Die Träume wurden schlimmer. Sie plagten mich, sagten mir, dass ich an allem Schuld war, obwohl ich wusste, dass es nicht stimmte, redeten sie es mir so lange ein, bis ich es irgendwann selbst glaubte. Hätte ich meinen Bruder doch gezwungen zu essen.
Ich sah ihn vor mir, oberkörperfrei, seine Rippen stachen mir ins Auge und seine dünnen Arme fuhren sich durch die Haare. Sein Blick war leer, er starrte mich nur an. Dann schloss er seine Augen und erst jetzt bemerkte ich meine schnelle Atmung. Als er sie wieder öffnete, strömte Blut aus ihnen und er wurde noch dünner, soweit es noch ging. "Du bist Schuld" , flüsterte er und ein boshaftes Grinsen legte sich auf sein Gesicht, während das Blut um seine Lippen floss.
Ich schrie, schrie so laut ich konnte. Und ich weinte. Ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, weshalb ich krankhaft versuchte Sauerstoff in meine Lungen zu lassen. Ich hustete, versuchte mich zu retten, bevor ich ertrinken würde. Plötzlich berührte mich jemand am Arm und zuckte zusammen, ehe ich Markus's Augen sah und mich augenblicklich beruhigte. Er war bei mir. Er würde mich beschützen. Das wusste ich "Hey, was ist los? Du hast geschrien." , flüsterte er besorgt und ich lehnte mich mehr an ihn, als er mich in seine Arme zog. Meine Hände verkrampften sich und ich ballte sie zusammen, den Fakt ignorierend, dass Markus oberkörperfrei war. "Markus bitte verlass mich nicht. Nie!" , schluchzte ich und spürte, wie sich sein Griff verstärkte. Und da saßen wir. Er spendete Trost, indem er einfach bei mir war und mich festhielte. Schließlich blieb er noch die ganze Nacht und ich hörte wie er den Satz sagte, der mir so viel bedeutete." Ich werde dich nicht verlassen, Avril."
Am Morgen wachte ich alleine auf und versuchte meine Enttäuschung zu verbergen. Seufzend vergrub ich mein Gesicht in den Händen. Ich wollte wieder in Ruhe leben können, ohne den ständigen Druck in mir, ohne mir Vorwürfe machen müssen und ohne die Bilder in meinem Kopf.
In meinem inneren spielte sich die letzte Nacht nochmal und ich hätte das alles nur geträumt.
Nachdem ich wieder einigermaßen akzeptabel aussah, ging ich nach unten, wo schon Markus und Luisa am Esstisch saßen. "Guten Morgen Avril" begrüßte sie mich und sofort hob Markus seinen Kopf und wandte damit seinen Blick von seinem Handy ab. "Ich wollte dich weiterschlafen lassen" , erklärte er mir sein Verschwinden am Morgen und ich nickte nur dankend. Obwohl ich später einen guten Schlaf hatte, war ich längst noch nicht ausgeruht. Mein Körper fühlte sich so schwach an. Während dem Essen war es unangenehm ruhig und ich hatte das Gefühl, Markus wollte den Geschehnissen letzte Nacht ausweichen, denn er wich meinem Blick aus. Schließlich war er wahrscheinlich froh, dass es an der Tür klingelte.
Er sprang schon fast auf und öffnete sie. "Elea, was machst du hier?" fragte er verwirrt, doch sie antwortete erst mal nicht, sondern betrat seine Wohnung und suchte mich mit ihrem Blick. Ich fragte mich, warum sie als seine Freundin keinen Schlüssel für die Wohnung hat.
Dann wandte sie sich grinsend an Markus und drückte ihm einen Kuss auf dem Mund. Ich senkte den Blick auf meinen Teller und zählte in Gedanken die Brotkrümel darauf. Es war schon fast billig wie sie versuchte mich eifersüchtig zu machen und ich spürte ganz deutlich ihren Blick auf mir. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Er sprang sofort, wenn sie das wollte. Er liebte sie wirklich.
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Meine letzte Hoffnung
FanfictionAvril ist 17 Jahre alt und sitzt seit zwei Jahren auf der Straße. Jeder Tag ist ein Überlebenskampf für sie. Bis eines Tages ein großzügiger spender ein Halt an ihrem Kaffeebecher machte und sich ihr Leben komplett wendete. Der Spender und Avril war...