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Blake

Es dauerte drei Wochen, um alle Informationen zu sammeln die ich benötigte. Torrez Modeimperium war nicht leicht zu durchschauen.

Er gab sich zwar als Eigentümer aus, doch im Grunde gehörten seiner Mutter die meisten Anteile. Nach dem Tod ihres Mannes, Valentin Torrez, erbte sie dessen Anteil. Dieser machte fünfzig Prozent aus. Dazu besaß Elena Torrez ihre eigenen Anteile, welche sich auf zwanzig Prozent beliefen. Victor Torrez besaß zehn Prozent. Zwanzig Prozent waren noch offen. Ich fand den Eigentümer dieser Anteile nicht.

Victor, der Rabenvater der Nation, war nicht einmal im Impressum als Eigentümer eingetragen. Ich müsste mich mit Elena Torrez auseinandersetzen, Lyas Großmutter. Vermutlich wäre es von Vorteil, Lya zu diesem Gespräch mitzunehmen. Ein vertrautes Gesicht zu sehen, dazu noch von der einzigen Frau innerhalb ihrer Familie, die ihr jene Zuneigung gab, die Lya sonst verwehrt geblieben war, würde ihr guttun.

Die letzten Tage war ich in D.C. bei Bash und dessen Mann, Owen. Er half mir in dem Fall, denn Thalia Johnson war eine gute Freundin von Hailey Garver und diese würde Torrez bis aufs letzte ausnehmen. Doch da dieser nicht der Hauptanteilseigner war, würde seine Mutter für alles Haften und vermutlich wusste sie nicht einmal was ihr Sohn verzapfte.

Bash fand heraus, wie auch immer er das angestellt hat, dass Victor momentan versuchte, seiner Mutter ihre Anteile abzunehmen. Er wollte sie enteignen, indem er ihr geistige Verwirrung nachwies. Natürlich sollten ihre Anteile an ihn übergehen.

Als ob das alles noch nicht verworren genug war, schlug die nächste Information, die ich erhielt, alles vorangegangene. Earl Davis, der aussah wie Barbies blonder Freund Ken, war anscheinend mit Lindsay Torrez verlobt. Abgesehen von der Tatsache, dass sie Lyas Schwester war, war er noch immer mit Lya verheiratet. Obwohl ich auf ihre Ehe, zu diesem braungebrannten Schnösel, auch gerne verzichten würde und ihr ging es mit Sicherheit nicht anders.

Bambi tauchte in meinen Recherchen nicht ein einziges Mal auf. Offiziell hatte Torrez nur eine Tochter und natürlich würde diese eines Tages alles übernehmen. Vorausgesetzt es wäre noch etwas da, das sie übernehmen könnte. Ich war erstaunt darüber, wie ähnlich Lya ihrem Vater eigentlich sah. Man könnte nie vermuten, dass sie nicht seine Tochter war.

„Soll ich sie in Papier einwickeln?" Die junge Verkäuferin hielt mir den Strauß bunter Tulpen hin und ich nickte ab.

Die letzten Wochen war ich nur unterwegs, was mir ein schlechtes Gewissen bescherte. Ich hatte mich nur sporadisch bei Bambi gemeldet und mich nicht mal von ihr verabschiedet. Die Tulpen sollten zu ihrer Besänftigung dienen, sollte sie wütend auf mich sein.

„Da wird ihre Frau sich aber freuen. Sie sind nicht so klassisch wie Rosen, sagen aber dasselbe aus." Sie reichte mir den Strauß, welchen ich bezahlte und ich bedankte mich, bevor ich das kleine Blumengeschäft verließ.

Tulpen sagen dasselbe aus wie Rosen? Standen Rosen denn noch für etwas anderes als Liebe? Ich hatte mich nie mit Blumen und deren Bedeutung beschäftigt. Ich fand sie einfach schön, modern und nicht so abgedroschen wie Rosen oder das andere Grünzeug, dessen Namen ich mir nie merken würde. Deswegen hatte ich sie ausgesucht und nicht wegen ihrer Bedeutung.

Eine halbe Stunde später kam ich am Wohnhaus der Organisation an und begrüßte den Wachmann, der momentan Dienst hatte. Der Schutz der Frauen war äußerst wichtig. Einige Ehemänner oder Partner hatten es bereits versucht, sich unbefugt Zutritt zu dem Gebäude zu verschaffen. Jede der Frauen konnte Personen auf eine Liste eintragen lassen, die sie besuchen durften. Alle anderen mussten draußen bleiben.

Mit schnellen Schritten lief ich die Stufen zu ihrer kleinen Wohnung nach oben und hoffte, dass sie da war. Ich klopfte und augenblicklich schlug mein Herz schneller und meine Aufregung stieg. Unglaublich, wie ich Bambi und Terrorkrümmel in den letzten Wochen vermisst hatte.

Die Tür öffnete sich einen Spalt, aber mit dem Gesicht auf der anderen Seite hatte ich nicht gerechnet. „Wer bist denn du?" Hatte ich mich in der Etage geirrt und stand nun vor der falschen Wohnung?

„Ich bin Parker", stellte der kleine Mann sich vor und streckte seinen Rücken durch. Vermutlich um größer zu wirken oder seiner Aussage Ausdruck zu verleihen. „Meine Mommy ist einkaufen und Lya passt auf mich auf."

Zum Glück hatte ich mich nicht in der Tür geirrt und Erleichterung durchflutete mich. „Und wo ist Lya?" Parker machte keinen Schritt zur Seite und hatte scheinbar nicht vor, mich in die Wohnung zu lassen. Ich war ihm deshalb nicht böse, denn Fremde ließ man nicht in die Wohnung und er schien das zu wissen.

„Das Baby muss auf Toilette. Es muss da ganz schön oft hin."

Unglaublich wie nüchtern er es mir erklärte. Er konnte kaum älter als zwei oder drei Jahre alt sein und sprach locker an der Wohnungstür mit mir.

„Was hast du da in der Hand?", fragte er und öffnete die Tür ein kleines Stück weiter.

Ich hob den Tulpenstrauß etwas an und zeigte Parker diesen. „Blumen für Lya." Im nächsten Moment schlug er die Tür vor mir zu. Was war denn nun los?

Unschlüssig stand ich vor der verschlossenen Wohnungstür und wusste nicht, ob ich erneut klopfen sollte, als sich die Tür wieder öffnete.

„Du darfst hereinkommen. Ich habe gefragt." Parker drehte der geöffneten Tür den Rücken zu und lief auf den Wohnzimmertisch zu, auf dem etwas Spielzeug lag. „Aber Lya braucht noch Zeit. Das Baby ist noch nicht fertig."

Seine direkte Art zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Ich mochte ihn und fragte mich, ob alle Kinder in dem Alter so waren. Ich setzte mich zu ihm auf das Sofa und sah dabei zu, wie er Bauklötze aufeinander stapelte. „Du darfst einem Fremden die Tür aufmachen?"

„Ich hab gesagt, dass ein Mann mit Blumen vor der Tür steht. Bist du Blake?", fragte er plötzlich und sah zu mir auf.

„Ja, der bin ich."

Parker sah wieder auf seine Bausteine. „Mommy und Lya haben heute über dich gesprochen."

Nun war ich neugierig. „Und was haben sie gesprochen?"

„Mommy sagt, man soll nicht neugierig sein."

„Was muss ich tun, damit du mir verrätst, worüber sie gesprochen haben?"

Parker schob die Bauklötze zur Seite und sah mich direkt an. „Lya hat ein Baby im Bauch und ich habe gefragt, wie das Baby da reingekommen ist. Aber Mommy und sie wollten es mir nicht sagen. Hat sie es gegessen und deswegen ist es im Bauch? Wie kommt es denn da wieder raus?"

Der Strauß, welchen ich noch immer in der Hand hielt, fiel beinahe aus dieser. Was sollte ich Parker denn nun sagen? „Das sollte deine Mommy dir erklären." Ich hoffte, dass er sich mit meiner Antwort zufriedengab.

„Wieso denn meine Mommy? Ich war ein Geschenk von meinem Daddy. Sie hat mich nicht verschluckt. Hast du Lya das Baby geschenkt und sie hat es aus Versehen verschluckt?"

„Lya!"

UnbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt