Ich konnte es mit einem Mal nicht mehr leugnen. Ich hatte Gefühle. Gefühle für den König. Für Thranduil. Dabei sollte ich ihn hassen. Er fügte mir so viel Leid zu, doch anstatt ihn dafür zu bestrafen, schenkte ich ihm mein Herz. In all den kleinen Momente, in denen er seine Maske abgesetzt hatte, hatte ich ihn lieben gelernt. Er hatte eine so spannende Persönlichkeit und ich wollte noch so viel mehr von ihm kennenlernen. Ich wollte noch so viel mehr Zeit mit ihm verbringen und dieses Kribbeln spüren, welches er mir bescherte. Ich wollte diese Gefühle genießen, die er mich fühlen ließ und doch war es einzig und allein ein Traum. In keiner einzigen Welt, könnte das Realität werden. Stattdessen war ich einzig und allein eine schwache Person, die er jederzeit brechen könnte. Diese Gefühle machten mich verletzbar und bei jedem anderen Elben hätte ich es gewagt. Ich hätte mich fallen gelassen und wäre diese Schwäche eingegangen. In dem Wissen, dass es endlich war. Doch bei ihm war es nicht so. Diese Gefühle waren etwas Tieferes und sie waren nicht endlich. Er würde mir nicht nur mein Herz, sondern auch meine Seele rauben.
Ich atmete tief durch, um die Tränen zu unterdrücken, bevor ich mich wieder ruckartig von Arès löste. Mein Körper schmerzte, aufgrund des Bebens, welches ich so sehr unterdrückte. Dennoch hoffte ich, dass meine Stimme mir gehorchen würde. Ich wollte einfach nur noch weg. Ich konnte mir nicht ansehen, wie er der Elbin so nah war und mir doch so fern. Er war für mich unerreichbar und ich spürte einfach, wie mich meine Kräfte verließen.
Ich liebte Arès nicht. Ebenso war ich nicht mehr gezwungen ihn zu heiraten. Warum quälte ich mich überhaupt selbst so? Ich war zu nichts mehr verpflichtet. Thranduil könnte mich nicht bei sich behalten, nur weil er selbst Angst um den Teil seiner Seele hatte, welcher mit meiner verbunden war. Das war nicht Grund genug, um mich so sehr zu quälen. Ich könnte ihn nicht immer sehen, mit dem Wissen, dass er mein Seelenverwandter war. Ich konnte das Leben nicht leben, welches sie wohl für mich vorgesehen hatten.
"Du siehst ja zum Anbeißen aus."
Eine bekannte Stimme holte mich aus meinen trüben Gedanken und ließ mich verdattert zur Seite blicken. Neben mir stand Daniél, welcher mich nun keck angrinste und dem bösen Blick von Arès mit Ignoranz begegnete. Daniél legte vorsichtig seine Hand um meinen Arm und drehte uns zusammen von Arès weg, bevor er flüsterte: "Du siehst so hinreißend aus und doch umspielt dich eine ganz andere Stimmung. Deine schauspielerischen Künste sind zwar ganz gut, doch bekommst du mich nicht getäuscht." Ich schenkte ihm ein trauriges Lächeln, da mir die Kraft für alles andere fehlte. Die Luft strömte viel spürbarer in meine Lungen und doch fühlte ich mich, als würde ich gleich ersticken. Das Gewicht auf meiner Brust erschwerte mir das Atmen und ich fragte mich, wie viele Wiederholungen ich noch schaffen würde, bevor mir endgültig die Kraft ausging. Vielleicht konnte ich nicht von Liebe sprechen. Noch nicht. Doch ich wusste, dass es sich dahin entwickeln wird, wenn ich weiterhin Zeit mit ihm verbringen würde. Warum konnte ich nicht einfach nur seine hässliche Seite sehen? Ich meine, er zeigte mir kaum etwas anderes. Die Seelenverwandtschaft vernebelte meine Sinne. Sicherlich tat sie das. Doch ich wusste, dass es das nicht alleine war. Ich konnte es mir nicht mehr einreden. Die Gewissheit sickerte langsam durch jede Zelle meines Körpers.„Möchtest du weiter Trübsal blasen oder ein wenig Spaß haben?" Flüsterte Daniél und stupste mich leicht an, was mich lachen ließ. Er hatte recht. Ich befand mich in einer verdammt verzwickten Lage, doch könnte ich sie so nicht ändern. Ebenso wenig wollte ich erneut davon laufen. Es gab andere Wege.
Plötzlich verloren meine Füße den Halt zum Boden und ich schrie erschrocken auf. Daniél hatte mich kurzerhand nach oben gehoben und war nun zusammen mit mir auf dem Weg zu einem der Becken. Als ich realisierte, was er vorhatte, begann ich zu strampeln und schlug immer wieder leicht auf ihn ein. Natürlich ließ er mich nicht los. In kürzester Zeit hatte Daniél diese Feier zu einem Badespaß verändert. Als er sich dann plötzlich abdrückte und mit mir zusammen ins Wasser sprang, schrie ich auf und hielt die Luft an. Nach Luft schnappend tauchte ich wieder auf, wobei ich Daniél einen bösen Blick zuwarf. Diesen bekam er allerdings nicht nur von mir geschenkt, sondern auch von allen anderen, die ebenso nass gespritzt worden waren.Ich musste plötzlich so unfassbar stark lachen, sodass ich mich kaum wieder einbekam. Daniél schien es genauso zu gehen, da er sich nach Luft schnappend an mir festkrallte. Die Gesichter der anderen waren so unfassbar göttlich, dass meine Augen vor lachen tränten. Sobald ich meine Augen öffnete, um mich wieder zu beruhigen, sah ich Daniél und fing direkt wieder an. Irgendwann ließ ich mich nur noch ins Wasser gleiten, um ein wenig den Blicken zu entkommen. Daniél hatte diese seriöse und laszive Stimmung zerstört. Allein der Gedanke daran brachte mich so sehr zum Lachen.
Mit der wenigen Luft, die mir blieb, tauchte ich unter Wasser, um dem Lachkrampf zu entkommen. Plötzlich war die Welt so ruhig und die Geräusche so dumpf. Ich konnte nur verschwommen das Bild vor mir wahrnehmen und genoss plötzlich diese Schwerelosigkeit. Am liebsten wäre ich nie wieder aufgetaucht, da griffen zwei Hände nach mir, die mich wieder nach oben zogen. Es war Daniél, welcher mich nach wie vor grinsend ansah und sagte: "Bitte ertränk dich nicht." Empört spritzte ich ihm Wasser entgegen, was er erwidern wollte, da ließ uns ein scharfes Räuspern stoppen.
"Was gedenkt ihr, hier zu tun?" Arès stand mit verschränkten Armen am Rand und betrachtete uns. Daniél sah kurz zu ihm, bevor er wieder zu mir blickte: "Hast du gehört? Er möchte, dass wir jetzt miteinander rummachen!" Ich schlug ihm lachend gegen die Brust und schob ihn wieder nach hinten. Seit wann war er mir gegenüber so unbeschwert? Er hatte es wirklich geschafft mich von meinen Gefühlen abzulenken. Zwar blieb da dieses dumpfe Gefühl und doch verschwand der Schmerz für einen Moment. Zwar hielt es nicht lange an und doch lange genug, um mich daran zu erinnern, dass es auch ein Leben ohne diesen Schmerz geben konnte und wie wunderbar dieses wäre.
"Wir sollten jetzt getrennte Wege gehen", murmelte Daniél. Ich sah ihn schmollend an, was ihn lachen ließ: "Ich möchte jetzt aber nur noch Freude und Spaß an dir sehen." Er sprach die Worte so leise, sodass nur ich sie hören konnte. Ich nickte vorsichtig, bevor ich mir die nassen Haare nach hinten strich und wieder zu Arès sah, welcher immer noch am Rand stand. Ich warf ihm ein leichtes Lächeln zu, was er nur mit einem Augenrollen quittierte. Abwertend zog ich meine Augenbrauen zusammen, bevor ich leise seufzte und wieder nach vorne sah. Sofort bereute ich es, denn dort stand der König und neben ihm diese wunderschöne Elbin. Der Anblick ließ mich schwer schlucken und doch probierte ich mir nichts anmerken zu lassen. Die Sache zwischen den beiden lag nicht in meiner Hand. Ich hatte keine Kontrolle über sie. Ich hatte nur die Kontrolle über mich und über mein eigenes Verhalten.
Ich warf den beiden ein kleines Lächeln zu, bevor ich mich an ihnen vorbei drückte. Dabei stieg mir sein Duft in die Nase und es war wie ein Schlag in die Magengrube. Mein Verlangen war so unendlich groß und ich spürte, wie meine Beherrschung schwinden wollte. Tatsächlich stoppte ich ruckartig neben ihnen. Mein Körper hatte von ganz alleine gehandelt und ich wusste nicht, was ich nun tun sollte. Aus diesem Grund, wollte ich schnell weitergehen, da stoppte mich eine Hand, welche mich unter Wasser am Handgelenk gepackt hatte. Sofort war da wieder dieses Kribbeln, welches sich wie ein Feuer über meinen Körper verbreitete. Dann zog allerdings etwas an meinem Arm und ich blickte nach unten. Ich konnte sehen, dass die Hand der Elbin an seinem lag und seine Hand von mir lösen wollte. Schließlich ließ er es auch geschehen und erneut wollte mich ein Schlag zu Boden bringen.
Ich löste meinen Blick von den beiden und schwamm weiter zur Treppe, um das Wasser zu verlassen. Alle anderen Elben vergnügten sich schon längst wieder und ich war ihnen dankbar, dass sie sich nicht um mich zu scheren schienen. Ebenso segnete ich das Wasser für die stützende Hilfe und doch dominierte das Verlangen in mir, mich einfach fallen zu lassen, um von dem weichen, kühlen Nass umhüllt zu werden. Ich wollte wieder in diese dumpfe Welt, welche all das Schlechte von mir abschotten würde.
Gerade erreichte ich die Treppe, da erweckte jemand meine Aufmerksamkeit. Es war der Prinz, welcher atemlos in die Grotte gelaufen kam. Seine Augen flogen suchend umher und schließlich stoppten sie beim König. Er kam dichter auf uns zu, als er mich mit einem Mal bemerkte und ruckartig stoppte. Seine Augen weiteten sich und er sagte atemlos: "Aideen. Es geht um Aiden."
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Licht und Schatten
RomanceNaira wird in den Düsterwald geschickt, um eine Aufgabe zu erfüllen. Dabei trifft sie auf den arroganten, ambivalenten, blasierten Elbenkönig, der ihr sofort misstrauisch gegenüber tritt. Sie muss allerdings sein Vertrauen gewinnen, um das vollenden...