfad, welcher an einem reißenden Fluss entlang ging. Ich hoffte einfach, dass er mich irgendwo hin führen würde. Am liebsten war mir nun die Seestadt, doch wusste ich nicht, in welche Richtung ich dafür gehen musste. Vielleicht hätte ich vorher noch auf eine Karte gucken sollen. Dennoch ging ich einfach weiter und hoffte, dass es mich zum richtigen Ort bringen würde.

Am Abend suchte ich mir ein Versteck auf einem Baum. Von dort aus konnte ich wieder zur Ruhe kommen. Ich blickte hinauf in den Sternenhimmel und staunte über diese unendlichen Weiten. Ich fragte mich, wie es doch wäre fliegen zu können? Es musste ein unfassbares Gefühl sein, die Welt von oben sehen zu können.Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf den Wind, welcher mir über die Haut wehte. Dabei nahm ich meine Arme von meinem Körper und weitete diese aus. Wie schön es doch wäre, jetzt einfach allem entkommen zu können.
Ich stellte mir vor, wie ich diesen Baum von oben betrachtete und meine Kreise zog. Ich sah den Fluss und den Pfad, auf welchen ich gewandelt war.
Irgendwann merkte ich dann, wie mein Verstand mit davon flog und ich in die Welt der Träume abtauchte.

Ein Knacken ließ mich aufschrecken. Sofort hatte ich meine Dolche gezogen und war leichtfüßig aufgesprungen.
„Und du möchtest keine Ahnung von Kampf und Verteidigung haben?" Ungläubig blickte ich zu Boden. Das musste ein Traum sein. Er konnte nicht hier sein. Wachsam betrachtete ich ihn, bevor ich blitzschnell einen Dolch in seine Richtung warf. Tatsächlich fing er diesen perfekt auf und schnalzte: „Böse!"
„Das ist nicht möglich", hauchte ich ungläubig. Thranduil stand unten am Fuße des Baumes und blickte zu mir hoch. Er sah so gar nicht königlich aus mit seiner braunen Kleidung und dem braunen Umhang, den er trug. Er hatte ein großes Schwert an seiner Hüfte und braune Lederhandschuhe an. Auf dem Rücken trug er einen Kescher, in welchen sich Pfeile befanden und auf seiner einen Schulter hielt er einen Bogen.

Ohne ein weiteres Wort, packte ich meinen Rucksack, bevor ich elegant den Baum nach unten rutschte und zu laufen begann. Ich rannte vor ihm weg, doch ließ mich seine Stimme erneut stoppen: „In ein paar Stunden habe ich dich eh wieder gefunden!"
Ich drehte mich wieder zu ihm: „Wie kann es überhaupt sein, dass du hier bist? Und wo sind deine ganzen Hunde, die dir sonst immer auf Schritt und Tritt folgen?"
Er kam langsam auf mich zu und doch wich ich zurück, was ihn wieder zum Stoppen brachte: „Ich möchte dir diese Antworten geben, aber du darfst nicht weglaufen."
„Und die Antwort auf meine zweite Frage?" Ich blickte ihn abwartend an und verschränkte meine Arme vor dem Körper.
Er ließ seine weißen Zähne aufblitzen und lächelte: „Sie warten etwas weiter von uns entfernt. Es wäre verrückt alleine hinauszugehen."
„Feige", zischte ich.
Er schüttelte lächelnd den Kopf: „Ich kann hier draußen nicht frei reden. Wenn du Antworten möchtest, musst du mir vertrauen und folgen." Ruckartig schüttelte ich meinen Kopf: „Niemals!"
Er verkrampfte sich leicht und sagte dann: „Arés trauert dir nach."
Ich schnaubte: „Du weißt vermutlich, was ich darüber denke."
Er legte den Kopf schief: „Du liebst ihn. Mich verabscheust du dagegen" Er blickte mir tief in die Augen und ich musste schwer schlucken. Ich konnte nicht anders, als bei diesem Anblick die Wahrheit zu sagen: „Nein."
Plötzlich trat ein kleines Glitzern in seine Augen: „Ich hab dir etwas zu beichten, Naira. Wenn du mir schon nicht folgen willst, dann lass mich dir wenigstens diese eine Sache sagen. Danach kannst du gehen." Er wirkte flehend und mein Herz schmerzte bei diesem Anblick. Warum fühlte ich so, obwohl ich ihn gar nicht leiden konnte?
„Na gut."
Er kam dichter zu mir: „Dafür musst du mich zu dir lassen. Wer weiß, wer das sonst alles hören wird."
Ich schluckte: „Ich vertraue dir jetzt. Missbrauche dieses Vertrauen nicht!" Er blickte mich dankbar an und ich blieb still stehen. Kurz vor mir stoppte er dann und blickte mir tief in die Augen: „Du fühlst diese Verbundenheit zu mir. Du fühlst das Kribbeln, wenn ich dich berühre. Du hörst meine Stimme in deinem Kopf, obwohl ich gar nicht bei dir bin und doch spreche ich zu dir.
Wir hatten dich damals retten können, weil ich dich ebenso in meinem Kopf hatte schreien hören. Es herrscht eine Verbindung zwischen uns, welche dir bei dem Vorfall mit den Orks die Energie geraubt hatte. Dein Körper kann damit noch nicht umgehen." Er stoppte kurz und sah mich vorsichtig an.
„Was heißt das?" Fragte ich heiser. Er senkte plötzlich seinen Mund zu meinem Ohr: „Ich bin dein Seelengefährte, liebste Naira."

Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt