7

5.8K 219 32
                                    

Blake

„Ich werde den Fall nicht annehmen." Meine Mom hatte sich mit dem Abendessen heute mal wieder selbst übertroffen. Dad und ich saßen gemeinsam am Tisch, während sie den Abwasch erledigte. Wie immer wollte sie sich dabei nicht von uns unterstützen lassen.

„Ist er zu verworren?" Dad kippte etwas Milch in seinen Kaffee. Auf manche Leute mochte es vielleicht seltsam wirken, doch wir tranken abends immer Kaffee. Zumindest mein Schlaf wurde dadurch nicht beeinträchtigt. Für meine Eltern übernahm ich aber keine Garantie. Wer weiß, wie sich das im Alter auswirkte.

„Verworren? Aussichtslos trifft es eher." Den Termin heute hätte ich mir sparen können. Das Geld war zwar verlockend, doch bereits im Vorfeld hatte ich Informationen eingeholt. „Hailey Garver hat der Torrez-Kette Diebstahl geistigen Eigentums, bezüglich ihrer Designs von SummerStyles, vorgeworfen und sie hat mit ihren Vorwürfen eindeutig Recht. Torrez scheint ihre Entwürfe ohne ihr Einverständnis verwendet zu haben und es ist nicht das erste Mal, dass sie solche Anschuldigungen erhebt. Doch dieses Mal hat sie sich an ihren Anwalt gewandt und auf Schadensersatz geklagt. Jedes Gericht wird ihr recht geben. Es handelt sich eindeutig um Plagiate. Diesen Fall kann ich nur verlieren, wenn ich Torrez vertrete."

„Redet ihr schon wieder über einen Fall?" Mom gesellte sich nun zu uns und stellte einige Kekse vor uns ab.

„Einen millionenschweren Fall, Liebes." Derek war zwar nicht mein leiblicher Vater, doch er hatte mich immer wie seinen Sohn behandelt. Er hatte keine eigenen Kinder und nachdem er und Mom geheiratet hatten fanden sie heraus, dass er unfruchtbar war. Somit blieb ich das einzige Kind der beiden, denn auch ich hatte nie das Gefühl, dass er mir kein Vater wäre.

„Dies ist nicht das erste Mal, dass der Torrez-Kette Diebstahl geistigen Eigentums vorgeworfen und auch nachgewiesen wird. Hailey Garver ist einfach ein großer Name in der Branche und sie wird sich nicht mit ein paar zehntausend Dollar zufriedengeben." Man könnte meinen, dass Victor Torrez es mit einem Jahresumsatz von 11,6 Millionen Dollar nicht nötig hätte, von anderen Designern zu stehlen. Doch er tat es. Immer wieder und ich wollte ihn dabei nicht unterstützen.

„Habt ihr euch mal die Brautkleider angesehen, welche Hailey Garver entwirft? Ich kann euch nur sagen: Die sind traumhaft schön." Natürlich blieben meiner Mutter nur die Brautkleider dieser Designerin im Kopf. „Eines ihrer bekanntesten Kleider hat sie für die Chefin deines Bekannten entworfen. Wie war sein Name gleich nochmal?"

„Du meinst Bash. Mit ihm habe ich vorhin telefoniert. Die Frauen stehen sich wohl sehr nahe und sollte Torrez den Prozess verlieren, wird die gewonnene Summe in das Wohltätigkeitsprojekt von Johnson gesteckt. Anscheinend bohren sie in Afrika nach Brunnen, bauen Schulen und impfen Kinder."

„Das ist sehr nobel von SummerStyles. Nicht jeder würde eine solche Menge Geld spenden", merkte Dad an.

„Hailey Garver kann es sich leisten. Man schätzt ihr Jahreseinkommen auf 75 Millionen Dollar." Meine Familie hatte zwar auch Geld, doch von einer solchen Summe waren wir meilenweit entfernt.

„Dein Brautkleid damals war das schönste, welches ich je gesehen habe", schmeichelte Dad nun Mom. Ich selbst kannte das Kleid nur von Fotos. An die Hochzeit der beiden konnte ich mich nicht mehr erinnern, denn ich war zu jung gewesen.

„Sie macht nicht nur traumhafte Brautkleider. Als ich heute mit Lya in der Mall war, haben wir einige Dinge für ihr Baby gekauft. Ich war erstaunt, dass sie mittlerweile auch Babykleidung entwirft. Vor allem ist diese für jeden erschwinglich."

„Man sagt, dass sie erst vor kurzem ein weiteres Mal Mutter geworden ist. Da finde ich es nur verständlich." Auch wenn Dad es niemals zugeben würde, er war ein großer Fan von Klatschzeitschriften. Er wusste stets, was in der Welt der Prominenten vor sich ging. „Wie ist das neue Mädchen?"

„Das fragst du am besten Blake", meinte Mom. „Immerhin ist er derjenige, der sie Bambi nennt." Diesen Unterton ihrer Stimme kannte ich nur zu gut. Ich beschloss, sie jedoch vorerst nicht weiter in ihrer Vermutung zu bestätigen.

„Sie muss etwas Schlimmes erlebt haben. Bambi hat panische Angst davor, dass man ihr das Baby wegnehmen könnte. Ich weiß nicht, mit wem sie verheiratet ist oder aus welcher Familie sie kommt, doch scheinbar hat sie sehr große Angst vor diesen Leuten."

Dad hörte aufmerksam zu, während Mom nur bestätigend nickte. „Sie hat mir gestern bereits etwas über ihre Familie erzählt. Scheinbar äußerst widerliche Menschen. Ihr Mann hat ihre Konten sperren lassen. Somit hatte sie gar keine andere Chance, als auf der Straße zu landen. Es gibt wohl noch ihre Großmutter, aber Lya hat zu viel Angst, um sich bei ihr zu melden."

„Ob sie sich über die Krippe freut?" Dad sprach den Gedanken laut aus, über den ich mir bereits den ganzen Abend den Kopf zerbrach.

„Mit Sicherheit", warf Mom ein. „Sie war so fixiert auf diese niedliche Kleidung, dass sie das wichtigste völlig vergessen hat. Hoffentlich ist sie nicht böse, dass ich euch den Ersatzschlüssel für ihre Wohnung gegeben habe."

Die beiden wussten nicht, dass ich Bambi ein Handy besorgt und sicherheitshalber die Nummern von Mom und mir dort abgespeichert hatte. Bis jetzt ergab sich für mich noch keine Gelegenheit, um auf meinem Handy nachzusehen, ob eine Nachricht von ihr darauf war. Denn Mom bestand darauf, dass diese Abende zwischen uns auch wirklich nur uns gehörten. Handys waren strengstens verboten. Ich wusste selber nicht, warum ich das tat. Denn alles, was den Frauen zur Verfügung gestellt wurde, wurde durch die Organisation finanziert. Doch für dieses Handy hatte ich selber gezahlt. Der Vertrag lief auch unter meinem Namen.

„Wo wir gerade dabei sind", unterbrach Mom meine Gedankengänge. „Weißt du eigentlich, dass die Frauen in der Organisation denken, dass du schwul bist?" Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören und Dad verschluckte sich an seinem Kaffee, bevor er laut lachte.

„Der Gedanke ist gar nicht mal zu abwegig, Liebes. Immerhin hat unser Sohn noch nie ein Mädchen mit nach Hause gebracht und die Avancen sämtlicher Frauen scheinen an ihm abzuperlen." Dad brachte es wie immer auf den Punkt und versuchte nicht, um den heißen Brei herumzureden.

„Ich sitze auch hier am Tisch und kann euch hören. Aber damit ihr euch keine Gedanken macht: Ich bin nicht schwul. Eindeutig nicht. Es war einfach noch nicht die Richtige dabei. Also gab es auch noch keinen Grund, euch eine vorzustellen."

Mom nahm einen Keks und tunkte diesen in ihren Kaffee. „Und wie kommen sie dann darauf?"

„Hast du vergessen, wie es mal war? Einige der Frauen waren kurz davor, mich zu bespringen. Es war mal eine dabei, die sich immer unter meinen Arm einharkte und dabei ihre Brüste an mir rieb. Irgendwie musste ich sie doch von mir fernhalten. Bash war damals zu Besuch und gemeinsam haben wir dann diesen Plan ausgefeilt. Ihr ward verreist, also bin ich mit Bash mal in die Organisation gefahren und dann haben wir diese Show abgezogen." Tatsächlich hatten wir einen riesigen Spaß daran. Selbst Owen, Bashs Lebensgefährte und mittlerweile Ehemann, hatte seine Freude an unserer Vorstellung. „Also lass sie bitte in dem Glauben, Mom. Irgendwann stelle ich dir schon jemanden vor. Nur noch nicht jetzt."

UnbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt