Geschichte. Eines meiner absoluten Lieblingsfächer. Während ich schon längst meinen Collegeblock und meinen Ordner auf meinem Platz positioniert hatte, ließen sich Cathrin, Aria und Scarlett ordentlich Zeit. Sie kamen fast zeitgleich mit Misses Newberry herein.
Wo bleibt nur Oliver? schwirrte es in meinem Kopf umher. Zu spät zum Unterricht kommen, konnte ich mir gut bei ihm vorstellen. Mir gegenüber hatte er ja auch freiwillig vor wenigen Tagen offenbart, dass er nicht viel Wert auf Pünklichkeit legte. Aber würde er dann nicht eigentlich zusammen mit Cathrin kommen?
Misses Newberry stand vorne am Pult und blickte auf den leeren Stuhl, der neben mir stand. Doch sie äußerte sich nicht dazu. Sie war es bestimmt schon längst gewohnt, dass er später, geschweige denn überhaupt kam.
"Also dann!", die junge Lehrerin klatschte mit einem ehrlichen Lächeln in die Hände, um den Gedanken von Olivers Abwesenheit zu verdrängen. Alle Stühle quietschten auf dem Parkettboden, als sich die Schüler der ganzen Klasse erhoben und Misses Newberry formell begrüßten.
"Setzt euch bitte", sagte sie freundlich und widmete mir dann augenblicklich ihre Aufmerksamkeit: "Ich denke, du musst heute leider alleine an der Präsentation arbeiten. Oliver verspätet sich wohl."
Ich nickte ihr verständnisvoll zu, bevor ich mich über das Thema hermachte. Die letzte Stunde war ich eigentlich auch schon die Einzige von uns beiden gewesen, die wirklich etwas dazu beigesteuert hatte. Oliver hatte nur da gesessen und mich beobachtet, wie ich Seite für Seite umgeblättert hatte, um ein geeignetes Thema zu finden. Von daher besaß ich nicht wirklich die Schwierigkeit, für mich allein konzentriert zu arbeiten.
Ich holte mein Heft heraus und begann einige Stichpunkte zu unserem Thema aufzuschreiben. Zugegeben, ich hatte uns nicht gerade das Einfachste herausgesucht.
Nach ungefähr fünfzehn Minuten öffnete sich die Tür und herein kam ein schwarzhaariger Junge mit blauen Augen.
"Sorry, dass ich zu spät bin", äußerte sich Oliver, während die Lehrerin noch vorne stand und etwas mit einer anderen Gruppe besprach, die anscheinend ihre Hilfe benötigte. Mit einer Hand in der Tasche schaute er locker in die Runde, als wäre es völlig natürlich, dass man zum Unterricht kommen konnte, wann es einem passte.
"Oliver", Misses Newberry schaute zu ihm und weigerte sich zu fragen, wieso er zu spät war. Vermutlich wusste sie die Antwort darauf schon längst, weil es öfter vorkam. - "Setz dich zu deiner Partnerin und arbeite diesmal bitte auch mit", forderte sie ihn nett auf, wie man es von ihr gewohnt war.
Daraufhin schlenderte Oliver durch die Klasse. Seine Kapuze hing ihm knapp auf Stirnhöhe, worunter er Earphones versteckte, ohne dass auch nur ein Lehrer ihn damit erwischen konnte. Erst, als er sich neben mir niederließ und sich etwas weiter zurücklehnte, reichte ich ihm das Buch mit der aufgeschlagenen Seite und deutete auf eines der Bilder: "Kannst du in der Präsentation dieses Bild erklären?"
"Klar doch", meinte er und nahm einen der Stecker aus dem Ohr, um mich etwas besser verstehen zu können: "Was war noch mal unser Thema?"
Wenn es nicht Oliver gewesen wäre, der mich so bezaubernd ansah und mir zulächelte, hätte ich jetzt irgendeinen blöden Kommentar von mir gegeben, wie er es nach so wenigen Tagen schon wieder vergessen konnte.
Ich atmete leicht durch, um ihm das Thema noch einmal ruhig ins Gesicht zu sagen.
"Das Attentat von Sarajevo." Olivers Augen wurden schmaler. Die Augenbrauen bildeten eine verwirrte Linie, als würde ich eine andere Sprache sprechen, die er nicht verstand. Also versuchte ich einen zweiten Ansatz: "Der Auslöser für den Ersten Weltkrieg. Franz Ferdinand und seine Frau Sophie wurden von einem Mann aus Serbien erschossen in Sarajevo."
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See the truth | ✓
JugendliteraturJennifer denkt nicht im Entferntesten daran, dass sich ihr Leben um hundertachtzig Grad drehen könnte. Ihre Heimat segelte zuvor immer auf den Wellen. Nach ihrem Umzug in die Kleinstadt Elizabeth City gerät ihr vorgeplantes Leben auf den Weltmeeren...