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Eine Woche später
Lya

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell hier sind." Wir brauchten etwas über vier Stunden, um von Jersey nach D.C. zu fahren und Ria verschlief die ganze Fahrt. Eigentlich ging ich davon aus, dass sie zwischendurch aufwachen würde. Doch scheinbar schlief sie den Schlaf der Gerechten.

„Sie scheint es zu mögen, mit dem Auto umhergefahren zu werden." Blake hob vorsichtig den Maxi-Cosi aus der hinteren Beifahrertür, um Ria nicht zu wecken.

Gemeinsam standen wir nun vor diesem beeindruckenden Gebäude, welches außerhalb von D.C. lag. „Als wäre man in einer anderen Welt." Beinahe ehrfürchtig blickte ich auf das von Bäumen umgebene Anwesen. „Und hier lebt wirklich nur eine Familie?" Blake hatte mir diesen Trip anfangs als entspanntes Wochenende verkauft, aber nichtmal drei Tage später hat er mir gestanden, was seine Intention hinter diesem Besuch war. Hailey Garver war hier ebenfalls zu Gast und wollte von mir Informationen zu meinem Vater bekommen.

Eigentlich war diese Frage überflüssig. Meine Eltern lebten in einem Haus, welches beinahe doppelt so groß war wie dieses. Mir sagte ein solcher Lebensstil nicht sonderlich zu. Ich freute mich hingegen bereits sehr darauf, in unserem gemütlichen Stadthaus zu leben. Mit den fast 280 qm war es zwar nicht klein, dennoch stand es in keinem Vergleich zu dem Haus vor uns.

„Du darfst nicht vergessen, dass sie ein paar Kinder mehr haben als wir." Mit seiner freien Hand griff Blake nach meiner. „Mach dir keine Sorgen. Sie werden dich mögen."

Die Unsicherheit nagte trotzdem an mir. „Meinst du?"

Er überbrückte die Distanz zwischen uns und gab mir einen schnellen, aber liebevollen Kuss. „Keine Sorge. Alles wird gut."

„Wie lange wollt ihr noch in der Einfahrt stehen bleiben?" An der mittlerweile geöffneten Eingangstür stand ein Mann mit braunen Haaren und verschränkten Armen. Er schien etwas älter als Blake zu sein. „Schwing deinen Hintern endlich her, Harrison und bring deine zauberhaften Begleitungen mit. Die Damen warten bereits gespannt." Trotz seiner Körperhaltung und den Worten, die er gesprochen hatte, konnte ich heraushören, dass er es nicht böse meinte.

„Das ist Matthew." Während der Fahrt hatte Blake mir bereits grob erklärt, auf welche Leute ich heute treffen würde.

„Er wirkt nett. Auf seine eigene Art."

„Thalia hat den Eisklotz auch ziemlich weich geprügelt", lachte Blake und wir gingen gemeinsam auf Matthew zu.

„Ich hoffe, ihr hattet eine gute Fahrt. Ich bin Matthew, aber das wird Blake dir bestimmt schon gesagt haben." Er reichte mir seine Hand, welche ich ergriff und mich ebenfalls vorstellte. Dann trat er zur Seite und ließ uns ins Haus. „Thalia und Hailey sind schon ziemlich gespannt auf euch."

„Du meinst eher: Sie sind auf Lya gespannt", lachte Blake und klopfte Matthew auf die Schulter.

Unsicher sah ich Blake von der Seite an. Mit dieser Aussage nahm er mir meine Anspannung nicht wirklich.

„Ich möchte mich bereits im Vorfeld bei euch entschuldigen." Matthew stand nun vor uns und sein Gesichtsausdruck wirkte beinahe entschuldigend. Dann öffnete er eine große Flügeltür und mir klappte beinahe die Kinnlade herunter.

„Das Baby ist da!" Drei Kinder, geschätzt im Alter zwischen vier und fünf Jahren, stürmten auf uns zu. Vermutlich aus Reflex hob Blake den Maxi-Cosi weiter in die Luft.

„Kinder langsam!" Die Kleinen stoppten und hinter ihnen kam ein weiterer Mann zum Vorschein. In seinen Armen hielt er ein kleines Mädchen, welches vermutlich noch kein Jahr alt war. „Es tut mir leid. Aber als sie hörten, dass heute noch ein Baby zu Besuch kommt, waren sie nicht mehr zu halten. Ich bin Aiden und die kleine Prinzessin hier ist Ivy."

Die nächsten Minuten waren wir damit beschäftigt, uns gegenseitig vorzustellen und damit die Kinder nicht zu kurz kamen, stellte Blake die Trage, in welcher Ria noch immer schlief, auf den Boden. Unter der Aufsicht aller Väter wurde Ria von den anderen beäugt.

„Sie ist sehr klein. Ivy war auch so klein", stellte Zoey, die Tochter von Hailey und Aiden fest. „Aber dann ist sie gewachsen, obwohl ich es ihr verboten habe."

„Wenn Ria groß ist, kann sie Matt heiraten, oder? Dann können wir alle hier zusammen wohnen."

„Du stellst dir das sehr einfach vor, Tate." Anschließend versuchte Matthew seinem Sohn zu erklären, dass er sich später ein eigenes Haus kaufen müsse, wenn er mal heiratet. Doch der Junge war für eine Überraschung gut.

„Wenn du und Mommy alt seid, braucht ihr das Haus nicht mehr. Aber wenn ihr es uns nicht geben wollt, dann nehmen wir das von Tante Hailey und Onkel Aiden."

„Tate heiratet mich, wenn wir groß sind." Zoeys Augen strahlten mir entgegen und mein Herz wurde weich bei ihrem Anblick.

Dann wandte ich mich an das zweite Mädchen, welches bisher noch kein Wort gesprochen hatte. „Und wen möchtest du mal heiraten?"

Schüchtern sah sie mich an, dann wandte sie sich von mir ab und streckte sie ihre Arme nach Matthew aus. „Ich will nicht heiraten. Ich bleibe bei Daddy."

Dieser nahm seine Tochter in die Arme und drückte sie fest an sich. „Ich habe dich auch lieb, meine kleine Fee."

„Wie ich sehe, kommen wir rechtzeitig."

„Onkel Bash!" Tate stürmte an uns vorbei auf Bash und Owen zu, welche nun ebenfalls angekommen waren. „Hast du uns was mitgebracht?"

Ich mochte die Dynamik, welche scheinbar zwischen allen herrschte. Es fehlten nur noch Thalia und Hailey, dann hätte ich alle kennengelernt. Die nächsten Minuten standen wir gemütlich beieinander und unterhielten uns. Nun war auch Ria wach, schien sich aber nicht sonderlich für das Geschehen um sie herum zu interessieren.

„Wir sollten langsam zu den anderen gehen", schlug Aiden vor und löste sich als erstes von unserer Runde. „Sie haben den Tisch im Wintergarten fertig gemacht. Das Wetter scheint heute auf unserer Seite zu sein und es ist auch noch nicht kalt. Ich hoffe, ihr seid mit Kaffee, Tee und Kuchen einverstanden."

„Sehr gerne. Wir sollten es ausnutzen, dass Ria scheinbar noch keinen Hunger hat", stimmte ich zu und gemeinsam machten wir uns nun auf den Weg zu den anderen.

Die Kinder stürmten voran und die Tatsache, dass Tate dabei Zoeys Hand hielt, ließ mich erneut schmunzeln. Unauffällig sah ich mich in den Räumen um, die wir auf unseren Weg nach draußen durchschritten. Überall war Spielzeug verteilt und das Innere dieses Hauses wirkte bei Weitem nicht so steril und kühl, wie ich es zuerst vermutet hatte. In der Küche blieb ich kurz stehen, während die anderen nach und nach in den Wintergarten gingen, sah die drei Katzen an, welche sich über ihr Futter in den bereitgestellten Näpfen hermachten.

„Die beiden kleineren sind erst vor ein paar Wochen bei uns eingezogen. Deswegen dürfen sie noch nicht nach draußen", erklärte Matthew, nachdem er mitbekommen hatte, dass ich stehen geblieben war.

„Sie sind niedlich."

„Vor allem sind sie damit beschäftigt, den ganzen Tag alles zu erkunden und Dinge umzuwerfen."

Ich wandte mich von den drei Fellknäueln ab und folgte als letzte den anderen nach draußen. Dort traf ich auf die beiden Frauen, welche mich empfingen, als würde ich bereits seit Jahren zu ihrem Freundeskreis zählen.

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