Kapitel 41

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Die meiste Zeit verbrachten wir damit, an die Decke zu starten und zu schweigen

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Die meiste Zeit verbrachten wir damit, an die Decke zu starten und zu schweigen. Es war keine peinliche Stille, eher eine angenehme. Jeder durfte seine Gedanken zu Ende denken, wurde nicht vom jeweils anderen dabei gestört und das fand ich so schön. Wir konnten nicht nur zusammen lachen und reden sondern auch gemeinsam schweigen.

Als gegen Nachmittag die Tür auf ging, sahen wir auf. Meine Mutter kam herein. Sie sah uns besorgt an, verharrte im Türstock und musterte uns. Dann schüttelte sie langsam den Kopf und ein leichtes, liebevolles Lächeln legte sich auf ihre Lippen.
»Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich die nächsten paar Jahre nicht mehr hier her muss, um eines meiner Kinder zu besuchen«, sagte sie und trat zu unseren Betten.

In ihren Händen trug sie einen weißen Umschlag, den sie mir reichte und dabei geheimnisvoll lächelte.
Zögernd nahm ich ihn und sah zu Oscar hinüber, doch er schien nicht eingeweiht zu sein, denn er reckte neugierig seinen Hals.

»Wo ist Emma?«, fragte ich.
»Zuhause. Sie wollte nachkommen. Emma hat ein paar Sachen für dich zusammen gepackt und die wollte sie noch bringen.«

Ich lächelte. Meine Schwester war einfach die Beste.
»Mach auf.«
Meine Mutter deutete auf den Umschlag in meinen Händen und ich begann, die Klebestreifen zu lösen, mit denen der Brief verschlossen war.
Oscar rückte näher an mich und ich zog schließlich vier Tickets heraus. Vier verdammte Flugtickets für LA.

Entgeistert sah ich meine Mutter an, glaubte nicht so recht, dass das gerade wirklich passierte, doch es war die Wirklichkeit. Unsere Weihnachtsferien würden wir in L.A. verbringen.

»Mum...das ist...du bist verrückt«, flüsterte ich nur ehe ich mich auf setzte und sie sanft in den Arm nahm.

Oscar sah uns ein wenig betrübt dabei zu. Seine Mine war traurig und als ich zu ihm hinüber sah, senkte er schnell den Blick, aus Angst ich hätte gesehen, dass er nicht bis über beide Ohren strahlte.

»Ist alles okay?«
Vorsichtig wandte ich mich ihm ganz zu. Meine grünen Augen scannten ihn ab, so als könnte ich das Problem erkennen, aber das ging nicht. Leider.

Oscar sagte nichts. Er zuckte mit den Schultern und biss sich auf die Unterlippe.
»Ich weiß nicht... Ich... ihr seht so glücklich aus. Ich hätte auch gerne eine Familie, die mich so liebt, wie dich.«

Ich schluckte schwer. Noch nie hatte ich mir wirklich ernsthafte Gedanken gemacht, wie es wäre, wenn man sich von seiner eigenen Familie distanzieren musste. Natürlich hatte ich das nicht. Ich musste ja auch nie darüber nachdenken. Anders als Oscar. Er hatte sich für mich entschieden. Dafür, der zu sein, der er war und sich nicht mehr zu verstecken, bloß weil er schwul war, aber mir war nie wirklich klar gewesen, was es einen an Kraft forderte, diesen Schritt zu gehen.

»Aber Oscar. Du gehörst doch zu unserer Familie«, meinte meine Mutter sanft und nahm den Jungen sanft in die Arme. Sie drückte ihn kurz und deutete dann auf den Umschlag, den ich noch immer in der Hand hielt.
»Vier Tickets. Du kommst natürlich mit.«

Mein Freund fing an, zu lächeln und ich war erleichtert, denn dieser Gesichtsausdruck gefiel mir um einiges besser.
»Danke, das ist wirklich lieb.«

Meine Mutter blieb noch einige Zeit, aber dann kam Emma dazu, brachte mir eine voll gepackte Reisetasche, die sie mir neben das Bett stellte und leider mussten sie dann auch schon gehen.
Emma musste noch lernen und meine Mutter musste kochen.
Es war nicht schlimm. So hatten ich und Oscar wieder ein wenig Zeit für uns alleine.

Schweigend warteten wir, bis die Tür zu unserem Zimmer wieder ins Schloss gefallen war und selbst danach sprachen wir nicht.

Ich tastete nach der Hand von Oscar und drückte sich leicht. Dieser erwiderte den Druck und bescherte mir dadurch ein Lächeln.

»Was wolltest du mir eigentlich zeigen?«, durchbrach ich schließlich die Stille.

»Hm?«

Oscar sah zu mir herüber und ich erwiderte seinen Blick sanft. Zärtlich strich ich mit meinem Daumen über seinen Handrücken und konzentrierte mich auf die wundervollen Augen Oscars.

»Als wir mit dem Auto nochmal los sind. Was wolltest du mir da zeigen?«

Oscar lächelte mir warm entgegen.
»Das sage ich dir nicht. Das wird eine Überraschung, wenn wir beide hier raus sind.«

Entgeistert sah ich ihn an und setzte mich ruckartig auf. Wieder zuckte ich leicht vor Schmerz, aber ich ignorierte es.
»Du willst mich doch verarschen. Ich warte ganz sicher nicht so lange«, sagte ich und Oscar musste lachen.
Augenblicklich grinste ich ebenfalls und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Sag jetzt!«

Oscar verdrehte leicht die Augen.
»Himmel, du bist schlimmer als ein Kleinkind.«

Wieder musste ich kichern und wartete gespannt darauf, bis Oscar mir sagte, was er für uns an diesen unglücklichen Abend geplant hatte und dann begann er zu sprechen.

»Ich hab mir sagen lassen, dass es außerhalb der Stadt einen Hügel gibt, auf dem man die ganze Stadt überblicken und die Polarlichter beobachten kann. Es war ja schon dunkel. Ich wollte mir dir dort hin und dann einfach in den Himmel blicken und die Schönheit der Natur bewundern. Daraus ist aber leider nichts geworden, also müssen wir das nachholen«, erzählte Oscar und mein Herz schmolz dahin.

Ich liebte Polarlichter. Früher war ich als Kind immer mit meiner Schwester nachts von Zuhause abgehauen und auf irgendeinen Hügel gelaufen, von dem aus wir uns das Spektakel angesehen hatten. Oscar hatte sich das gemerkt. Er hatte sich das tatsächlich über ganze sechs Jahre gemerkt und wollte mich damit überraschen.

Vorsichtig krabbelte ich zu ihm, beugte mich über ihn, das ziehen der Kabel ignorierend und küsste ihn einfach.
Ich bewegte meine Lippen gegen seine, genoss die Zartheit seiner Haut unter meinen Fingern.
Oscar brummte zufrieden in den Kuss und strich über meinen Rücken. Wir waren einfach zwei verschlungene Körper, die zu einer Einheit wurden.

»Danke. Das holen wir auf jeden Fall nach«, hauchte ich ihm zu und Oscar lächelte.
»Ganz sicher sogar«, schnurrte er und strich durch meine Locken.
Ich war unglaublich glücklich. Der glücklichste Junge der ganzen Welt und das nur dank Oscar.

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