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Erschrocken taumelte ich zurück und blinzelte mehrmals.
"Das sind schwerwiegende Worte, die du dort aussprichst", hauchte ich. Er hob beruhigend seine Hände: "Ich weiß und ich lüge nicht. Ich kenne deine Gefühle mir gegenüber. Seelenverwandtschaft bedeutet nicht gleich Liebe. Ich lasse dich gehen, wenn es das ist, was du möchtest."
Schnell schüttelte ich meinen Kopf: „Seit wann weißt du es?" Er blickte unentschlossen zu mir: „Damals im Garten. Da habe ich dir aufgeholfen und dieser Blitz hatte uns erfasst." Ich schnappte nach Luft. Er wusste es schon so lange und nie hatte er etwas gesagt. Stattdessen hatte er mich so schlecht behandelt und von sich gestoßen.
„Warum hast du all das getan?" Fragte ich atemlos und sprach damit sein Verhalten an, was mir so viele Fragen beschert hatte.
Er richtete sich wieder auf und sah mich nichtssagend an: „Das ist kein Ort, um solche Dinge zu besprechen."
Ich lachte atemlos auf: „Hast du mich nicht schon genug belogen? Dann locke mich jetzt nicht wieder in deine Hallen, wo du mich festhalten und einsperren wirst."
„Komm einfach mit zurück. Dort bist du sicher und irrst nicht umher. Arés wartet auf dich und ist bereit dich zu heiraten.
Ich kann darüber hinwegsehen, dass du mich ebenso angelogen hast und nicht die bist, die du vorgibst zu sein. Ebenso weiß ich nicht, was dein Plan ist und warum du den Ork getötet hast, doch finde ich, dass es Zeit für Frieden ist."
Ich erstarrte und blickte ihn mit großen Augen an: „Das stimmt nicht!"
Er schnaubte: „Du kannst mich nicht belügen, Naira. Der Wurf mit dem Dolch eben war perfekt. Du hast den Ork getötet. Du kannst eigentlich kämpfen."
Ich biss mir auf die Lippe und schüttelte stumm meinen Kopf. Der König streckte seinen Arm aus und hielt mir seine Hand hin: „Keine Machtspiele mehr. Keine Lügen. Ich möchte dich nur in Sicherheit wissen."
„Wer sagt, dass man mir vertrauen kann?" Fragte ich schnippisch.
Nun begann er zu grinsen: „Ich kann dir nicht vertrauen, aber ich möchte dir die Chance geben, ein besseres Leben zu führen. Ich weiß nicht, wo du herkommst und was du mitgemacht hast, aber dir soll es besser gehen."
„Warum bist du plötzlich so? Du wirst dich nicht über Nacht verändert haben", fragte ich misstrauisch.
„Du bist nicht irgendwer für mich", sagte er mit zusammen gebissenen Zähnen, „Sollte dir etwas passieren, wird eine Hälfte meiner Seele ebenso aufhören zu leben. Ich mach das alles nicht nur für dich, sondern auch für mich!"
Mein Trotz und Stolz wollten mich ablehnen lassen und doch schrie alles in mir, dass ich dem zustimmen musste.
Dennoch schüttelte ich den Kopf: „Ich kann dort nicht leben. Ich fühle mich dort nicht wohl. Du lässt mich dort nicht wohlfühlen!"
Thranduil wollte gerade etwas darauf antworten, da unterbrach ihn jemand: „In der Nähe wurde eine Gruppe Orks entdeckt. Wir müssen gehen!" Wir hatten ihn wohl beide nicht bemerkt, was gefährlich war und doch ließ er es sich nicht anmerken. Der König hob kurz die Hand und brachte den Elb somit zum Schweigen. Nun sah er mich bittend an und kam einen Schritt auf mich zu, wobei er immer noch seinen Arm ausgestreckt hatte: „Komm mit zurück." Er ging gerade ein hohes Risiko ein, immerhin befand sich einer seiner Soldaten hinter ihm und ich könnte nun ganz leicht seinen Stolz kränken, doch tat ich es nicht. Stattdessen schüttelte ich nur meinen Kopf, bevor ich mich umdrehte und davon lief. Ich musste standhaft bleiben und durfte ihm nicht folgen. Dennoch kamen mir plötzlich Tränen in die Augen und ließen meine Sicht verschwimmen. Plötzlich war es einfach alles zu viel. Mein Herz schmerzte und in meinem Kopf trug sich ein unfassbarer Kampf aus. Ich sollte seine Seelengefährtin sein? Die des Königs, welcher keinerlei Liebe verspüren konnte? Es war nicht irgendwas, was er mir dort gesagt hatte. Es war etwas sehr Bedeutendes und Wichtiges. Seelenverwandtschaft bedeutete nicht gleich Liebe. Ich erinnerte mich an seine Worte und es schmerzte noch mehr. Was passierte, wenn ich mich unsterblich verlieben würde? Ich könnte vermutlich nie wieder glücklich werden, weil sich mein Herz immer nach dieser Liebe sehnen würde, die nicht erfüllt werden könnte. Vielleicht würde ich mich aber ebenso trotzdem nach ihm sehnen, wenn ich jetzt gehen würde. Er hatte mich allerdings all die Zeit belogen, doch hätte ich es vielleicht auch gemacht? Wollte er sich und mich vielleicht beschützen und was brachte mir diese Information überhaupt. Ich war Arés versprochen und er war zudem ein König. Ich dagegen war eine einfache Elbin. Er hatte es mir nur gesagt, weil ich darauf bestanden hatte, dabei hatte er gewusst, dass es alles viel komplizierter machen würde. Und da wurde es mir mit einem Mal bewusst. Mein Verhalten war kindisch.
Ich stoppte und drehte mich zurück zu den beiden Elben. Diese unterhielten sich gerade miteinander und ehe ich es mir anders überlegen konnte, ging ich auf die beiden zu. Ihre Köpfe drehten sich zu mir und beide sahen mich verwundert an. Ich dagegen blieb ernst und hob mein Kinn noch ein wenig, bevor ich an den beiden vorbei spazierte und sagte: „Wie lange wollt ihr noch warten? Ich dachte, wir gehen zurück in die Hallen."
Mit diesen Worten erklangen Schritte und ein Pferd ritt an mir vorbei. Thranduil schloss dagegen zu mir auf und bewegte sich doch tatsächlich zu Fuß.
Ich konnte im Augenwinkel sehen, wie er den Mund öffnete, doch unterbrach ich ihn: „Du hast recht. Seelenverwandtschaft hat nicht unbedingt, etwas zu bedeuten. Wir sollten so weitermachen, wie zuvor. Ich werde Arés heiraten und meinem Schicksal nachgehen. Wir sollten Frieden schließen."
Ich merkte, wie er mich nachdenklich betrachtete: „Ich weiß nicht genau, wen ich dort in meine Hallen hole. Missbrauche mein Vertrauen nicht, welches ich dir nun schenke."
Er ging wirklich ein hohes Risiko ein und doch wusste ich es irgendwie zu schätzen. Immerhin war ich gestrandet und wusste selbst nicht, wo ich hin sollte. Dazu stellte ich mir die Frage, ob ich immer noch den Plan verfolgte, ihn zu schwächen. Irgendwie wusste ich allerdings dabei, dass ich damit auch mich schwächen würde, weswegen ich diese Frage verneinte. Wir würden wohl erst einmal in Frieden leben. Es war komisch, wie schnell sich solche Gedanken veränderten.

„Du solltest meinem Sohn beim nächsten Mal besser nicht solche Lügen auftischen", erklang es wieder von ihm. Meine Augen wanderten zu seinem Seitenprofil und ich konnte wieder einmal nur über diese Schönheit staunen.
„Es waren keine Lügen", zischte ich.
Er ging darauf allerdings gar nicht ein und sagte nur: „Du wirst mit mir trainieren."
Ich schnaubte: „Ich bin kaum zurück und sofort werden wieder Forderungen gestellt." Er zuckte nun gleichgültig die Schultern: „Dann tu es halt nicht. Ich weiß jedoch, dass du es vermisst und du kennst meine Künste."
„Aufgeblasener Pfau", murmelte ich.
„Wie war das?" Ich blickte zu ihm und dachte bereits, dass wir erneut eine Diskussion starten würden, da wurde ich eines besseren belehrt. Er lächelte mich scherzend an und ich hatte das Gefühl, dass mir alles aus dem Gesicht fiel. Noch nie hatte ich solch einen Ausdruck in seinem Gesicht gesehen! Er wurde dann allerdings wieder ernst und beschleunigte seine Schritte. In der Nähe befand sich eine Gruppe von Orks und er hatte vermutlich ebenso wenig Lust auf eine Begegnung wie ich.

Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt