47 - Strassenschlacht

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Chris ist mir dicht auf den Fersen. Ich beschleunige meinen Schritt und stürze ins Damenklo. Hier wird er sicher nicht reinkommen!

„Emma!", höre ich ihn meinen Namen rufen, bevor sich die Tür zu den Frauentoiletten vor seiner Nase schliesst.

Ich laufe zu einer Kabine, knalle panisch die Tür zu und verriegle sie. Dann klappe ich den Klodeckel runter und setze mich. Mein Herz klopft mir so stark in der Brust, was das Brennen darin unerträglich macht.

Die Tränen strömen aus mir heraus, stürzen wie ein grosses Rinnsal meinen Wangen runter. Dem Druck in meiner Kehle kann ich nicht mehr standhalten. Ich schluchze. Der Schmerz in meinem Herzen will nicht nachlassen. Es brennt so!

Hier auf dem Damenklo scheint keiner zu sein. Ich bin alleine in meinem Elend. Die Geräusche der Party dringen nur gedämpft an mich heran.

„Fuck!", sage ich laut, während ich etwas Toilettenpapier ausrolle, um mir den Rotz und die Tränen vom Gesicht zu wischen.

Ich hasse es, so zu weinen. Ich hasse es, dass es dieser blöde Chris geschafft hat, mein Herz so zu brechen und mich so zu verletzen. Eigentlich bin ich wirklich hart im Nehmen, aber sowas macht mich einfach fertig. Das Weinen will nicht abklingen und an meinen Fingern sehe ich schon die verschmierte Mascara.

Na toll!

Plötzlich wird die Musik von draussen lauter, klingt jedoch gleich wieder ab. Jemand ist in die Toilette gekommen. Ich halte den Atem an, im kläglichen Versuch, meine Schluchzer zu unterdrücken. Aber mein Körper hat entschieden, die Kontrolle zu übernehmen. Es wird hemmungslos geheult.

„Hallo?"

Ich schrecke zusammen. Teos Stimme klingt vorsichtig. Er klopft an meine Klotür.

„Hey, hier ist das Damenklo, du Perversling! Hau gefälligst ab!", rufe ich unter Tränen.

Teo seufzt.

„Das ist meine Bar. Mir gehört hier alles. Auch das Damenklo."

„Lass mich!", maule ich. „Ich will alleine sein. Kannst du bitte gehen?"

Warum können Menschen einen auch einfach nicht in Ruhe lassen, wenn man es am meisten braucht? Ich will hier in meinem Elend verrecken. Warum denn sonst habe ich mich im Klo eingesperrt?

„Nein", sagt er, dieser Frechdachs.

„Nett. Du bist ein Arschloch, weisst du das? Genau wie dein scheiss bester Freund", zicke ich.

Erst ist es für einen Moment still. So wie ich Teo kenne, wird er meinen verbalen Angriff gekonnt ignorieren. Sowas nimmt er nicht persönlich, obwohl ich mir das in dem Moment gerade wünsche.

„Nicht bevor du mit ihm redest", antwortet er.

„Vergiss es! Eher spüle ich mich die Toilette runter."

„Zum Glück geht das bei deinem Riesenarsch nicht", kontert Teo, was mich dazu veranlasst, mit der Faust gegen die Tür zu hauen.

„Hey!", kreische ich. „Du bist gemein! Wegen solchen Männern wie dir haben Frauen wie ich kein Selbstbewusstsein!"

„Okay, okay. Tut mir leid."

„Entschuldigung abgelehnt. Verpiss dich!"

Das Brennen in meiner Brust verwandelt sich langsam in eine Wut. Eine Wut, die durch meine kaum existenten Muskeln gepumpt wird und mit welchen ich am liebsten diese Toilettenkabine zu Kleinholz schlagen wollen würde – wenn ich denn die Kraft dazu hätte.

„Emma", sagt Teo. Ich höre die stille Warnung in seiner Stimme. „Ich werde jetzt die Tür aufschliessen."

„DAS WIRST DU UNTERLASSEN!", brülle ich.

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