Ich war etwas überrascht, denn eigentlich erwarteten wir keinen Besuch, doch die Überraschung, die mich erfasste, als ich die Tür öffnete, war nochmal um einiges größer. Mir klappte der Mund auf und es war, als hätte ich jegliche Kontrolle über meinen Körper verloren.
Vor mir stand Emma, hinter ihr der rosegoldene Koffer, den sie so sehr liebte. Ihre Haare waren zu einem Zopf zusammen geflochten, aus dem sich ein paar Strähnen gelöst hatten. Meine Schwester war wieder da! Träumte ich etwa?
»Hey...ich hab dich vermisst. Ich wollte euch wirklich eine Nachricht schreiben, damit ihr euch keine Sorgen machen müsst, aber Philip hat immerzu auf mich eingeredet und gesagt, dass ich euch einfach lassen soll. Er hat mich angeschrien und jetzt hab ich Schluss gemacht. Ich wollte zu euch zurück. Philip hat mich zwar im ersten Moment glücklich gemacht, aber wenn es nicht nach seinem Willen gegangen ist, dann ist er ausgeflippt«, redete Emma einfach drauf los.
Ich stand nur da und wusste nicht, was ich machen sollte. Einerseits war ich sauer auf sie, weil sie uns einfach im Stich gelassen hat und mit einem wildfremden Typen mitgegangen war, aber andererseits war ich einfach nur froh, dass sie nun hier stand. Sie war wieder nach Hause gekommen, wie ich es gesagt hatte.
Sanft zog ich Emma zu mir und nahm sie in den Arm. Nun fing das Mädchen an, zu schluchzen.
»Es tut mir so leid. Ich bereue das alles so sehr. Bitte hasst mich jetzt nicht«, flüsterte sie und drückte sich fest an meine Brust. Nein, sauer war ich nicht. Ich war einfach nur verdammt erleichtert, sie nun wieder in meinen Armen halten zu können.
»Hör zu, Mum ist wieder rückfällig geworden. Sie braucht uns jetzt.«
Emma löste sich ein bisschen von mir, um mir ins Gesicht sehen zu können. Das reine Weiß ihrer Augen war nun blutrot angelaufen. Sie schniefte und nickte langsam.
»Verdammt, das ist nur meine Schuld.« Sie schüttelte den Kopf und strich sich die widerspenstigen Haare hinters Ohr.
Gerne hätte ich etwas gesagt, das sie beruhigte, doch das konnte ich nicht, wenn ich bei der Wahrheit bleiben wollte. Emma war fort gegangen und Mum wurde krank vor Sorge. So war es gewesen.
Ich nahm Emma den Koffer aus der Hand und blickte sie an. »Sie liegt oben in ihrem Schlafzimmer. Geh zu ihr und erklär ihr alles«, sprach ich zu ihr und Emma ging ohne Widerworte.
Schnell zog ich den Koffer ins Innere des Hauses und hörte die gedämpften, leisen Stimmen von Emma und unserer Mutter. Ich war froh, dass sie wieder da war, auch wenn ich nicht mehr daran geglaubt hatte, dass sie zurück kommen würde. Der Hass auf Philip verstärkte sich nur noch, als ich daran dachte, was er Emma alles angetan hatte. Er hatte ihre Meinung beeinflusst, ihr seinen Willen aufgezwungen und ihr mehr oder weniger verboten, mit uns in Kontakt zu treten. Was war das für ein Mensch? Konnte man so jemanden überhaupt noch als Mensch bezeichnen?
Leicht schüttelte ich den Kopf und trug den Koffer in Emma's Zimmer, wo sich schon eine traurige Staubschicht gebildet hatte. Dann ging ich ebenfalls zu Mum ins Zimmer und lächelte, als ich sah, dass Emma neben ihr im Bett lag, den Arm unserer Mutter um sich und beide friedlich schlafend. Vorsichtig trat ich wieder aus dem Zimmer, zog hinter mir die Tür zu und verzog mich dann in mein Zimmer, wo ich erstmal mein Handy zückte und die Social Medias abcheckte.
Oscar hatte tatsächlich ein Bild gepostet, aber es war nicht nur irgendein Bild. Es war eins, auf dem wir zusammen drauf waren, uns küssen und glücklich waren. Die Bildunterschrift lautete:"Fuck you haters".
Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich ließ mich langsam nach hinten sinken. Nun schien endlich alles gut zu werden. Emma war wieder zuhause, Oscar stand zu mir und Hendrick war eben einfach Hendrick. Der kritische beste Freund, der einen immer aus der Scheiße zog, egal wie tief man bereits drinnen steckte.
Müde drehte ich mich zur Seite. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Zuerst der Schock mit der Depression von Mum, die wieder da war, dann das plötzliche Auftauchen von meiner Schwester. Ich hatte mir den Schlaf eindeutig verdient. Lange dauerte es auch nicht, bis ich im Land der Träume angelangt war und ich genoss das Gefühl von Sorglosigkeit. Lange hatte ich dieses nicht mehr verspürt, doch es sah ganz danach aus, als würde ich es in Zukunft öfter fühlen dürfen.
****
Als ich meine Augen wieder öffnete, betrat gerade meine gut gelaunte Schwester mein Zimmer.
»Wow, du hast ja ein perfektes Timing. Ich wollte dich gerade zum Frühstück wecken. Mum macht Pancakes«, flötete sie und zog mir die Decke weg. Ich hasste es, wenn das jemand tat selbst wenn es meine Schwester war.
»Wie geht es Mum?«
»Sie sieht gut aus. Ich hab gesehen, wie das Medikament genommen hat, das ihr beim letzten Mal auch geholfen hat. Sie hatte wohl noch ein paar übrig und sie meinte, dass wir das hinbekommen würden und wir in den Weihnachstferien in den Urlaub fahren. Oscar kann auch mitkommen, meinte sie. Seid ihr also wieder zusammen?« Sie grinste mich breit an und ich verdrehte leicht die Augen.
»Das ist gut, aber sie soll sich nicht übernehmen und ja, ich und Oscar sind wieder zusasmmen«, sprach ich und Emma quiekte erfreut auf.
Ich fand es süß, dass sich so viele darüber freuten, dass Oscar und ich wieder zueinander gefunden hatten. Das zeigte mir, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Langsam schälte ich mich aus dem Bett und ging zusammen mit meiner Schwester nach unten, wo es schon herrlich nach essen roch. Unsere Mutter begrüßte mich mit einem fröhlichen Lächeln und ich hoffte, dass die Medikamente auch dieses Mal wieder halfen.
Ich setzte mich an den Tisch und schon landete ein frischer Pancake auf meinem Teller, den ich sofort verspeiste. Ja, so fingen die guten Tage an. Ich aß alles brav auf und half im Anschluss beim Abwasch. Unsere Mutter teilte uns den Plan für heute mit. Zuerst würden wir in den Zoo und dann ein Eis essen gehen. Oscar sollte mitkommen, der natürlich sofort dabei war. Vor ein paar Monaten hätte ich noch nicht gedacht, dass ich durch so eine Hölle gehen musste, bevor alles wieder gut wurde.
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Next to my Ex
Ficção Adolescente𝐃𝐢𝐞 𝐋𝐢𝐞𝐛𝐞 𝐬𝐞𝐢𝐧𝐞𝐬 𝐋𝐞𝐛𝐞𝐧𝐬 𝐯𝐞𝐫𝐠𝐢𝐬𝐬𝐭 𝐦𝐚𝐧 𝐧𝐢𝐞. Magnus und Oscar. Sie galten als DAS TRAUMPAAR ihrer Schule, doch es ging auseinander. Oscar zog aus der Stadt und Magnus war der Meinung, ihn nie wieder zu sehen, doch plöt...