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Blake

Manchmal zeigte mir die Frau meiner Träume ihr Temperament und nun wusste ich eindeutig, von wem sie das hatte. Als ich Elena erzählte, was hinter ihren Rücken geplant wurde, stand sie vorsichtig mit Ria in ihren Armen auf und übergab diese an Lya. Danach ging sie, ohne ein Wort zu sagen, nach draußen in den Garten, und sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, begann sie lautstark auf spanisch zu fluchen.

Ich hatte Sorge, dass ich etwas falsch gemacht hatte, doch Lya beruhigte mich und übersetzte mir grob, welche Flüche sie ihrem eigenen Sohn wünschte.

„Grandma wird sich in wenigen Minuten beruhigen", sprach Lya und sollte mit ihrer Prophezeiung recht behalten.

Irgendwann wurde es still und Elena schien wie ausgewechselt, als sie wieder in ihr Wohnzimmer trat. Wenn ich nicht dabei gewesen wäre, hätte ich nie geglaubt, dass sie so fluchen konnte.

„Was genau machst du beruflich?", fragte sie mich, als sie wieder auf ihrem Sessel saß.

Ich räusperte mich und erklärte ihr, dass ich in meiner Tätigkeit als Anwalt auf Firmenrecht spezialisiert war.

„Wollt ihr heute noch zurückfahren oder bleibt ihr eine Nacht? Ich habe immerhin ein Gästezimmer, welches leer steht."

Ich sah zu Lya. Sie sollte diese Entscheidung treffen und ich würde hinter dieser stehen. „Wenn es dir keine Umstände macht", flüsterte sie leise.

„Dann ist es ja beschlossen." Elena stand auf und klatschte in die Hände. „Während ihr euch für die Nacht einrichtet, habe ich noch einen Anruf zu tätigen. Danach würde ich mich gerne mit Blake unterhalten." Mit diesen Worten verließ sie das Wohnzimmer und ließ mich sprachlos zurück.

„Wen denkst du, ruft sie an?"

Lya legte lachend ihren Kopf in den Nacken. „Ich denke, sie wird ihren Anwalt anrufen. Er kann einem leidtun. Wenn sie etwas will, ähnelt sie einer Naturgewalt."

„Das kenne ich von irgendwoher." Nun musste auch ich lachen, bekam aber sogleich einen Ellenbogen in meine Rippen. „Au!"

„Stell dich nicht so an", wies sie mich zurecht, meinte es aber scheinbar nicht böse. „Holst du die Koffer? Ich würde währenddessen versuchen, Ria zu stillen."

Kurz wirkte es hektisch in Elenas Haus. Während Lya mir das Zimmer zeigte, in welchem wir die Nacht verbringen würden, hörte man im Hintergrund Elenas energische Stimme. Wer auch immer am anderen Ende der Leitung war, hatte es alles andere als einfach. Ich holte zuerst die Koffer aus unserem Wagen, nur um im Anschluss das Reisebett für Ria zu holen.

„Ich telefoniere schnell mit Dad", gab ich Bescheid, während Lya mit Stillen beschäftigt war. Ich ging durch das Wohnzimmer in den Garten, um in Ruhe telefonieren zu können. Während ich darauf wartete, dass Dad mein Telefonat entgegennahm, sendete ich ein Stoßgebet in den Himmel. Ich mochte Elena, aber in ihr Kreuzfeuer wollte ich niemals geraten.

„Ist etwas mit Ria?"

„Es ist auch schön, deine Stimme zu hören, Dad", gab ich spitz zurück. „Hier ist dein Sohn. Der Junge, den du großgezogen hast, falls du dich daran erinnerst."

„Ja, ich hab dich auch lieb. Was macht mein Engel? Wann kommt ihr an?"

Genervt verdrehte ich die Augen. Würde ich auch so enden? Der Gedanke war absurd. Ria war noch ein Baby und ich machte mir bereits über mögliche Enkelkinder sorgen. „Morgen. Wir sind bei Lyas Großmutter und bleiben die Nacht noch hier."

„Sehr gut. Es freut mich für Lya, dass sie damit beginnt, sich mit ihrer Familie auseinanderzusetzen." Es war eine ehrliche Freude in seiner Stimme zu hören. „Aber morgen kommt ihr zum Abendessen?"

„Natürlich, aber du müsstest mir noch einen Gefallen tun."

Einige Zeit später beendete ich das Telefonat und verbrachte noch einige Minuten im Garten, bis ich sah, dass sich die angeforderten Dateien in meinem E-Mail-Account befand. Der Anwalt, welchen Dad an Lya vermittelt hatte, hatte bereits im Vorfeld einige Schriftstücke angefertigt. Vielleicht würden wir sie heute nicht benötigen, aber ich hatte dieses Gefühl, dass sich etwas anbahnte. Tief in mir hatte ich die Vermutung, dass ich heute noch auf meine Schwiegereltern treffen würde und dieser Gedanke trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Nicht, dass ich diese nicht zu Händeln wusste, aber wenn Earl noch dazukäme, könnte ich für nichts garantieren. Er sollte sich von meiner Familie fernhalten.

„Wo ist Lya?"

Ich war so in meine Gedankengänge vertieft, dass ich nicht bemerkt hatte, wie Elena nach draußen trat. „Sie ist oben und stillt Ria."

„Etwas seltsam finde ich es schon, dass meine Urenkelin Victoria heißt. Mein Sohn hat Lya einst vergöttert, aber dann hat er sich in den Kopf gesetzt, dass sie nicht seine Tochter wäre."

„Hatten du und dein Mann nie Zweifel daran?", fragte ich und steckte mein Smartphone in die Hosentasche, um ihr meine komplette Aufmerksamkeit zu schenken.

„Nicht eine Sekunde. Es gab einen großen Streit zwischen meinem verstorbenen Mann und Victor, von welchem sich mein Mann nie ganz erholte. Diese Frau hat mit ihrer korrupten Art unsere Familie zerstört."

„Lyas Mutter?"

Elena machte eine abwertende Handbewegung. „Wir sollten nicht über sie sprechen. Ich könnte deine Hilfe gebrauchen. Folge mir bitte. Es wäre mir recht, wenn alles erledigt ist, bevor meine Enkelin dazukommt."

Ich wusste nicht so recht, ob mir gefallen würde, was nun folgte. Doch ich war mir sicher, dass es Lya noch weniger gefallen würde. „Wobei soll ich helfen?"

Sie führte mich in einen Raum, welchen ich hier nicht erwartet hätte. Es gab tatsächlich ein modernes Büro in diesem so schlicht eingerichteten Haus. „Ich bin vielleicht alt, aber nicht von gestern", lächelte sie. „Setz dich." Sie deutete auf den Ledersessel, welcher am Schreibtisch positioniert war.

Zögerlich setzte ich mich und sah zu ihr auf. „Was soll ich tun?"

„Mein Anwalt, besser gesagt mein ehemaliger Anwalt, ist der Mann, welcher von meinem Sohn dazu beauftragt wurde, mich entmündigen zu lassen, um mir meine Anteile zu nehmen", schnaubte sie. „Doch das Schicksal scheint mir in die Hände zu spielen, immerhin bist du nun hier."

„Soll ich eine Gegenklage aufsetzen?"

„Nein, mein Lieber." In ihren Augen blitzte etwas Gefährliches auf. „Ich möchte die 80 Prozent, welche mir gehören, gerne an jemanden überschreiben."

„Also eine Schenkung", schlussfolgerte ich. „Und an wem sollen die Anteile gehen?"

„An Lya."

Ich schluckte. „Das wird ihr nicht gefallen."

„Sie soll damit machen, was sie möchte. Von mir aus kann sie alles verkaufen. Seit Monaten haben wir nichts als Ärger mit der Firma und je größer sie wurde, desto mehr wurde meine Familie zerstört. Ich bin alt, habe mein eigenes Vermögen und genieße meinen Lebensabend. Was soll ich denn mit so viel Geld noch anfangen?"

UnbreakableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt