Es gibt gewisse Grundregeln, die ich streng befolge. Solche Regeln sind Anhaltspunkte im Leben, die einem Stabilität geben. Eine davon ist zum Beispiel, nach dem Zähneputzen keine säurehaltigen Getränke zu trinken, weil das einfach ekelhaft ist. Eine andere ist, dass man immer überprüfen sollte, ob man die Herdplatten ausgemacht hat, bevor man das Haus verlässt. Einfach für den Seelenfrieden, während man weg ist.
Die Regel, die mir jetzt gerade besonders wichtig ist, ist die simple Tatsache, dass man beim ersten Mal mit einem Mann besser auf Gummischutz achtet, als sich der fleischlichen Lust vollkommen hinzugeben. Aus diversen Gründe, die ich nicht ausführen möchte.
Ich verfluche mich und meine Gesellschaft zwar selbst gerade dafür, dass es solche ungeschriebenen Gesetze gibt, denn gewisse Körperteile von mir scheren sich einen wortwörtlich feuchten Dreck darum und würden es sehr begrüssen, ungeschützt bearbeitet zu werden. Aber mein Verstand bremst mich.
So nahe sind wir uns noch nicht.
Ich kenne Chris nicht gut genug, um dieses Risiko einzugehen. Selbst wenn ich ihm vertraue, mehr als ich bisher einem Kerl vertraut habe, kann ich das nicht zulassen. So weit sind wir in unserer Beziehung nicht.
Ist es denn überhaupt eine Beziehung, die wir haben? Ach, ich weiss es auch nicht.
Ich rolle mich in die Bettdecke, um meinen entblössten Körper zu bedecken und ihm keinen Anlass mehr zu geben, sich auf mich zu stürzen. Das Buffet ist geschlossen. Chris dreht sich zu mir um, diesen entschuldigenden Ausdruck im Gesicht.
„Emma. Es tut mir leid. Ich habe schon lange nicht mehr Kondome kaufen müssen ... Ich habe ganz vergessen ...", versucht er sich zu erklären, aber ich winke mit der Hand ab.
„Du brauchst dich nicht rechtfertigen. Kann jedem mal passieren."
„Doch. Du musst verstehen, ich wollte nicht verantwortungslos sein. Die letzte Person, mit der ich das Bett geteilt habe, war meine eigene Frau."
Meine Lippen formen sich zu einer schmalen Linie. Nicht gerade das beste Thema in diesem Moment, aber ich verzeihe ihm. Er will mir das alles nur rational erklären, ich sollte meine Gefühle da rauslassen.
„Da denkt man nicht an Kondome. Schon klar", sage ich und krame nach irgendwas, das ich wieder anziehen kann. Diese Nacktheit treibt mich in den Wahnsinn.
Ich kann wirklich nicht lange nackt sein, denn irgendwie fühlt sich das falsch an. Man ist nackt, wenn man auf die Welt kommt, duscht, sich umzieht oder halt, wenn man vögelt. Aber sonst eigentlich nicht. Ich muss mir was überziehen, damit ich mich wieder wohlfühle.
Chris legt den Kopf schief, als er sieht, wie ich mir die Decke an die Brust presse und mit der freien Hand nach einem Stofffetzen suche, den ich mir überwerfen kann. Er bemerkt mein Unwohlsein und rutscht näher zu mir heran. Seine Finger berühren sachte meinen Unterarm.
„Tut mir leid. Es hätte eigentlich nicht hier enden sollen ..."
Ich ziehe die Schultern hoch und lasse sie dann fallen. Um diese Uhrzeit haben jegliche Tankstellen, die über einen Kondom-Notvorrat verfügen könnten, geschlossen. Es ist weit über Mitternacht. Da hat in diesem Land nichts mehr geöffnet und bei den Nachbarn werden wir deswegen bestimmt nicht klingeln. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, unser erstes Mal hat ein abruptes Ende gefunden.
„Naja ich habe kein Problem damit. Meine Körperteile sind mehr als zufrieden", antworte ich mit einem scheuen Schmunzeln auf den Lippen. Allerdings wird mein Gesichtsausdruck gleich wieder ernst. „Deine Eier müssen aber dunkelblau sein", füge ich besorgt hinzu.
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Herzbruchversicherung
ChickLitAls Emma eines Tages in der Schleuse ihres Arbeitgebers stecken bleibt und beinahe schon ein Testament ihrer Freundin per WhatsApp schreibt, lernt sie den reifen Feuerwehrmann Chris kennen, der sie aus der Situation rettet. Tage später, nachdem Emma...