Kapitel 2 *

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Kichernd liefen wir zwischen den zahlreichen Ständen und trafen immer wieder auf ausgelassene Schulkameraden und schrullige Frauen und Männer, denen es immer nach dem neuesten Tratsch verlangte

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Kichernd liefen wir zwischen den zahlreichen Ständen und trafen immer wieder auf ausgelassene Schulkameraden und schrullige Frauen und Männer, denen es immer nach dem neuesten Tratsch verlangte. Ich hatte in meiner Kindheit fiel Zeit mit Roxana hier auf dem Marktplatz verbracht. Schon immer hatte Lachen der unterschiedlichster Stimmen die Luft dieses bunten Ortes erfüllt. Ständen mit geruchsstarken Gewürzen, gemusterten Stoffen und vergilbtem Schmuck säumten sich hier. Wann immer man dachte man hätte eine Lücke entdeckt, erschien doch noch ein kleiner zusammengepresster Stand zwischen den dutzend anderen. Hin und wieder bekam man sogar einen Apfel oder eine Birne zugesteckt.
Die Stunden verflogen hier wie im Flug.

 
Im Westen hatte sich der Himmel schon rosarot verfärbt und auch die Dichte der Menschenmasse wurde immer geringer. Schweren Herzens nahm ich meine Kindheitsfreundin ein letztes Mal in den Arm. Der Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, ließ mich schwer schlucken und trieb mir Tränen in die Augen.
"Pass auf dich auf, ja? Und mach keine dummen Sachen", verklickerte sie mir mit brüchiger Stimme. Rechts neben sich entdeckte sie eine altmodische Lampe. Sie legte dem Standbesitzer ein paar Ling auf den Tisch und angelte sich die tragbare Antiquität. Mit einem Fingerschnippen entfachte sie darin ein kleines Licht. Ein wenig neidisch betrachtete ich die Lampe in meiner Hand. So einiges wäre sehr viel einfacher mit ein wenig Magie.

"Du hast einen langen Heimweg. Wir wollen ja nicht, dass dich irgendwelche zwielichtigen Typen vor deinem großen Tag mitnehmen", erklärte sie mit einem Blick auf die Lampe. Ich nickte noch ein letztes Mal und flüsterte "Danke". Sie lächelte mich an. Roxana war schon immer da gewesen um auf mich aufzupassen. Damals wollte niemand mit einem Kind ohne Herkunft und ohne "richtige" Mutter spielen. Ich war ein Außenseiter und sie war die einzige, die das nicht störte. Mittlerweile kam einem das ganze natürlich fürchterlich kindisch vor, doch damals hatte es mir die Tränen in die Augen getrieben. 

Schließlich wandte ich mich ab und lief mit schnellen Schritten nach Hause. Die Dunkelheit war tatsächlich ziemlich schnell hereingebrochen. Sie störte mich nicht. Das Licht des Tages wäre wohl nur halb so schön, wenn die Nacht es nicht verschwinden und wieder auftauchen ließ. Ich hatte auch noch nie verstanden warum man sich vor der Dunkelheit fürchten sollte. Schließlich hatte sie noch nie jemanden angegriffen. Zugegeben gab es früher Magier, die die Lehre der Dunkelheit lernten, sie benutzen wie ein weiterer Zauber. Doch die waren längst alle tot. Die Republik Pretaniens hatte Iregon gestürzt und besetzte nun das Land, wo einst mit der Nacht gezaubert wurde.

Ich läutete an der Tür, die ich soeben erreicht hatte. Schwungvoll stieß sie auf und ein kleiner weißblonder Junge, der mir gerade mal bis zur Hüfte ging, lächelte mir spitzbübisch entgegen.
Ich wuschelte ihm durch den leuchtenden Schopf und drückte mich an ihm vorbei in den warmen Flur. Mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen bei dem Geruch, den ich aus der Küche vernahm. Eilig streifte ich meinen Mantel und meine Schuhe ab. 
In der Küche sah ich eine zerbrochene Schale am Boden liegen. Wütend beugte sich meine Mutter darüber um die Scherben aufzusammeln. Doch als ich mich umsah erkannte ich, wie nicht anders zu erwarten, keinerlei Reue in dem Gesicht meines kleinen Bruders. Meine Augenbrauen schossen in die Höhe, doch ich sagte nichts. Noah wusste genauso gut wie ich, dass mit dem guten Keramik-Geschirr nicht zu spaßen war. Andererseits er es noch nie besonders wichtig mit Regeln.

Das ganze Essen lang herrschte eine unangenehme Atmosphäre. Ich war angespannt wegen dem morgigen Tag. Meine Mutter war immer noch sauer wegen der Schale. Mein Vater schwieg aus Solidarität. Nur Noah erzählte munter von seinem Tag.

Später packte ich noch die letzten Sachen zusammen und ging anschließend ins Bett. Träge starrte ich in die Dunkelheit. Ich wusste nicht recht zu sagen ob es Sorge oder Aufregung war, das mir unangenehm in den Magen pikste. Später wusste ich nicht zu Sagen ob ich überhaupt geschlafen hatte. Trotzdem rollte ich mich grummelnd zur Seite als die Vorhänge meines Zimmers aufgerissen wurde.

"Es geht los, Lyria!", rief mein kleiner Bruder immer wieder und lief dabei aufgeregt im Zimmer herum.
"Hör auf zu schreien und lass mich schlafen", antwortete ich schlecht gelaunt.
Noch einmal ging die Zimmertür auf.
"Na komm, du musst dich fertig machen", wies mich mein Vater an. Angestrengt versuchte ich mich aus dem Bett zu hiefen, während mein Vater bereits den schweren Koffer die Treppe hinunter trug.
Irgendwann hatte ich es tatsächlich geschafft mich fertig zu machen.
Leicht lächelnd drückte mir meine Mutter eine Tasse Kaffee in die Hand. Dunkle Schatten unterstrichen ihre Augen. 
Noah sprang auf dem Sofa herum und tat so als würde er Blitze schießen können. Ich rollte mir den Augen. Laustarkes morgendliches Unterhaltungsprogramm würde ich definitiv nicht vermissen.
Wenige Minuten später klingelte es auch schon an der Tür. Rasch schluckte ich den Rest meines Kaffees hinunter, wobei ich mir natürlich die Zunge verbrannte. Fluchend stellte ich die Tasse auf die Küchentresen und hastete zur Türe. Ein adrett gekleideter Mann stand vor dort. "Sie haben fünf Minuten, dann fahren wir ab" ,klärte er mich mit monotoner Stimme auf. Ich drehte mich eilig um und lief zu meiner Familie. Bevor ich etwas sagen konnte nahm mich auch schon mein Vater in den Arm. "Hab viel Spaß, kleines", brummte er mir ins Ohr. Meiner Mutter standen bereits Tränen in den Augen. Sie war schon immer die Emotionalere der beiden gewesen.
Ich zog sie in meine Arme und versprach ihr, das ein Jahr schnell vorbei sein würde und ich bald wieder bei ihr sein würde. "Außerdem schreibe ich dir, versprochen."
Als letztes drückte ich Noah fest an mich. Ein Räuspern erklang hinter mir. Der Mann hatte einen strengen Blick aufgelegt und zeigte auf seine Uhr. "Wenn du zurückkommst, musst du mir das Zaubern bei bringen", erklärte er vorfreudig. 

"Darauf kannst du wetten."

Ich seufzte innerlich. Ein letzter Schritt aus meinem Elternhaus und der erste Schritt in mein Leben als Erwachsene.

 Ein letzter Schritt aus meinem Elternhaus und der erste Schritt in mein Leben als Erwachsene

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SilbergrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt