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Am Ende des Tages erreichte ich das Ende des Waldes. Ich wartete dort noch ein wenig, bis endlich die Nacht eingebrochen war. Mit dieser konnte ich mich ungesehener auf der Ebene bewegen und das tat ich dann auch. Leise und schnell bewegte ich mich fort, bis ich wieder Schutz zwischen vielen Felsen fand. Dort ließ ich mich dann nieder und holte den Proviant heraus, welchen ich mitgenommen hatte. Ebenso schloss ich meine Augen, damit ich neue Energie tanken konnte.

Thranduil
Aufgewühlt blickte ich in die Runde. Legolas, Daniél und Arés befanden sich bei mir. Letzterer wollte eigentlich nur seiner Wut Luft machen und trug gar nichts dazu bei.

Sie war nicht entführt worden. Natürlich nicht. Ich hatte es sofort gewusst. Was sie allerdings Legolas gesagt hatte, war lächerlich. Dieser schien dennoch nicht ganz von meiner Unschuld überzeugt, was mich noch mehr ärgerte. Sie war solch ein Biest. Dennoch war es ein wenig meine Schuld, dass sie gegangen war. Ich hätte ihr nur die Wahrheit sagen müssen, doch stattdessen hatte ich sie von mir gestoßen.
„Sie hat mich wirklich geliebt!" Kam es laut von Arés, welcher wütend seine Arme in die Luft warf. Ich schnaubte genervt, doch reagierte ich nicht darauf.
Stattdessen sah ich zu Daniél und Legolas: „Ihr habt sie einfach entkommen lassen?" Tatsächlich verkrampfte sich Legolas, welcher um Fassung rang: „Sie wollte nicht zurück. Wir haben es probiert, aber es muss etwas schlimmes vorgefallen sein."
Ich erhob mich ruckartig: „Unsinn! Alles dümmliches Gerede!"
Nun erhob sich auch mein Sohn: „Dann sag mir doch, warum wir keine Soldaten zu den Dörfern schicken?"
Wütend funkelte ich ihn an: „Das ist ganz allein meine Sache. Du hast dich dort herauszuhalten. Geh den Aufgaben nach, die dir zugeteilt wurden."
Nun zischte er: „Und du solltest über deinen eigenen Schatten springen, um nicht ein genauso verbitterter und einsamer König zu werden, wie Großvater es gewesen war!" Meine eben noch glühende Wut, wurde mit einem Mal ganz kalt und gefährlich.
„Raus", zischte ich nur. Legolas öffnete erneut seinen Mund, doch brüllte ich nur: „EGO!"
Arés und Daniél zuckten heftig zusammen und zogen sogar ein wenig den Kopf ein. Ich drehte mich nun zu Daniél und zischte: „Finde sie!" Daniél erhob sich dann und ging ebenfalls, sodass nur noch Arés im Raum war.
Zu diesem blickte ich nun: „Ihr müsst euch wohl noch ein wenig gedulden." Ich drehte mich von ihm weg und trat zur Tür.
„Das werde ich. Sie wird sicherlich zu mir zurückkommen. Immerhin liebt sie mich", erklärte Arés, was mich stoppen ließ.
„Es klingt fast so, als würden tiefe Wunden aus dir sprechen", erwiderte ich und sah wieder zu ihm. Er verzog mit einem Mal das Gesicht und erhob sich: „Ich habe sie für mich gewonnen. Dieses Mal wirst du mir nicht in die Quere kommen."
„Darum ging es dir? Du wolltest mir etwas beweisen? Írui", erwiderte ich nur grinsend und blickte ihn mit gesenktem Kinn an. Sofort konnte ich sehen, wie es erneut seinen Stolz kränkte.
„Du bist immer noch nicht über Ithilwen hinweg", meinte ich kühl, was ihn noch mehr aufglühen ließ.
„Sie war meine Seelengefährtin! Du hast sie sterben lassen!" Nun packte mich auch wieder die unkontrollierbare Wut und ich stürmte zu ihm: „Sie war meine Gattin. Ich habe sie geliebt und sie mich! Ich konnte sie nicht beschützen und bis heute verspüre ich deswegen den Schmerz!"
„Du hast sie mir genommen!"
Ich schnaubte: „Ich tat nur das, was man von mir verlangt hatte! Ich sollte heiraten. Einen Thronfolger bekommen!"
Arés trat von mir weg. Ich drehte mich ihm nach und sagte noch: „Seelenverwandschaft bedeutet nicht immer gleich, dass man sich auch liebt!"
Er stoppte und funkelte mich selbstsicher an: „Ich hab gesehen, wie du sie anschaust. Du glaubst, dass sie deine Gefährtin ist, aber sie weiß von nichts. Stattdessen liebt sie mich!"
Ich blickte ihn kühl an: „Dann lass es sie besser auch nicht wissen. Nicht, dass sie sich doch noch anders entscheiden sollte. Voraussetzung ist natürlich, dass sie dich so sehr liebt und auch zurückkommt." Er knurrte, bevor er sich umdrehte und davon ging. Arés war falsch und ein guter Schauspieler. Sein gekränkter Stolz begleitete ihn immer noch und mein zerbrochenes Inneres schreckte nach wie vor alles und jeden ab. Jeder trug seine eigenen Bürden mit sich. Ich hatte mit meiner dafür gesorgt, dass sie geflohen war. Ich hatte mich ihr nicht offenbaren können.
Ich hatte mich nicht so verletzlich machen wollen, denn sie hasste mich. Wie würde sie also reagieren, wenn sie davon wissen würde? Tatsächlich traute ich mich nicht. Dazu kam, dass sie mich wohl kaum kannte. Sie wäre noch abgeschreckter als eh schon. Dennoch musste ich zugeben, dass ich sie mochte. Ich hatte es ihr manchmal probiert zu zeigen, doch war ich oft gescheitert. Sie war so anders als die Elben, die ich kannte. Sie sagte das, was sie dachte und auch wenn es mir oft den letzten Nerv geraubt hatte, vermisste ich es nun.
Nun war sie geflohen und ich machte mir tatsächlich Sorgen. Ebenso fragte ich mich, warum sie meinen Sohn so gegen mich aufhetzte. Hasste sie mich wirklich so sehr, dass sie mich schwächen wollte?

Ich griff gedanklich nach dem Band, welches mich mit ihr verband. Es war still auf der anderen Seite, was ein gutes Zeichen war. Bis jetzt schien es ihr gut zu gehen. Dennoch fragte ich mich, wie lange sie dort draußen überleben wollte? Sie besaß keine Kenntnisse und nur zwei kleine Dolche, mit welchen sie wohl kaum umgehen konnte. Etwas zog mich ebenso hinaus in die Welt und ich fragte mich, ob es unsere Verbindung war, welche uns wieder zusammenbringen wollte. Sie wusste nicht einmal etwas davon, dabei hatte ich bereits die Chance gehabt ihr alles zu sagen. Sie hatte mir gezeigt, dass sie all das spüren konnte, doch ohne Erklärung. Allerdings hatte ich gezögert und sie nur weggestoßen, um mich selbst zu schützen. Schon seit Jahrhunderten trug ich diese Maske und stieß alle von mir, die mir etwas bedeuteten, nur um nicht verletzt zu werden.

Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt