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Am Abend suchte ich alles zusammen, was ich benötigte. Ich hatte noch den Rucksack, mit welchem ich hierher gereist war. Dieser erwies sich nun wieder als sehr nützlich. Allerdings hatte ich gelogen, als ich gesagt hatte, dass ich die richtige Ausrüstung besaß. Meine einzigen Waffen waren Dolche. Dennoch würde mich dieses Mal kein Kleid aufhalten. Ich hatte mir überlegt noch ein Schwert mitzunehmen, doch liefen wir dann Gefahr, dass es bemerkt werden würde. Somit musste ich mich damit zufrieden geben und das tat ich. Der Gedanke, dass ich dem bald entfliehen könnte, beflügelte mich. Dennoch schrie mein Kopf, dass ich feige war. Feige, weil ich einfach davonlief. Schon lange hatte mich dieses Unglück gefangen genommen und doch hatte ich es unterdrücken können. Der Vorfall mit dem König hatte alles auf mich katapultiert. Ungebremst. Ich war dem nicht gewachsen. Vielleicht würde der König somit gewinnen und doch würde ich mir später alles zurückholen.

Arés war am Abend noch einmal zu mir gekommen und doch hatte ich ihm vermitteln können, dass ich sehr müde und erschöpft war. Somit war er wieder gegangen und ich hatte ihm traurig nachgesehen. Vermutlich war es das letzte Mal, dass ich ihn so sehen würde. Ich hatte alles beendet, bevor es überhaupt beginnen konnte. Wahrscheinlich würde ich ihm das Herz brechen, aber er hatte es einfach verdient glücklich zu werden. Mit der richtigen. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, was ich vorhatte und doch konnte ich es nicht. Ich wollte einfach nur noch vor all diesen Gefühlen und Gedanken davonlaufen. Ebenso wusste ich, dass ich damit alles kaputt machen würde. Mein Ziel war es allerdings irgendwo ein neues Leben zu beginnen. Etwas hinderte mich daran, zurück zu Galadriel zu gehen. Mein Gefühl sagte mir, dass ich dort nicht mehr willkommen wäre. Vielleicht würde ich einmal die Seestadt besuchen oder Minas Tirith. Ich würde sehen, wo mich mein Weg hinführen würde.

In der Nacht erhob ich mich aus meinem Bett und zog mich schnell an. Danach band ich mir einen dunklen Umhang um und setzte dessen Kapuze auf, bevor ich den Rucksack schulterte und schleichend aus meinem Zimmer ging. Im Schloss war es still, doch schaffte ich es, dass ich eins mit dieser Stille wurde. Kein einziger Schritt hallte von mir wider und somit kam ich ungesehen zu der Terrasse, bei welcher ich wusste, dass von dort aus, eine Treppe zum Wald führte. Als ich draußen angekommen war, schloss ich kurz meine Augen und atmete tief ein, bevor ich mich ein letztes Mal umsah und dann flink die Stufen hinunterlief. Schließlich lief ich dann schnell in den Wald, wobei ich mich kein einziges Mal zurückdrehte.

Rasch und leise lief ich den Elbenpfad entlang, welcher mich hinausführen würde. Durch die Dunkelheit konnte ich mich nur schlecht orientieren und doch war ich so leise, sodass mich keiner bemerken sollte. Ich wusste, welch ungeschickten Biester diese Orks doch waren. Genau aus diesem Grund war ich mir sicher, dass sie sich nicht leise verhalten würden. Sie konnten niemanden erwarten, warum sollten sie also leise sein?
Dennoch blieb ich vorsichtig und hielt in jeder Hand einen Dolch.

Irgendwann ging dann schließlich die Sonne auf und der Wald wurde ein wenig heller. Mich störte es, dass man mir nun den Schutz der Nacht geklaut hatte. Nun musste ich umso vorsichtiger sein, da man mich leichter sehen konnte. Ich wusste aber, dass ich mich schnell fortbewegte musste, vor allem, wenn mich nachher die ganze Deckung des Waldes verlassen würde.
Gerade hatte ich ein Hindernis vor mir. Am Ende des Weges ging es steil nach unten. Dort sah es aus wie ein trockenes Flussbett. Es befanden sich immer noch viele und große Steine in dem Flussbett, doch fehlte das Wasser. Ich blickte nach oben und konnte dort Äste sehen, welche über diese kleine Schlucht führten. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu auf einen der Bäume zu klettern und so das Hindernis zu bezwingen.
Ich war gerade dabei mich auf einen weiteren Ast zu ziehen, da erklang mit einem Mal Hufgetrappel. Schnell zog ich mich nach oben und drückte mich dichter an das Holz, damit man mich nicht sehen würde.
„Sie ist wie vom Erdboden verschwunden", ich konnte Legolas Stimme erkennen. Sie suchten mich also. Natürlich taten sie das. Immerhin dachten sie, dass ich entführt worden war. Also ich hoffte, dass sie das dachten.
„Der König ist außer sich", erklang eine andere Stimme, „Ich habe ihn schon oft wütend gesehen, aber so? Das war irgendwie neu."
„Er sorgt sich, Daniél", erwiderte der Prinz und ich hätte am liebsten geschnaubt.
„Warum sollte er das? Hat der König Angst um seine Hallen? Könnte ein Krieg ausbrechen?"
Ich streckte meinen Kopf leicht heraus und konnte Legolas sehen, welcher den Kopf schüttelte: „Ich kenne dich nun schon sehr lange, Daniél. Wir haben in vielen Kriegen zusammen gekämpft und gesiegt. Du bist mir ein guter Freund, also möchte ich dich nicht anlügen. Vater spricht nicht viel darüber, aber Naira, die Elbin, scheint ihm aus irgendeinem Grund wichtig zu sein. Ich glaube nicht, dass er Angst vor einem Krieg hat, das ist es nicht. Irgendwas ist zwischen den beiden, sodass er sich sorgt."
Plötzlich weiteten sich die Augen des anderen Elben: „Meinst du-?"
Legolas nickte nur schweigend. Ich lauschte ihnen gebannt, doch sagte keiner mehr etwas. Ich konnte nur ein ungläubiges Schnauben vernehmen. Was meinten sie nur damit?
„Das kann nicht sein", erklärte Daniél dann und er schien sehr überrascht.
Legolas zuckte dagegen nur mit den Schultern: „Selbst wenn, er ist zu dickköpfig, um es sich einzugestehen."
Plötzlich blickten sich die beiden um und ich versteckte mich schnell wieder hinter dem Ast, damit sie mich nicht sehen würde.
„Warte hier", erklang dann wieder die Stimme des Prinzen, „Wir werden gleich zu den anderen zurückreiten, aber ich möchte kurz hinaufklettern, umzuschauen, ob man vielleicht eine Herde von Orks sehen kann." Daraufhin erklang bereits ein dumpfes Geräusch und ich fluchte innerlich. Die Gefahr war nun sehr groß, dass er mich sehen würde. Ich musste so schnell es ging von hier verschwinden, doch würden sie mich dann erst recht sehen.
Moment. Ich hatte einen anderen Plan.
Schnell zog ich meinen Dolch heraus und zerschnitt ein wenig meinen Umhang, bevor ich meinen Rucksack auf den Ast stellte und dann ungeschickt vom Ast fiel. Es war nicht tief und doch schmerzte der Aufprall ein wenig.
Ich begann laut zu schluchzen und blickte dann zu den beiden Elben, welche mit großen Augen zu mir sahen.
"Naira!" Kam es vom Prinzen und sofort kam er auf mich zu. Unschuldig blickte ich ihm in die Augen: „Endlich hab ich euch gefunden. Ich konnte fliehen, aber ich wusste nicht wohin. Ich hab so Angst."
Er half mir hoch: „Bist du verletzt?" Schnell schüttelte ich meinen Kopf und begann erneut zu schluchzen. Legolas wirkte sehr besorgt, doch dieser Daniél blickte mich nur skeptisch an.
„Legolas", sagte er mahnend, was den Elb zu ihm blicken ließ. Dieser wirkte nun verwundert und ich wusste bei dem Ausdruck in Daniéls Augen, dass ich verloren hatte.
„Sie trägt keine Kleidung zum Schlafen", sagte der Elb. Nun betrachtete mich auch Legolas ebenso genauer.
„Ihr seid mir wohl auf die Schliche gekommen", ich zuckte mit den Schultern und zog ruckartig meine Dolche. Daniél nahm ebenso seine Waffe in die Hand und auch Legolas bewaffnete sich nun.
„Was tust du?" Fragte er ungläubig und verunsichert.
„Fragt euren König. Er hat das alles zu verantworten. Ich stürze mich doch nicht grundlos in den Wald voller Orks", meinte ich und setzte wieder meine unschuldige Miene auf, „Ich spiele sein Spiel nicht mehr mit. Er hat mir so viel Leid zugefügt." Ich begann wieder zu weinen.
„Was hat er getan?" Fragte Legolas unsicher.
Ich schüttelte meinen Kopf und schluchzte auf: „Ich will nicht darüber reden. Ich werde jetzt gehen und ihr werdet mich lassen. Ich kann dort nicht mehr leben. Ich möchte ein neues Leben beginnen." Plötzlich schien Legolas wieder besänftigt und sah mich voller Mitgefühl an: „Wir können sicherlich darüber reden, aber nun lass deine Dolche sinken." Ich schüttelte dennoch den Kopf: „Ich komme nicht wieder mit zurück. Ich kann das nicht. Bitte pass auf Aideen auf. Sie ist eine tolle Elbin."
„Wir können nicht ohne sie zurück", mischte sich nun auch wieder Daniél mit ein.
Schnell schüttelte ich wieder meinen Kopf: „Er ist ein schrecklicher Elb! Er schert sich nicht um sein Volk, welches nun den Orks schutzlos ausgeliefert ist. Er hat es mir selbst gesagt und ihr folgt ihm weiterhin blind."
Ich blickte verweint zu Legolas: „Bitte tu das nicht. Du hast doch ein Herz. Sei nicht wie er!"
„Du glaubst ihr doch nicht!" Kam es von Daniél.
Legolas blickte zu ihm und dann wieder zu mir: „Es tut mir leid." Dann kam er ruckartig zu mir. Ich sprang zur Seite und wich ihm somit aus, bevor ich schnell den Baum hinauflief und nach meinem Rucksack griff. Ich benutzte schnell einen Ast, um auf die andere Seite zu kommen, doch war dieser dünner, als anfangs vermutet. Er knackte bei jedem meiner Schritte und kurz bevor ich den anderen erreicht hatte, brach er. Ich konnte mich noch im letzten Moment abdrücken und landete somit rechtzeitig auf dem anderen Ast. Legolas hatte nicht so ein Glück. Er konnte sich gerade noch zurück retten. Ich blickte ein letztes Mal zu ihm und sagte: „Ich weiß nicht, was euren Vater zu diesem Monster hat werden lassen, aber er stürzt euch selbst ins Verderben."
Mit diesen Worten drehte ich mich um und lief schnell davon. Die Gefahr war zu groß, dass sie mir folgen konnten. Schnell strich ich mir meine gespielten Tränen aus dem Gesicht, bevor ich flink die Äste entlang lief. Vielleicht hatte ich ja auch bei ihnen ein paar Zweifel sähen können. Es war jetzt vielleicht ein wenig anders gekommen, als anfänglich geplant und doch wusste ich tief in meinem Inneren, dass es so gut gewesen war.

Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt