Am nächsten Morgen öffnete ich langsam meine Augen und wurde von der aufgehenden Sonne geblendet, die als halbe Scheibe am Horizont stand. Nach der Jahreszeit und dem Sonnenstand zu urteilen, konnte es kaum später als sieben Uhr sein. Trotz des angenehm kühlen Morgens fühlte sich mein Hals trocken und ich mich selbst klebrig an.
Ich langte neben mich zu Luke, der noch friedlich schlief. Sein Gesicht wirkte so ruhig und funkelte im Glanz der Sonne. Mein Blick verweilte kurz. Ich wollte dieses Bild einfangen, es speichern und es nie mehr vergessen. Wenn wir einst alt und grau wären, wollte ich mich an diesen Anblick erinnern. Und sollten wir einmal streiten, müsste ich ihm einfach vergeben, wenn dieses Bild vor meinem geistigen Auge erscheinen würde.
Einen Augenblick später stand ich vorsichtig auf und versuchte aus der Ladefläche zu klettern. Das war nicht so leicht, wie es sich vielleicht anhörte. Ich musste besonders acht auf Lukes Beine geben, damit ich nicht auf sie trat.
In der nächsten Minute stand ich sicher auf dem Parkplatz, in der anderen wurde ich von einer wütenden Stimme hinter mir angefahren. - "Miss, Sie wissen doch, dass Sie hier nicht außerhalb der Nachtruhe parken dürfen!"
Mein Herz blieb stehen, als ich wild umherwirbelte und einer Polizistin mit dunkelfarbiger Haut in die Augen schaute. Das Blau stand ihr besonders gut, doch es vertrug sich irgendwie nicht mit ihrem grimmigen Gesichtsausdruck.
Dafür, dass keine Nachtruhe mehr herrschte und es Sommer an einem Strand war, war hier erstaunlich wenig los. Als wäre die Stadt wie ausgestorben. Nur der Pick-up stand hier seelenruhig auf dem leeren Parkplatz.
"Entschuldigen Sie bitte. Ich hatte keine Ahnung davon. Wir werden hier sofort wegfahren."
"Tun Sie das. Aber ich muss Sie daran erinnern, dass sie einige Minuten über der kostenlosen Parkerlaubnis drüber sind und ich dazu verpflichtet bin, Ihnen nun eine Geldstrafe auszustellen."
Ich schluckte. Soweit ich wusste, hatte keiner von uns Geld mit hierher gebracht.
"Wie lange haben wir denn überzogen?", fragte ich vorsichtig.
"Wir haben es nun genau Viertel nach acht. Fünfzehn Minuten drüber."
Ich atmete erleichternd auf. Dann konnte die Strafe ja nicht allzu hoch ausfallen. Falsch gedacht.
"Das macht dann genau zwanzig Dollar. Sie müssen es nicht sofort bezahlen, aber die Überweisung bitte in den nächsten sieben Tagen tätigen."
Sie übergab mir einen kleinen Zettel, auf dem sie ihre Unterschrift und die Strafe hart auf hart hinterlassen hatte. Auf der Rückseite zeichneten sich die Paragrafen ab, gegen die Luke und ich verstoßen hatten.
"Spielt die Zeit etwa keine Rolle? Für fünfzehn Minuten ist es doch eine ganz schön hohe Strafe."
Die Frau strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und versuchte sich anscheinend zur gleichen Zeit zu sammeln, um es mir schonend beizubringen.
"Nein, die Zeit spielt keine Rolle. Aber Sie sollten jetzt wirklich wegfahren, bevor ich Ihnen noch einen zweiten Strafzettel wegen Verweigerung ausstellen muss."
"Ich wollte gar nicht verweigern", schoss es aus mir heraus. Wieso nahm sie auch an, dass ich mich weigerte wegzufahren, nur weil ich nach dem Grund für zwanzig Dollar fragte?
"Dann ist ja gut."
In ihren Augen sah ich Ungeduld. Sie hätte uns sicherlich längst weggezaubert, wenn sie es gekonnt hätte.
Bevor mich ihre Blicke töten konnten, machte ich mich auf den Weg, um Luke zu wecken und ihm einen schönen Morgen mit der Überraschung von zwanzig Dollar zu wünschen.
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See the truth | ✓
Teen FictionJennifer denkt nicht im Entferntesten daran, dass sich ihr Leben um hundertachtzig Grad drehen könnte. Ihre Heimat segelte zuvor immer auf den Wellen. Nach ihrem Umzug in die Kleinstadt Elizabeth City gerät ihr vorgeplantes Leben auf den Weltmeeren...