Kapitel 20

820 44 3
                                    

Sobald ich die Bar betreten habe, schlug mir der bittere Geruch von Alkohol in die Nase. Dazu mischte sich Erbrochenes.

Ich ging auf die Theke zu, hinter der ein Mann auf den betrunkenen Markus einredete. "Ah du bist Lilien, die Markus abholen soll" , sagte er als er mich bemerkt hatte. "Avril." , korrigierte ich ihn.

Er zuckte mit den Schultern. "Ist mir egal. Schaff ihn einfach hier raus. Der kotzt meine ganze Bar zu und es ist nicht mal zwei Uhr Nachmittags." "Ich gebe mein Bestes." , erwiderte ich angestrengt, denn der beißende Geruch ließ auch mich einmal kurz würgen. "Markus, komm schon, steh auf." Mit weinerlicher Miene schaute er mich an und als er sprach, wandte ich mein Gesicht ab, denn sein Mundgeruch war nicht sehr angenehm. "Du bist wirklich da." "Ja, leider. Komm wir...säubern dich erst mal. Wo ist hier die Toilette?" fragte ich den Typ, der mit einem Kopfnicken nach hinten deutet. Ich verdrehte die Augen über seine diskrete Beschreibung und hatte dann zwei Optionen. Männertoilette oder Damen? Kopfschüttelnd zog ich ihn in die Damen Toilette und sofort fing er an zu lachen. "In der Schule bin ich mal aus versehen in das Mädchenklo gegangen." , erzählte er mir. "Schöne Geschichte Markus. Bitte kipp nicht um, okay?" Ich fühlte mich wie eine Mutter, die ihrem Kind sagt, es soll nicht weglaufen, bevor ich wieder zu dem Typ an der Theke ging. "Haben sie zufällig Kaugummi oder so?" Auch seine Reaktion war ein Lachen. Nahm das hier niemand ernst? "In der ganzen Zeit, in der ich hier war, hat mich noch nie jemand gesiezt! Premiere. Ich bin Phil. Und klar hier. Ich bin auf so was vorbereitet. Markus ist schließlich nicht der einzige, der sich aus Liebeskummer betrinkt." Seine Worte ignorierend schnappte ich mir den Minzkaugummi und steckte ihn Markus in den Mund, der zufrieden darauf rumkaute. Wie sollte ich ihn nur zurück bringen?

Nachdem er wieder akzeptabel roch, hievte ich ihn wieder hoch und brachte ihn nach vorne. "Kannst du mir nicht irgendwie helfen? Kann er sich hier vielleicht ausnüchtern?" , fragte ich Phil, der meinen versuch Markus zu stützen mit einer gehobenen Augenbraue und einem Grinsen auf dem Gesicht beobachtete. "Das hier ist ein Bar, kein Hotel." , entgegnete er trocken. "Ich weiß. Blind bin ich nicht." , feixte ich zurück und seufzte. "Na gut, ich helfe dir." , meinte er plötzlich und griff zu einem Telefon, während ich den mittlerweile schlafenden Markus auf einen Stuhl setzte. Wie konnte man so schlafen? Er sah fertig aus, als hätte er einige Nächte nicht geschlafen und seine sonst perfekt sitzenden Haare lagen kreuz und quer auf seinem Kopf. Dieser war in den Nacken gelegt und sein Mund stand leicht offen. "So wir können." Phil riss mich aus meinem starren und auch ihn betrachtete ich kurz richtig. Seine schwarzen Haare waren kurz geschnitten. Seine Arme waren mit Tattoos bestückt und eigentlich hätte ich wahrscheinlich Angst vor ihm, aber auf mich wirkte er eher wie ein großer Teddybär. Seine blauen Augen glitzerten verspielt.  Nimmst du ihn?" Mit einem Kopfnicken deutete ich auf Markus und Phil nickte." Was ist mit deiner Bar?" "Mein Freund kommt vorbei." Verwirrt blickte ich ihn an und schon wieder lag dieses Grinsen auf seinen Lippen, während wir Markus fast vergaßen. "Ja, ich bin schwul" , erwiderte er selbstverständlich und nun sah ich aus wie ein Fisch. Ich hätte Phil nicht als schwul eingeschätzt, für mich sah er eher wie ein Frauenaufreißer aus. "Okay, ich muss erst mal mein Weltbild ordnen." Phil lachte, nahm Markus über die Schulter und lief schon mal los. "Du siehst garn nicht so aus, als ob du-" Er unterbrach mich. "Wie sollte ich denn aussehen? Zurück gegelte Haare, nasale, hohe Stimme, skinny Jeans und pinke T-Shirts? Komm schon, Avril. Das sind Klischees." Und genauso war es ein Klischee, dass Markus wieder aufwachte und unser nächstes Gespräch belauschte.

Meine letzte Hoffnung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt