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Blake

„Du darfst nicht gucken!"

Wir standen beide hinter einem Vorhang im Behandlungszimmer und ich sollte ihr die Bänder des Kittels, welchen sie nun trug, am Rücken zusammen binden. Natürlich hatte sie mich erst reingerufen, nachdem sie diesen schon anhatte.

„Jetzt stell dich nicht so an. Ich mag übrigens dein Höschen, Bambi." Die Aussicht auf ihren kleinen Hintern in diesem schwarzen Spitzenteil war es allemal wert, dass Doktor Taylor davon ausging, dass ich der Vater von Terrorkrümmel wäre.

„Verflucht! Du sollst doch nicht gucken!" Sie beschwerte sich zwar, blieb jedoch still stehen, damit ich die letzte Schnur zubinden konnte. „Das zahle ich dir heim."

„Solange du dabei dieses Höschen trägst, ertrage ich deine Rache." Ich beugte mich leicht nach vorne, damit ich ihr ins Ohr flüstern konnte. Diese Frau führte mich an meine Grenzen. „Natürlich trägst du nur das Höschen."

Lya drehte sich um und funkelte mich böse an. „Ganz dünnes Eis mein Lieber." Dann ging sie an mir vorbei und ließ mich alleine hinter dem Vorhang zurück. Tief durchatmen.

Ich zog den Vorhang zur Seite und blickte direkt in das lächelnde Gesicht von Doktor Taylor. „Auch das ist normal bei Schwangeren. Besonders in diesem Stadium der Schwangerschaft sind sie öfters gereizt."

„Ich bin nicht gereizt!", meldete sich Lya aus dem Hintergrund.

„Und ob Sie das sind. Das bedeutet jedoch Stress. Für Sie und ihr Kind. Diesen Stress sollten Sie vermeiden."

„Wie bitte soll ich das hinbekommen, wenn er so ist." Die Art, wie sie dabei mit ihren Armen in der Luft wedelte, brachte mich zu lachen.

„Sie sollten sich die Zeit nehmen. Auch für Ihren Partner ist eine Schwangerschaft anstrengend. Es ist zwar eine unkonventionelle Art, aber Geschlechtsverkehr ist äußerst hilfreich. Ein Orgasmus wirkt ungemein entspannend und ein intensives Sexleben führt zu einer ausgeglicheneren, entspannteren Gemütslage, die sich natürlich indirekt auch positiv auf das Kind im Bauch auswirkt. Gerade in ihrem momentan Stadium der Schwangerschaft erleben viele Frauen die Lust ganz neu und haben sehr viel Spaß daran. Durch die Hormone in Ihrem Körper können sie intensivere Orgasmen erleben und diese sogar schneller erreichen." Doktor Taylor sah nun zu mir. „Wenn Sie genügend Ausdauer aufbringen, kann Ihre Lebensgefährtin also durchaus multiple Orgasmen haben."

„Das notiere ich mir im Hinterkopf." Die Untersuchung hatte noch nicht einmal begonnen und bereits jetzt hatte ich ungeheuren Spaß daran. Lya hingegen schien weniger angetan von diesem Vorschlag zu sein.

„Wir nehmen Ihnen erstmal etwas Blut ab, wiegen Sie und dann können wir auch schon beginnen. Mister Harrison, Sie können sich schonmal neben der Liege auf den Stuhl setzen."

Während Lya in ein Nebenzimmer gebracht wurde, saß ich auf dem Stuhl und nahm mein Handy aus der Innentasche meines Sakkos. Mit Hilfe meines Internetbrowser suchte ich die Nummer eines nahegelegenen Buchladens heraus und rief dort an. Sie sollten mir ein Buch zurücklegen, welches ich abholen würde, sobald wir aus der Praxis heraus wären.

Kaum hatte ich das Telefonat beendet, kamen auch schon die Frauen wieder zurück. Lya ging gleich zu der Liege und setzte sich darauf. Nun wirkte sie wieder bedrückt und hatte rein gar nichts mehr von der kleinen Kratzbürste, welche sie noch vor wenigen Minuten gezeigt hatte.

„Mach dir keine Sorgen." Ich griff zum zweiten Mal an diesem Tag nach ihrer Hand und hielt diese. „Gleich wirst du sehen, dass alles in bester Ordnung ist", versuchte ich sie zu beruhigen. Ich mochte es nicht, wenn sie bedrückt war. Sie war so schön, wenn sie lächelte. Darum sollte sie es immer tun.

Sie wollte gerade zu einer Antwort ansetzten, als das Licht im Raum gedimmt würde. Lya legte sich zurück, hielt meine Hand aber weiterhin in ihrer.

„Dann wollen wir mal nach Ihrem Kind sehen." Doktor Taylor schob den Kittel, welchen Lya trug nach oben und setzte sich dann vor das Ultraschallgerät. Ich hatte erneut einen wunderbaren Blick auf das schwarze Spitzenteil und betete dafür, dass meine Beherrschung standhielt. Dass eine schwangere Frau einmal eine solche Wirkung auf mich haben würde, hatte ich nie erwartet.

„Ich werde bei der Untersuchung auf die Größe von Kopf und Bauch achten, sowie die Länge des Oberschenkelknochens messen und die Fruchtwassermenge bestimmen. Außerdem kontrolliere ich die Lage des Mutterkuchens in der Gebärmutter." Doktor Taylor verteilte etwas Gel auf Lyas Bauch und nahm dann den Schallkopf, welches sie auf diesen platzierte.

Ja, ich wusste was ein Schallkopf war und wie dieser funktionierte. Nachdem klar war, dass ich Lya begleiten würde, hatte ich mich kurz in die Materie eingelesen. Zu diesem Zeitpunkt ging ich zwar nicht davon aus, ebenfalls bei der Ultraschalluntersuchung dabei zu sein, aber nun war ich dankbar dafür, dass ich nicht wie der letzte Depp hier saß.

„Dann schauen wir mal, was und wen wir hier haben." Doktor Taylor fuhr mit dem Schallkopf über Lyas Bauch und drückte dann einen Knopf auf dem Pult des Ultraschallgeräts. „Da haben wir schon das Köpfchen." Mit ihrer freien Hand erklärte sie uns auf den Bildschirm alle wichtigen Dinge und versprach, dass dort alles in bester Ordnung wäre.

So machte sie mit der Untersuchung weiter und erklärte uns immer wieder, worauf sie an bestimmten Stellen achtete. Selbst Terrorkrümmels Herz konnten wir schlagen sehen und sie bestätigte, dass es ein Mädchen werden würde. Am Ende legte sie den Schallkopf zurück und nahm Tücher, mit den sie das Gel von Lyas Bauch entfernte. „Es ist alles in bester Ordnung. Sie ist zwar etwas klein, aber das hat keinerlei Einfluss auf ihre Gesundheit. Sie können sich dann umziehen. Ich bin gleich wieder bei Ihnen und dann besprechen wir alles Weitere."

Nachdem Doktor Taylor den Raum verlassen hatte, trat Lya hinter dem Vorhang. Ich war noch immer geplättet von den Bildern, welche ich gerade gesehen hatte. Es war das spektakulärste und aufregendste, was ich je zu sehen bekommen hatte. Dieses Gefühl, als wir erkannten, dass Terrorkrümmel ihre Arme bewegte und vor ihr Gesicht hielt, ganz so als ob sie nicht wollte, dass man sie beobachtete, bescherte mir ein seltsames, angenehm warmes Gefühl in der Brust. Wie konnte dieser Versager von einem Vater nichts für dieses Wesen übrig haben? Vertieft in meinen Gedanken bekam ich das Schluchzen, das eindeutig von der anderen Seite des Vorhangs kam, vermutlich erst spät mit.

„Bambi?" Ich erhob mich vom Stuhl, auf dem ich die letzte halbe Stunde verbracht hatte und trat auf den Vorhang zu. Sie antwortete mir nicht. „Ich komm jetzt rein." Vorsichtig trat ich zu ihr ins Innere. Lya stand mit dem Rücken zu mir und ihre bebenden Schultern verrieten mir, dass sie sich gar nicht darum bemühte, ihre Tränen zurückzuhalten. Zwar hatte sie sich ihre Hose bereits wieder angezogen, doch mit ihrem Pullover schien sie auf Kriegsfuß zu stehen, denn sie warf ihn wie ein bockiges Kind zu Boden. „Bambi? Was ist los?" Ich trat neben sie, hob ihr verdrehtes Oberteil vom Boden und richtete es.

„Ich bin so erleichtert." Ihre Stimme war tränenerstickt und ich verstand nicht so recht, warum sie deswegen weinte. Eine Träne der Erleichterung hätte ich ja noch verstanden, aber vor mir stand ein Häufchen Elend und weinte sich die Augen aus. Vermutlich lag es an den Hormonen. Ich würde mich darüber noch informieren müssen.

Mit ihrem Pullover in den Händen stand ich hinter ihr und überlegte, wie ich mich nun verhalten sollte. Wenn es wirklich an den Hormonen lag, würde ich eh nicht viel gegen ihre Stimmungen ausrichten können. „Heb deine Arme", wies ich sie an und tatsächlich tat sie was ich von ihr forderte. Ich zog ihr den Pullover über und legte danach meine Arme von hinten um sie. „Ich habe dir doch gesagt, dass alles in Ordnung ist. Jetzt atme tief durch und beruhige dich." Nachdem ich gesprochen hatte, gab ich ihr einen Kuss auf den Scheitel und wir verharrten so lange in dieser Position, bis Lya sich beruhigt hatte und wir hörten, dass Doktor Taylor zurückkam.

UnbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt