14 - Die Cheerleaderwette

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Zum Glück hatte ich heute weder Geschichte noch Literatur, weswegen ich den Personen - die ich momentan nicht sehen wollte - nicht über den Weg laufen musste.

Ich hatte mich nicht nur wieder einmal mit Luke gestritten - wobei ein einfaches Buch, das vor einigen Jahrhunderten geschrieben wurde, der Auslöser war. Auch Oliver war wahrscheinlich immer noch wegen meiner Frage sauer auf mich. Das alles raubte mir den letzten Nerv - ganz zu schweigen von der Pflichtaufgabe, die noch ausgeführt werden musste. Ich war mir unsicher, ob das überhaupt noch möglich erschien, nach allem, was zwischen Oliver und mir vorgefallen war.

Ich mied also jeden Kontakt zu den beiden und zu Cathrin und der Clique sowieso. Sie würden mich sicherlich nur klein machen wollen, was für ein verletzliches Thema ich angesprochen hatte - obwohl ich mit meiner Forschung ehrlich gesagt nicht wirklich weiter gekommen war.

Trotzdem grübelte ich immer noch weiter, gerade wegen dem, was Cathrin mir erzählt hatte. Luke hatte alle im Stich gelassen, als sie ihn gebraucht hatten.

Wenn Luke von der Clique ausgestoßen worden war - was mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der Fall war - dann würde das auch sein abstoßendes Verhalten zu der Clique und vor allem zu Oliver erklären. Das würde mich allerdings wieder zu der Frage bringen, weshalb Luke ausgeschlossen wurde?

Das ganze komplizierte Nachdenken bereitete mir langsam Kopfschmerzen. Ich massierte mir die Schläfen und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Die Mathematikaufgaben konnten einen Moment ruhen. So eilig hatten sie es dann doch nicht, ausgerechnet zu werden und irgendwo auf einem Blatt Papier zu stehen. Später wären sie dann bereit, im Altpapier zu landen, weil sie niemand mehr brauchte und sie nur verstaubten.

Ich strich mir mit einer Hand durchs Haar und folgte dann hinunter zu meinem Schlüsselbein. Der nagende Schmerz schien sich weiter in mir auszubreiten und mir keine Ruhe zu lassen. Unmöglich mich konzentrieren zu können, versuchte ich mich mit dem Kneten meiner Hände abzulenken, bis es schließlich gar nicht mehr auszuhalten war.

"Kann ich kurz zur Krankenschwester?", bat ich meine Lehrerin, deren Namen ich bereits wieder vergessen hatte. Freundlich nickend gewährte sie es mir.

***

Meine Sohlen quietschten unter den alten Fliesen des Altbaus und hinterließen geistliche, schallende Geräusche in dem einsamen Flur. Alles, was ich sonst noch hörte, war mein Herz, das sich über die anhaltenden Schmerzen beschwerte.

Einen Augenblick später traf ich schließlich im Lehrertrakt ein und setzte mich auf einen der Stühle, der unter meinem Gewicht laut aufknartschte.

Außer einigen Lehrern, die eine Ecke weiter den Kopierer bedienten, der jedes Mal aufjaulte, sobald ein neuer Auftrag in Angriff genommen wurde, war ich alleine. Der Lärm dröhnte mir in den Ohren und machte meine Kopfschmerzen keines Wegs einfacher zu ertragen. Ich hoffte, bald in den kleinen Krankenraum zu gelangen.

"Nächster bitte", sagte eine ältere Stimme einer Frau, als die Tür geöffnet wurde. Vorsichtig stand ich auf und schlich hinein. Der Raum roch nach Medikamenten, Unwohlsein und Übelkeit. Außerdem ließ mich der Raum eher an ein Büro erinnern, als an einen Rückzugsort, an dem man sich wohlfühlen sollte.

"Nimm Platz, Schätzchen", forderte die ältere Frau mich auf, woraufhin ich sie zu mustern begann. Das Alter hatte sie bereits in Falten gelegt und ihre grauen Strähnchen fielen ihr ins Gesicht. An ihrem Oberteil las ich ihren Namen Misses Johnsen. Auch sie erinnerte mich keineswegs an eine Krankenschwester.

"Nenn mich bitte Barb, Liebling", begrüßte sie mich und ließ sich in den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen. Ihre Hände faltete sie zu einer Raute, während ich mich immer noch vorsichtig in den gegenüberliegenden Sessel niederließ.

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