44 - Die bittere Wahrheit

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Mit einem Lächeln im Gesicht erwachte ich am nächsten Morgen. Mein erster Blick galt der farbigen Wand. Ich erinnerte mich zurück an den lustigen Abend mit Luke, an dem wir gemeinsam eine Farbschlacht veranstaltet hatten.

Ich streckte die Arme über meinem Kopf und dachte sofort an gestern Abend zurück. Daran, wie er mir über die empfindliche Haut gestrichen hatte. Daran, wie ich ihm aus seinem Shirt geholfen hatte und wie wir leise aufs Bett gestürzt waren, um meine Eltern nicht zu wecken. Die mussten auch immer in den falschen Momenten am falschen Ort sein.

Nun wollte ich Luke wach küssen. Er war definitiv ein Langschläfer. Ich war es auch.

Als meine Augen die leere Stelle neben mir auf dem Bett trafen, fragte ich mich, wo Luke abgeblieben war. Es passte nicht zu ihm, dass er einfach so verschwand. Sicherlich hatte er nur kurz das Badezimmer aufgesucht, so dachte ich.

Doch als ich die offene Badezimmertür erblickte, wusste ich, dass er nicht im Haus sein konnte. Er ging, ohne mir Bescheid zu geben, aus dem Haus? Auch das passte nicht zu ihm.

Ich beschloss, sofort zum Haus der Brittons zu gehen und dort zu fragen, wo Luke steckte. Schnell schlüpfte ich in eine knielange Hose und in ein rotes Top - auf Frühstück verzichtete ich - und begab mich zu meinen Nachbarn. Meinen Eltern hatte ich nur kurz: "Morgen! Bin kurz weg!", zugerufen, bevor ich auch schon aus der Tür war.

Als ich bei den Brittons auf den Klingelknopf drückte, dauerte es nicht lange, bis mir ein schwarzhaariges Mädchen öffnete.

"Hi Marilyn. Ist Luke hier?", fragte ich.

"Nein, hier ist er nicht. Er war die ganze Nacht nicht da", antwortete sie ruhig im Gegensatz zu mir, die bereits sehr nervös wirken musste. Ich machte mir wirklich Sorgen um ihn. Es passte nicht zu ihm, einfach so ohne eine einzige Spur abzuhauen.

"Komm doch erst einmal rein. Dann finden wir eine Lösung."

Ich nickte ihr freundlich und dankend zu und kam ihrem höflichen Angebot nach. Wir setzten uns an den Esstisch.

"Sind dein Dad und deine Tante gar nicht da?", fragte ich, als mir die Stille im gigantischen Haus auffiel. Sie fehlten wirklich oft, wie ich bemerkte.

"Ja, die sind schon wieder geschäftlich unterwegs. Deshalb bin ich heute auch nicht zur Bücherei gefahren. Es muss ja schließlich jemand hier sein, der Luke aufmacht, wenn er Heim kommt. Er vergisst ziemlich oft seinen Schlüssel."

Ich lachte mit ihr und erwiderte dann: "Ich sollte ihn wirklich öfter daran erinnern, ihn mitzunehmen."

"Also, erzähl mal. Wo hast du ihn zuletzt gesehen?", fragte sie und fuhr mit der Hand über das Cover eines Buches, das sie anscheinend gerade gelesen hatte, bevor ich hier aufgetaucht war.

"Wir haben die Nacht zusammen verbracht", gestand ich. Normalerweise wäre es mir peinlich gewesen, ihr das zu erzählen, aber erstens wusste sie nun bereits, dass wir nachts nicht die Finger voneinander lassen konnten und zweitens waren die Umstände nicht harmlos. Lukes plötzliches Verschwinden schien auch Marilyn etwas zu beunruhigen. Sie kannte dieses Verhalten sicherlich auch nicht von ihrem Bruder.

Ich fuhr fort: "Und als ich heute Morgen aufgewacht bin, war er weg und das ist eigentlich gar nicht typisch für ihn."

"Verstehe. Du hast recht. Das passt wirklich nicht zu ihm. Wenn er aus dem Haus geht, informiert er normalerweise immer jeden im Haus darüber, wer ich dann in den meisten Fällen bin. Aber ich habe nichts seit gestern von ihm gehört. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wo er sein könnte. Aber mach' dir keine Sorgen. Er wird sicherlich gleich auftauchen und dann wird sich alles klären."

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