Eine Woche nach meinem traumatisierenden Frauenarztbesuch ergibt sich für mich die Möglichkeit, meiner Mutter endlich von Chris zu erzählen. Es ist höchste Zeit dafür, finde ich, denn heute bin ich nun schon fast seit einem Monat mit ihm so richtig zusammen. Da werde ich ihn auf Dauer nicht von meiner Familie verstecken können.
„Dies ist der Empfangsbereich, in welchem wir bei schönem Wetter den Aperitif servieren könnten. Champagner, Prosecco, Orangensaft, Weisswein und Mineralwasser. Es gibt nichts, was wir nicht ausschenken können", meint der Kerl im Anzug, der uns durch den Klostergarten führt.
Felicitas und Jonas haben uns eingeladen, eine potenzielle Hochzeitslocation mit ihnen zu besichtigen. Wir spazieren gemeinsam durch den Garten.
Die Rosenbüsche blühen zwar nicht mehr, denn dafür ist der Herbst schon viel zu fortgeschritten, allerdings lassen die dichten Stauden vermuten, wie schön es im Frühsommer aussehen muss. Mehr als 250 verschiedene Rosen wachsen hier, wird uns gesagt. Das Kloster sei darum bemüht, die historischen Rosensorten der Schweiz zu erhalten.
Wir biegen um eine Ecke und augenblicklich eröffnet sich ein wundervoller Barockgarten vor uns. Die Rosenbüsche links und rechts rahmen die saftgrüne Wiese und den Springbrunnen in der Mitte ganz natürlich ein. Das Wasser plätschert laut, als wir durch den Garten schlendern.
Ich gehe mit meiner Mutter hinter dem zukünftigen Brautpaar her und bin in Gedanken versunken. Felicitas hat sich bei Jonas eingehakt. Sie zeigen mit den Fingern auf Dies und Das und stellen dem Typen im Anzug, der offenbar dafür zuständig ist, sie durch die Räumlichkeiten und Gärten des Klosters zu führen, unzählige Fragen.
Selbst wenn ich Felicitas nicht mag, ist es schön zu sehen, wie glücklich Jonas mit ihr ist. Er strahlt eine tiefe Zufriedenheit aus.
Neugierig lasse ich meinen Blick über den Garten schweifen. Wenn ich mir die Location so anschaue, dann kann ich mir wirklich sehr gut vorstellen, wie Jonas in seinem Anzug da stehen wird – einen Arm um die schmale Taille seiner Braut geschlungen – und wie die Menschen, die ihm am wichtigsten sind, ihm zu seinem Liebesglück gratulieren werden.
Das ist eine Art von Glück, welche ich selbst einmal hoffe, erlangen zu können. Vielleicht entwickelt sich die Beziehung mit Chris ja auch irgendwann in eine ernstere Richtung. Obwohl ich weiss, dass ich selbst niemals eine Hochzeit in Erwägung ziehen würde, ist der Gedanke, ein ganzes Leben mit Chris zu verbringen, gar nicht mehr so abwegig. Ich kann einfach nicht genug von ihm kriegen. Und das wahrscheinlich für immer.
Die Durststrecke, die er über uns verhängt hat, macht mir zu schaffen. Ich vermisse das Gefühl seines Körpers auf meiner Haut, den Geruch seiner nackten, schwitzigen Haut in meiner Nase und den tiefen Ton seiner Stimme, der mir wohlige Schauer durch jede Zelle meines Körpers jagen lässt. Ich vermisse ihn so sehr – und das nur schon nach so wenigen Tagen.
Er hat mich wirklich süchtig nach ihm gemacht, dieser Schuft!
Seit einer Woche habe ich ihn nicht mehr gesehen. Er meinte, er habe viel auf der Arbeit zu tun und ausserdem sei dieses Wochenende Emil bei ihm zuhause. Da ich ja während dieser Zeit Hausverbot habe, kann ich ihn also nicht sehen und muss geduldig warten. Geduld war noch nie meine Stärke.
Nachdem wir wie zwei Magnete fast nicht mehr die Hände voneinander lassen konnten, fühlt sich diese Einsamkeit plötzlich so merkwürdig an. So unnatürlich. Als seien wir eigentlich dafür bestimmt, das Leben zusammen zu verbringen. Seite an Seite.
Ich seufze. Die Gefühle, die ich für ihn verspüre, habe ich so noch nie einem Mann gegenüber gefühlt. Es ist das erste Mal, dass mein Herz so sehr für jemanden schlägt. Dass sich jede Minute ohne ihn wie eine unendliche Qual anfühlt.
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Herzbruchversicherung
ChickLitAls Emma eines Tages in der Schleuse ihres Arbeitgebers stecken bleibt und beinahe schon ein Testament ihrer Freundin per WhatsApp schreibt, lernt sie den reifen Feuerwehrmann Chris kennen, der sie aus der Situation rettet. Tage später, nachdem Emma...