„Was macht die hier?", flüstere ich ins Ohr meiner Mutter, als ich sie mit der üblichen Umarmung begrüsse.
Heute ist eigentlich unser Mutter-Tochter-Abend und ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum sie Felicitas mitgenommen hat. Ich wollte doch mit meiner Mutter alleine sein. Nach meinem fragwürdigen Deal mit Patrick wollte ich mich einfach nur entspannen und mich von der Tatsache ablenken, dass ich morgen mit Chris zu einem Date verabredet bin.
„Naja, ich dachte, ich möchte mit meinen Töchtern zusammen einen schönen Abend verbringen", sagt meine Mama lachend und hakt ihre Arme sowohl bei mir als auch bei Felicitas ein.
„Schwiegertochter", korrigiere ich sie und kassiere dafür einen giftigen Blick von Felicitas, was mich dazu bewegt, noch einen draufzusetzen: „In Spe. Sofern Jonas sich nicht doch noch umentscheidet."
Felicitas fällt die Kinnlade runter. Selbst mit diesem empörten Gesichtsausdruck sieht sie gar nicht mal so schlecht aus. Sie ist bildhübsch und dürr. Die Kuh.
„Emma, heute unterlässt du deine spitzen Kommentare!", befiehlt meine Mutter und schiebt uns einen Schritt weiter in der Warteschlange vor den Kassen.
Ich mache aus meinem Missmut der Freundin meines Bruders gegenüber kein Geheimnis. Jeder weiss es, dass ich sie nicht mag. Das gehört zu meiner Persönlichkeit dazu, offen zu zeigen und sagen, was ich denke. Jeder hat sich mittlerweile daran gewöhnt. Nur Felicitas kämpft noch immer damit, wahrscheinlich weil sie Opfer meiner Attacken ist.
„Hat er dich endlich gefragt?", schiele ich zu meiner unerwünschten Schwägerin, die sich die hellbraunen Haare nach hinten wirft.
Das tut sie immer, wenn sie auf mich wütend ist, ihre Abneigung aber nicht an mir ausleben darf. Die gute Frau kann keine verbalen Hiebe austeilen - insbesondere will sie das nicht vor ihrer zukünftigen Schwiegermutter tun - und ich nutze das gnadenlos aus. Die soll es ruhig bereuen, dass sie mit meinem Bruder in seine Familie heiratet. Hätte sie sich halt anders überlegen sollen, als er sie gefragt hat, denn ich bin ein fester Bestandteil dieses Bündnisses.
„Ja", bringt sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sie ringt um Selbstbeherrschung, was mir noch mehr Freude bereitet. Vielleicht wird das ja doch noch ein schöner Abend. Für mich.
„Und? War's richtig kitschig?", provoziere ich weiter, denn ich weiss, dass Felicitas eine elende Romantikerin ist.
Sie liebt klischeehafte Liebesfilme und hat wahrscheinlich seit ihrer Kindheit schon immer von einem spektakulären Heiratsantrag geschwärmt, in welchem der Mann ihrer Träume in einem goldenen Riesenkürbis angefahren kommt, der von hundert spanischen Schimmeln gezogen wird. Ein Schwarm bunter Schmetterlinge flattert herum, als er auf dem Platz eines grossen Schlosses vor ihr - sie ein rosarotes Prinzessinnenkleid tragend - auf die Knie geht und um ihre Hand anhält. Vorher gibt er aber noch eine Serenade zum besten, die allen anwesenden Fremden das Herz bricht, damit sie ihre Kameras zücken und diesen einzigartig intimen Moment auf Social Media für die Welt festhalten.
„Es war wundervoll", kommt die Antwort.
Ich mache mein übliches Kotzgesicht, denn ich stehe nicht auf Romantik, schon gar nicht auf Heiratsanträge. Oder heiraten ganz allgemein. Und Kinder sowieso nicht, denn die sind anscheinend ja direkt mit dem Heiraten verknüpft, gemäss unserer Gesellschaft. Die Vorstellung, Jonas und Felicitas könnten jemals die Reproduktion in Erwägung ziehen, ist einfach nur ekelhaft.
„Schön für dich", zicke ich. Meine Mutter rammt mir daraufhin den Ellbogen in die Rippen, was mich aufspringen lässt.
„Au!"
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Herzbruchversicherung
ChickLitAls Emma eines Tages in der Schleuse ihres Arbeitgebers stecken bleibt und beinahe schon ein Testament ihrer Freundin per WhatsApp schreibt, lernt sie den reifen Feuerwehrmann Chris kennen, der sie aus der Situation rettet. Tage später, nachdem Emma...