Kapitel 20

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"Was willst du hier?" Ein unfreundlicher Unterton schwang in ihrer Stimme mit, als Tamra an der Türschwelle erschien

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"Was willst du hier?" Ein unfreundlicher Unterton schwang in ihrer Stimme mit, als Tamra an der Türschwelle erschien. Das hatte ich verdient.
"Können wir reden", fragte ich hoffnungsvoll. Mein Gegenüber runzelte kritisch die Stirn und schien zu überlegen ob sie mir die Chance gibt mich zu erklären. "Na gut", willigte sie ein und bedeutete mir mit einer Kopfbewegung ihr zu folgen. 

Kühl strich kalter Wind über meine Haut und verursachte eine Gänsehaut. Nervös knetete ich meine Hände, während wir langsam durch den eigentlich prachtvoll angelegten Garten des Zentrums sparzierten, der jedoch im Winter unter Massen von Schnee bedeckt wurde und nicht mehr zu bieten hatte, als schneefreie Steinwege.

"Es tut mir leid", begann ich vorsichtig," Ich hätte dich nicht so vernachlässigen dürfen."
Hoffnungsvoll schielte ich zu ihr herüber um ihre Reaktion einschätzen zu können. "Außerdem war ich eine miese Freundin."
"Ja, das warst du allerdings", antwortete Tamra spöttisch. Zähneknirschend machte ich mich ein wenig kleiner. Lachend stieß Tamra mir sanft ihren Ellenbogen in die Seite. "Schon gut, ist schon verziehen. Du solltest dich mal ansehen, du siehst aus, als ob du gerade einen Mord gestehst." Nach kurzem Zögern entspannte ich mich und stieg in ihr Lachen mit ein. Eine Last fiel von meinen Schultern, von der ich nicht wusste, dass sie da gewesen war.

Endlich erreichten wir die Eingangstür des Hauptgebäudes. In den belebten Fluren wurden mir immer wieder merkwürdige Blicke zugeworfen. Beschämt versuchte ich das Getuschel und die Blicke um mich herum zu ignorieren. Ein paar Jungmagier müssen meinen peinlichen Ausbruch vorher beobachtet haben und es jedem erzählt haben. Doch nach ein, zwei Fluren war ich mir fast sicher, dass die Blicke weniger belustigt oder höhnisch waren, sondern eher mitleidig und... ängstlich? Auch Tamra hatte dieses ungewöhnliche Verhalten bemerkt. "Hast du irgendwas verbrochen?", flüsterte sie mir fragend zu. Ich schüttelte den Kopf.
"Leonore hat meinen- unseren Freunden erzählt, dass ich für die Diebstähle der letzten Wochen verantwortlich sei, aber ich dachte nicht, dass das ganze Zentrum davon Bescheid wissen würde", antwortete ich genervt von den Gerüchten über mich, die die Runde zu machen schienen. 

"Lyria", sprach mich eine kratzige, hohe Stimme an," würdest du mir bitte folgen? Die Direktorin erwartet dich in ihrem Büro." Verwundert über diese Auskunft drehte ich mich zu der grauhaarigen Sekretärin, die wir an unserem ersten Tag im Zentrum vorgestellt bekommen hatten.
Die zierliche Frau, die sich mit Vorliebe mit Ketten und Ringen schmückten
-und eindeutig Verwandtschaft mit den bleichen Vampiren hatte, welche in den dunkelsten Wäldern ihr Unwesen trieben- lief daraufhin los in der Annahme, dass ich ihr folgen würde.

Es hatte mich schon damals schockiert, dass eine Vampirverwandte abseits des Waldes und in einer so zivilisierten Umgebung wohnte und sogar arbeitete. Dieser Lebensstil war höchst ungewöhnlich für Vampire, denn auch wenn sie sich seit Jahrhunderten nur noch von Tierblut ernährten, wurden sie wie die meisten Fabelwesen von den Menschen gefürchtet und teilweise sogar verachtet. So wie viele andere Fabelwesen verfügen Vampire nur über Volksmagie und keine weitere magische Begabung. Allerdings waren auch durch die vielen Blutvermischungen zwischen Menschen und Vampiren -die einen vollblütigen Vampir zu einer echten Seltenheit gemacht hatten- die uralten Fähigkeiten, die das Vampirdasein mit sich brachte, nicht vollkommen verschwunden. Zum Beispiel war bekannt, dass Vampire und ihre Blutsverwandten über eine äußerst gute Nachtsicht und ein ähnliches Gehör wie Fledermäuse verfügten. Ob das bei unserer blassen Sekretärin auch der Fall war, konnte ich nicht sagen. 

Ich gab mir einen Ruck und folgte der Sekretärin zu dem Büro von Professor Campbell. Mir war alles andere als wohl, als ich ihr durch die hellen, sehr edlen Flure dieses wichtigen Gebäudetrakts folgte. Das Gerücht über den Diebstahl hatte doch wohl ohne Beweise keine Auswirkungen auf mich, oder? Ich hoffte inständig, dass die Direktorin die Anschuldigungen von Leonore mir gegenüber nicht zu ernst nahm oder gar für die Wahrheit hielt.

Prof. Campbell hatte eine ernste Miene aufgesetzt und sah mich besorgt an. "Du hast sicher schon davon gehört? Kaum zu glauben, dass Zeitungen die Nachrichten schneller verbreiten dürfen, als das die Angehörigen in Kenntnis gesetzt werden", erklärte sie sauer. Ich zog die Stirn kraus- Angehörige? Sollte das heißen, dass meiner Familie etwas zugestoßen war? "Was genau sollte ich wissen", fragte ich unsicher nach. Überrascht zog die Direktorin eine Augenbraue nach oben. Wortlos gab sie mir eine Zeitungsausgabe von einem Verlag, der eng in Konkurrenz mit der Zeitung meines Vaters, stand. Ich nahm den Bündel von blassgrauem Papier entgegen. Diese Zeitung war schon durch einige Hände gewandert, nach ihrem Aussehen zu urteilen. Auf der Titelseite war ein Bild meines Vaters zu sehen. Dunkle Ringe unter den Augen und besorgte Falten auf der Stirn zeugten von den anstrengenden Stunden, die er durchlebt haben musste.
"Untersuchungshaft wegen Attentat auf Beckett" stand in großen Buchstaben unter dem Bild. Gedankenverloren überflog ich den Artikel, der sich über die ganze Seite erstreckte und die Scheinheiligkeit meines Vaters und die Tragödie des Attentats auf den Politiker Evan Beckett in Maßlosigkeit beschrieb.

Tatsächlich war die Nachricht von dem Tod des äußerst religiösen und beliebten Politikers völlig an mir vorbei gezogen. Natürlich hatte ich mitbekommen, dass sich die anderen am Tisch über Politik unterhalten hatten, doch sobald das Thema Politik aufkam, schweiften meine Gedanken ab und ich ließ jegliche Informationen an mir vorbeirauschen ohne auch nur das geringste Bisschen in mein Gedächtnis aufzunehmen. Das war eine der vielen Macken, die ich einfach nicht abstellen konnte.  Hoffnungsvoll strich ich über das vergilbte Bild meines Vaters. Wider meiner Erwartungen verblasste das Bild und neue Schrift erschien darauf. Nur sehr teure Ausgaben wurden so verzaubert, dass sie tatsächlich Hintergrundinformationen zu den Bildern zeigten. Ich versuchte das laute Pochen in meinem Hinterkopf zu ignorieren und die kleinen Buchstaben zu entziffern, die dank meiner Kopfschmerzen nicht so richtig Sinn ergeben wollten. "Staatsgefängnis Palona, Hauptstadt der Pretanischen Republik." Erschrocken hielt ich inne. Langsam begriff ich, dass dieser Mann, der so gequält in die Kamera sah tatsächlich mein Vater war, der als Attentäter beschuldigt in Untersuchungshaft saß. Das Pochen verstärkte sich. Ich fasste mit gequält an Kopf und massierte meine Schläfen. Ich legte die Zeitung bei Seite und ließ einige Sekunden verstreichen bevor mich aufrichtete und mich möglichst würdevoll räusperte. "Wäre es möglich meine Mutter zu sprechen", fragte ich an die Professorin gewandt.
"Sie ist bereits auf dem Weg hierher. Sie wird gegen Mitternacht hier eintreffen. Wir werden sie sofort zu ihnen schicken, sobald sie hier eintrifft", erklärte diese mit schonendem Tonfall. "Gut."
Ich schenkte der Direktorin und deren Sekretärin einen letzten Blick, der sie davon überzeugen sollte, dass ich in bestmöglicher Verfassung war
und wandte mich ab. 

~1087 Wörter

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SilbergrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt