Lya
„Mommy!" Ich lag auf der Couch in unserem Wohnzimmer und sah gelangweilt eine Talkshow, als der Ruf unserer Tochter mich aus meinen Gedanken riss. Ihren schnellen Schritten nach zu urteilen, rannte Ria den Flur entlang in meine Richtung.
Vorsichtig setzte ich mich auf. Im Gegensatz zur ersten Schwangerschaft, war die momentane nicht so einfach. Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich liegend oder sitzend, um unser neustes Familienmitglied nicht zu gefährden.
Rias Schritte wurden lauter und ehe ich mich versah, kam sie vor mir zum Stehen. Trotz ihres jungen Alters verstand sie, dass sie vorsichtig sein musste. Also kletterte sie Vorsicht neben mich auf die Couch und gab mir einen Kuss. Dann legte sie ihren Kopf auf meinen Bauch und horchte nach ihrem Bruder.
„Ich hab dich lieb, Mommy. Schläft er?", fragte sie und hob ihren Kopf.
Irgendwas stimmte hier nicht. Es war zwar normal, dass sie nach ihrem Bruder fragte, doch ihre spontane Liebeserklärung machte mich stutzig. „Was haben du und Daddy gemacht?" Ich zog meine Augenbrauen nach oben und Ria bekam einen roten Kopf, als sie meinem Blick begegnete. Dass Blake noch nicht hier war, bestätigte meine Vermutung, dass etwas im Busch war.
„Es war Grandpa. Daddy hat nicht dolle geschimpft. Aber er hat geschimpft."
„Warum hat Daddy denn mit Grandpa geschimpft?", fragte ich und konnte gar nicht wirklich böse auf meinen Engel sein. Es war schon ein niedlicher Anblick, wie sie versuchte, alles mit ihren Händen zu erklären. Noch heute war ich jeden Tag aufs Neue erstaunt darüber, dass Ria scheinbar mein Ebenbild war. Als würde ich in einen Spiegel blicken.
„Grandpa hat mir ein Geschenk gekauft."
Ich ahnte Schlimmes. Derek verwöhnte sie viel zu sehr, doch Emma war auch keine Ausnahme. Vermutlich steckte selbst Blake mit ihnen unter einer Decke und hatte nur deshalb vor Ria mit Derek geschimpft.
„Ich liebe dich", rief Blake nun aus dem Flur und ich wusste sofort, dass er etwas mit ihrem Geschenk zu tun hatte. „Hass mich nicht", setzte er hinterher und ich bewegte mich leicht, um in Richtung des Flures sehen zu können. Blake kam langsam um die Ecke und hielt etwas Pelziges in seinen Armen.
„Sein Name ist Barry." Ria war hellauf begeistert von dem kleinen Golden Retriever. „Grandpa hat gesagt, er ist mein Geburtstagsgeschenk. Aber er wurde zu früh geliefert."
Ria hatte erst in zwei Monaten Geburtstag. Zwar nahm sie ihm diese Lüge ab, ich jedoch nicht. Derek würde sie so oder so mit Geschenken überschütten. Blake lächelte mich unsicher an, während Barry brav auf seinen Armen blieb.
„Habe ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich liebe?"
„Ich weiß ganz genau, dass du da mit drin steckst", mahnte ich ihn. „Und nun gib mir den Welpen, damit ich ihn knuddeln kann." Ich streckte meine Arme aus und Barry schien zu verstehen, dass es um ihn ging. Er begann in Blakes Armen zu zappeln und zu winseln.
Vorsichtig setzte er ihn auf meinen Schoß und sofort leckte der Welpe über mein Gesicht. Freudig wedelte er mit seinem ganzen Hintern, winselte und fiepste.
„Du musst vorsichtig mit Mommy sein." Ria sprach mit dem Welpen, wie mit einem Menschen. Ich bezweifelte, dass er sie verstand, doch er hüpfte fröhlich zu ihr herüber und schenkte ihr seine Aufmerksamkeit. „Darf ich ihm etwas zu essen geben?"
„Aber nur etwas von seinem Futter, das Grandpa uns mitgegeben hat. Nichts aus dem Kühlschrank", ermahnte Blake sie.
Ria stand auf und lief schnell in Richtung der Küche. „Komm, Barry!"
„Hast du mir zugehört? Nichts aus dem Kühlschrank!", rief Blake ihr hinterher, doch sie antwortete ihm nicht. „Victoria!"
„Ja, Daddy."
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Ich genoss dieses Gefühl kurz nach dem Aufwachen. Es war ein Traum, jenes wusste ich, doch es war ein schöner Traum. Mein Bett war weich und ich kuschelte mich näher an die Wärmequelle. Ich mochte den Geruch und schlang einen Arm um das Kissen, welches sich leicht auf und ab bewegte. Warum bewegte sich mein Kissen?
„Bist du wach, Bambi?"
Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Der Raum war nicht hell, es leuchtete nur eine kleine Lampe, die alles in ein warmes Licht tauchte. Es reichte aber aus, um zu erkennen, dass ich kein Kissen im Arm hatte sondern Blake und es nicht mein Bett war, geschweige denn meine Wohnung.
„Geht es dir besser?", fragte er und strich mit seiner rechten Hand durch meine Haare. „Wir hatten solche Angst. Ich wusste nicht, wie ich dir helfen soll. Von der Frau, die mir mit einem Messer drohte, sollte ich versuchen, ihr das Kind wegzunehmen, war nichts mehr zu spüren. Ich dachte, du stirbst."
Ich brauchte einen Moment um zu realisieren, was im Esszimmer passiert war und ich wünschte mir meinen Traum zurück. „Ist mit Fussel alles in Ordnung?" Instinktiv griff ich nach meinem Bauch und war beruhigt, als sie nach meiner Hand trat.
„Es geht ihr gut. Der Arzt meinte, du hattest eine Panikattacke. Wir alle haben uns Sorgen gemacht, denn du warst regelrecht abwesend." Blake sprach ruhig, doch die Situation belastete ihn. „Mom hat dich umgezogen, als du geschlafen hast. Ich hoffe, es ist in Ordnung. Du solltest es einfach etwas bequemer haben."
Erst jetzt bekam ich mit, dass ich weder meine Hose trug, noch mein Oberteil. „Wessen Sachen trage ich?"
„Ein altes Hemd von Dad. Mom wollte dir eines ihrer Oberteile geben, aber der Bauch war im Weg." Blake schwieg wieder, aber es schien ihm schwierig zu fallen. Vermutlich war es an der Zeit, ihm meine ganze Geschichte zu erzählen.
„Ich wollte euch nicht erschrecken", begann ich und sein Griff um mich verfestigte sich. „Aber als dieser Name fiel, prasselte es einfach auf mich ein."
„Welcher Name? Victor Torrez?"
Mein Kopf, der noch immer auf seiner Brust ruhte, nickte zur Bestätigung. „Dieser Mann ist mein Vater, wenn auch nicht biologisch."
Es schien, als würde Blake aufhören zu atmen. Kurz hatte ich Angst, dass er wütend auf mich sein könnte. Er bewegte sich unter mir und ich nahm meinen Kopf von seiner Brust. Unsicher, wie er reagieren würde, sah ich ihn an, während ich mich langsam aufsetzte. Er tat es mir gleich und fuhr sich mit seinen Händen über sein Gesicht.
„Dein Vater besitzt ein millionenschweres Unternehmen, während du auf der Straße leben musstest?"
„Wie gesagt, er ist nicht mein biologischer Vater. Deswegen bin ich nicht wichtig für ihn", erklärte ich.
„Bambi, das spielt keine Rolle. Ich habe ihn einmal persönlich getroffen. Seit Wochen ruft sein Büro bei mir an und fordert, dass ich seinen Rechtsstreit gegen eine Designerin vertrete, weil er Angst um sein Vermögen hat. Dabei lässt er dich auf der Straße leben?" Blake stand auf und lief vor dem Bett auf und ab.
Tränen stiegen mir in die Augen. „Es tut mir leid."
„Wofür entschuldigst du dich?" Er kam zurück und setzte sich auf den Bettrand. „Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest, aber du musst mir einen Gefallen tun."
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Unbreakable
RomanceSolange sie denken kann, bevorzugt Lyas Familie ihre kleine Schwester. Scheinbar auch ihr eigener Ehemann. Earl will sich von Lya scheiden lassen, um ihre jüngere Schwester heiraten zu können und niemand in der Familie scheint ein Problem damit zu h...