47 - Ein Sprung ins kalte Wasser

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Zur Wiedergutmachung bestand Marilyn darauf, dass ich ihr nichts erzählen musste, wenn ich mich nicht in der Lage dazu fühlte. Aber genau das war der Grund, weshalb ich hier war. Ich wollte mit ihr darüber reden. Ich brauchte eine Verbündete, die mich verstand.

Ich begann mit dem, was Oliver erzählt hatte. Den Alkohol ließ ich absichtlich aus dem Spiel, genauso wie den Part mit dem Ins Bett kriegen. Ich stellte es einfach dar, als wäre es Anna zu schnell in ihrer Beziehung gegangen und dass das der Grund für die Trennung gewesen wäre.

"Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Anna auch Mal seine Freundin war. Und dass die Clique und Luke sich deshalb gestritten haben, war mir auch nicht klar. Ich dachte immer, Luke hätte eines Tages einfach gewusst, dass sie falsch sind."

"Ja, das dachte ich auch. Aber da habe ich mich wohl geirrt."

Als ich zum Teil mit Annas Tod kam, überlegte ich erst, ob ich Marilyn erzählen sollte, dass Oliver ihren Tod als Suizid dargestellt hatte, denn ich bezweifelte das sehr stark. Ich tat es dennoch.

"Oliver meinte, Anna hätte Suizid begangen. Ich glaube nicht daran. Cathrin hat ihr sicherlich Schuldgefühle gemacht, dass sie Schuld am Streit der Clique wäre."

"Wenn Cathrin ihr wirklich eingeredet hat, dass sie verantwortlich wäre, dann hätte das ganz sicher nicht zum Suizid geführt - nicht bei Anna. Dahinter muss was anderes stecken. Außerdem wurde ja auch nachgewiesen, dass noch eine zweite Person bei ihrem Tod anwesend gewesen sein musste", überlegte die Schwarzhaarige weiter.

"Ich werde der Sache auf den Grund gehen." - Ich betrachtete kurz mein Handydisplay mit Cathrins Nachricht darauf.

Treff mich heute Abend an der Brücke.

Redete sie etwa von der Brücke, von der Anna Cooper angeblich gesprungen war? Jetzt ergab es auch einen Sinn, dass Oliver dort nach unserem Date stehen geblieben war. Ihm waren die Erinnerungen an Anna wieder hochgekommen. Der Ring stammte sicherlich auch von ihr. Ein Geschenk von ihr.

"Bist du noch sehr wütend auf meinen Bruder?", fragte Marilyn mit nachdenklichen, unschuldigen Augen.

"Ja, aber nicht mehr so sehr. Es wird sich sicherlich bald alles klären", versicherte ich ihr.

Eigentlich brannte ich immer noch vor Wut. Aber langsam kam ich in den Geschmack, dass da wirklich nur ein großes Missverständnis vorlag. Ich wollte es gerne glauben. Es bestand sicherlich noch Hoffnung.

"Ich muss los und noch etwas besorgen, bevor ich Cathrin befrage", meinte ich und erhob mich vom Stuhl. Marilyn machte es mir gleich und hielt mich noch kurz vom Gehen ab.

"Bevor du gehst, schulde ich dir noch was." - Sie überreichte mir einen Zettel mit einer Nummer darauf. - "Ruf mich an, wenn es was Neues gibt."

Ich nickte und umarmte sie zum Abschied. Sie war wirklich eine gute Zuhörerin und Freundin. Sie hatte meine Probleme wirklich nicht verdient, auch wenn sie sich dafür zu interessieren schien.

Zum Glück schaffte ich es, ohne Luke dabei über den Weg zu laufen, aus dem Haus. Noch eine Begegnung hätte ich nicht mehr verkraftet. Zu groß wäre die Verzweiflung und der alte, aufkommende Schmerz gewesen.

***

Abends auf der Brücke wartete Cathrin bereits ungeduldig auf mich. Es war, als hätte ihre Anwesenheit alle Autos von der Straße verscheucht. Sicherlich lag es daran, dass es schon so spät war. Die Sonne ging bereits langsam am Horizont unter, aber verwehrte dem Wasser nicht seinen schönen Glanz, wie von tausend Kristallen erzeugt.

Ich schenkte mir die Begrüßung und ging nur auf die böse Hexe zu.

"Hast du Anna eingeredet, dass die Clique sich ihretwegen auseinander gestritten hat?", fing ich unsere kleine Unterhaltung an.

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