Blake
Für heute Nachmittag hatte ich im Grunde nichts geplant, doch Mom lag mir ewig damit in den Ohren, dass sie es schade fand, Lya nicht begleiten zu können. Ich wusste sofort, was sie damit bezweckte und es störte mich nicht im geringsten, sie zu fahren. Lya war mir äußerst sympathisch und wir lagen sozusagen auf einer Wellenlänge. Somit lehnte ich an meinem Wagen und wartete darauf, dass sie das Gebäude verließ.
„Hey Freundin!" Ich rief nach Lya, als sie nach draußen trat, doch diese schien, mich gar nicht wahrzunehmen. War sie etwa so aufgeregt, dass sie mich nicht mitbekam? „Bambi!" Nun rief ich lauter und endlich sah sie auf. Weinte sie etwa? Ich stieß mich von meinem Wagen ab und ging auf sie zu. „Bambi, was ist passiert?", fragte ich, als ich vor ihr stand.
Mit roten, tränen unterlaufenden Augen sah sie zu mir hoch. „Was ist, wenn sie krank ist und ich es einfach noch nicht weiß? Wenn sie irgendeine Krankheit hat, die man nicht behandeln kann? Nur weil ich nie zu einer Untersuchung gegangen bin?"
„Die Ärztin hat dir doch gesagt, dass sie gesund ist." Lya hatte mir bereits erklärt, dass sie einmal bei einer Frauenärztin war und sie deshalb wusste, dass sie eine Tochter bekäme.
„Das ist Wochen her! Was soll ich machen, wenn irgendetwas übersehen wurde? Wenn..."
Ich trat näher an sie heran und zog sie in meine Arme. Mit meinen Händen strich ich über ihren Rücken, während ich versuchte, beruhigend auf sie einzureden. „Alles wird gut. Wir fahren jetzt zu der Ärztin und dann wirst du wissen, dass alles in bester Ordnung ist."
Lya hob ihren Kopf und ich war wieder einmal erstaunt, wie klein sie im Vergleich zu mir war. „Aber du wolltest doch zu einer Freundin?"
Lachend legte ich meinen Kopf in den Nacken. „Du scheinst heute wirklich durch den Wind zu sein." Doch auch ich schien verwirrt. Das Gefühl, sie in meinen Armen zu halten, empfand ich als äußerst angenehm. „Ich dachte, wir wären Freunde?"
„Du fährst mit mir zur Untersuchung?"
„Natürlich und nun komm. Es ist an der Zeit, dir zu zeigen, dass mit deinem Terrorkrümmel alles in Ordnung ist." Ich löste mich von ihr und führte sie zu meinen Wagen.
„Nenne sie nicht so", sprach Lya und setzte sich auf den Beifahrersitz, nachdem ich ihr die Tür aufgehalten hatte.
„Du nennst sie doch auch so."
„Ich nenne sie Fussel." Sie verstaute ihre Handtasche im Fußraum und legte sich den Gurt um.
„Das klingt auch nicht besser. Du solltest langsam einen richtigen Namen für sie finden."
Der Verkehr war ruhig und wir kamen rechtzeitig in der Praxis an. Ich hatte zwar nichts dagegen, mit Lya meine Zeit zu verbringen, doch eigentlich hatte ich nie vor, diese Art von Praxis von innen zu sehen. Das war doch eher so ein Frauending. Meine Mom würde mich jedoch an meinem "Ding" packen, sollte ich Lya hier alleine lassen und ihre Tränen bestätigten die Vermutung meiner Mom. Bambi brauchte Unterstützung und dafür war ich da.
Wir meldeten uns am Empfang und die Sprechstundenhilfe gab Lya Stift, Klemmbrett und einen Fragebogen für Neupatienten. Damit setzten wir uns ins Wartezimmer. Bambi, welche rechts von mir saß, füllte fleißig den Bogen aus und ich sah mich um. Ein beklemmendes Gefühl überkam mich. Was sollte ich an einem solchen Ort? Kein Mann sollte hier sein. Niemals!
„Honey, sieh dir das mal an!" Eine Frau, welche weitaus älter war als ich oder Lya, saß uns mit ihrem Partner gegenüber und schien sich über einen Artikel einer Zeitschrift fürchterlich aufzuregen. „Lies dir diesen Mist mal durch!"
Ihr Anhängsel beugte sich herüber, damit er einen Blick in die Zeitschrift werfen konnte. „So helfen Sie schwangeren Obdachlosen." Er las wie ein Drittklässler. „Was meinen die damit?" Er schien auch nicht sonderlich hell im Kopf zu sein. „Solche Frauen sollte man sterilisieren."
Ich bemerkte, wie Lya damit aufhörte den Fragebogen auszufüllen. Automatisch griff ich nach ihre Hand und hielt diese. „Hör nicht hin", flüsterte ich in ihr Ohr. „Die haben keine Ahnung."
Kaum merklich nickte sie mit ihrem Kopf und füllte den Zettel auf dem Klemmbrett weiter aus, welches auf ihren Oberschenkeln lag. Meine Hand hielt weiterhin ihre und ich sah zu ihr herüber auf den Zettel. Die Spalte, in welcher nach dem Vater gefragt wurde, blieb leer, den Rest hingegen füllte sie gewissenhaft aus. „Fragen sie auch irgendwo nach dem Namen des Kindes?"
„Warum sollten sie das tun?" Lya flüsterte, aber die Belustigung in ihrer Stimme konnte ich eindeutig heraushören.
„Na damit du da Terrorkrümmel reinschreiben kannst."
Sie ließ meine Hand los und griff nach dem Klemmbrett, dann schlug sie damit nach mir. „Du bist verrückt."
„Nein, bin ich nicht", lachte ich. „Obwohl du mir das schon einmal unterstellt hast."
Wir verhielten uns so lange wie zwei Halbwüchsige, bis wir unterbrochen wurden. „Sind Sie Miss Davis?" Eine hochgewachsene Frau stand plötzlich vor uns und lächelte auf uns herab. „Ich bin Jenna Taylor. Ihre behandelnde Ärztin." Sie gab Lya die Hand und wandte sich dann an mich. „Und Sie sind?"
„Blake Harrison", stellte ich mich vor und reichte ihr ebenfalls meine Hand.
„Emmas Sohn!" Doktor Taylor schien erfreut zu sein. „Das wusste ich nicht." Sie lächelte mich an und griff dann nach dem Klemmbrett. Was sie damit meinte, dass sie es nicht wusste, verstand ich nicht. Doktor Taylor sah einmal kurz über die Information, las sich alles durch und nahm dann den Kugelschreiber, den Lya daran geheftet hatte. „Da hat ihre Lebensgefährtin glatt vergessen, Ihren Namen einzutragen." Sie trug etwas auf dem Informationszettel aus und lächelte uns dann wieder an. „Das passiert aber vielen Erstgebärenden."
Meinen Namen? Dachte sie etwa, ich wäre der Vater? Wie sollte ich das nur Mom erklären? Natürlich wusste sie, dass ich nicht der Vater von dem Baby war, aber eine solche Unterstellung könnte zu allem möglichen führen. Nachher dachte Mom noch, dass Lya und ich eine Beziehung führen würden. Sie würde sich riesig freuen, denn sie mochte Lya und würde sich dementsprechend auch über ein Enkelkind freuen. Ganz egal, ob es ihr leibliches wäre.
Lya neben mir lachte und schien sich köstlich über die Verwechslung zu amüsieren. „Willst du denn nichts sagen?", fragte ich sie.
Doch Lya schüttelte nur lachend ihren Kopf. „Du solltest mal sehen wie blass du bist. Darf ich ein Foto davon machen?"
„Dann folgen Sie mir bitte ins Untersuchungszimmer." Doktor Taylor ging vor und wir folgten ihr. „Sie können Ihrer Lebensgefährtin gerne beim Umziehen helfen. Es gibt den meisten Frauen Sicherheit, wenn der Partner dabei ist."
Nun war es Lya, welche blass wurde und mich mit großen Augen ansah. Diese Untersuchung wurde gerade interessant.
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Unbreakable
RomanceSolange sie denken kann, bevorzugt Lyas Familie ihre kleine Schwester. Scheinbar auch ihr eigener Ehemann. Earl will sich von Lya scheiden lassen, um ihre jüngere Schwester heiraten zu können und niemand in der Familie scheint ein Problem damit zu h...