Wenn Luke glaubte, er könnte mir sagen, was ich zu tun hatte, dann hatte er sich gewaltig geirrt. Das hatte ich ihm schließlich gestern schon versichert und daran hatte sich auch nichts geändert. Unser Friedenspakt konnte daran rein gar nichts ändern.
Nachdem ich mich für ein schlichtes rotes Kleid entschieden hatte, das mir bis zum Knie reichte und ich meine Haare ordentlich von Kletten befreit hatte, war es bereits eine halbe Stunde nach neunzehn Uhr. Ich hatte mich sogar noch extra für den heutigen Anlass extravagant geschminkt, was mich viel Zeit gekostet hatte. Im Nachhinein ärgerte ich mich darüber, dass es reine Zeitverschwendung war, da ich in meinem Gesicht kaum einen Unterschied zu vorher vorfand.
Ich lauschte still an der Zimmertür und prüfte, ob meine Eltern außer Reichweite waren. Zum Glück hielten sie sich gerade im Keller auf, wo meine Mom sich darüber aufregte, dass die Garantie des kaputten Trockners so gut wie abgelaufen war.
Ein Blick hinaus zum Fenster versicherte mir, dass Luke mich nicht schon wieder auf Schritt und Tritt verfolgte. Ich hatte sogar das Licht in meinem Zimmer ausgelassen, damit ich komplett in der Dunkelheit untertauchen konnte.
Als die Luft schließlich rein war, öffnete ich vorsichtig die Tür, schlüpfte hindurch und schritt die Treppen ebenso leise hinunter. An der Haustür angekommen steckte ich mir noch den Haustürschlüssel in die Tasche und hoffte sehnlichst, dass meine Eltern das Verschwinden des Schlüsselbunds nicht bemerken würden.
Als ich draußen angelangt war, fluchte ich leise. Sie würden es ganz sicher merken, dass die Schlüssel fehlten und dann würden sie entdecken, dass ich nicht mehr da sein würde. Also steckte ich ihn zurück an seinen Platz und ließ die Haustür unverschlossen.
Am Chatter angelangt dröhnte wieder die schreckliche Musik in meine Ohren. Es war irgendein im Gleichtakt klingender Techno-Song, der sicherlich nicht die Chance darauf hatte, mir einen Ohrwurm zu verpassen, geschweige denn mir überhaupt im Gedächtnis zu bleiben.
Ich quetschte mich durch die tanzende Menge. Dabei hatte ich mir vor einigen Stunden genau das richtige Bild der ganzen, tanzenden Leuten vorgestellt. Ich hätte schwören können, dass irgendjemand seinen Drink auf mir vergoss, doch ich fand keine Gelegenheit, diese Vermutung zu überprüfen.
"Hey Jenny", begrüßte mich Dan und lächelte mir freundlich zu, als ich bei der Clique angelangt war.
"Hey", antwortete ich und suchte mit meinen Blicken nach Oliver, den ich erst kurze Zeit später sah. Zusammen mit Cathrin. Sie saß mit ihrem Rücken angelehnt an Oliver auf einer roten Couch. Die Wut fing in mir an aufzulodern und ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl, was diesen Abend anging. Mittlerweile wünschte ich ernsthaft, ich hätte auf Luke gehört und wäre nicht gekommen.
"Baby." - Oliver stand auf und kam zu mir, um mich daraufhin fest in den Arm zu nehmen. Als er mich wieder losließ, fügte er hinzu: "Wie schön, dass du gekommen bist. Wir wollten gerade Wahrheit oder Pflicht spielen."
Na toll! Was hatten die bloß für ein Problem mit diesem Spiel?
Ich schaute zu Cathrin, die mit hochgezogener Augenbraue und selbstgefälligem Lächeln immer noch dort saß und mich mit ihren Blicken herausforderte.
"In Ordnung", sagte ich und setzte mich zu den anderen. Alle hielten wieder die roten Plastikbecher in ihren Händen und schenkten sich alle fünf Minuten großzügig nach. Anhand der Flaschenform und der Farbe des Etiketts befürchtete ich, dass der Alkohol hoch konzentriert war.
Auf die Frage: "Wer beginnt?", von Ethan hatte er das große Vergnügen selbst.
"Oliver", fing er an. Die Runde war wie erstarrt und alle Augen waren auf ihn gerichtet: "Wahrheit oder Pflicht?"
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See the truth | ✓
Novela JuvenilJennifer denkt nicht im Entferntesten daran, dass sich ihr Leben um hundertachtzig Grad drehen könnte. Ihre Heimat segelte zuvor immer auf den Wellen. Nach ihrem Umzug in die Kleinstadt Elizabeth City gerät ihr vorgeplantes Leben auf den Weltmeeren...