Pläne

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„Und wie machen wir das jetzt?"

„Was meinst du?"

„Du hast schließlich vorgeschlagen, die Kleine zu behalten. Damit bin ich einverstanden, sehr gerne sogar, aber wie soll das funktionieren? Ich kann mich alleine nicht ausreichend um sie kümmern und wenn heraus kommt, dass sie eine Dryade ist, weiß ich auch nicht, wie andere darauf reagieren würden. Ich brauche also mindestens deine Hilfe", erklärte Lucius, während er das kleine Mädchen auf seinem Schoß zurecht legte. Sie babbelte und quakte ein wenig, streckte ihre Händchen aus und benutzte dann Lucius Zeigefinger als Kuscheltier.

Apollo rieb nachdenklich den Stein an seiner Kette, sein Blick in der Ferne. „Ich denke, ich werde dir die Hälfte davon abnehmen können...", er dachte weiter. „Wäre es in Ordnung für dich, wenn ich sie für einen größeren Teil des Tages nehme, sodass du hier deine Arbeit erledigen kannst? Ich würde sie morgens mitnehmen und am Abend wieder bringen, dann muss ich nur vermutlich ein wenig länger in die Nacht hinein arbeiten. Ich könnte dann später zu euch zum Schlafen kommen?"

Lucius nickte zufrieden. „Das wird gehen. Auch wenn ich es schade finde, dass ich dann weniger Zeit mit dir verbringe." Er lächelte schief.

„Bald", lächelte Apollo.

Er legte seine beringte Hand auf die von Lucius und küsste ihn über die kleine Dryade hinweg. Die fing an zu giggeln und griff nach seinen Haarsträhnen, um eifrig an ihnen zu ziehen. Apollo hielt sie fest, um dem Schmerz zu entgehen, dann löste er vorsichtig ihre Finger von ihnen. So lieb er die Kleine auch hatte, seine Haare waren ihm heilig. Und er wusste mittlerweile, das kleine Kinder unerwartet große Kräfte aufbringen konnten, wenn sie nur wollten.

Später nahm er Lucius das Kind ab, damit er sich fertig für das Bett machen konnte. Bald wurde sie dann auch hungrig und Apollo konnte sie dann gleich stillen, während er es sich zwischen einer Menge Kissen auf dem Bett gemütlich machte.

Lucius empfand es als ungewohnt, Apollo in dieser Form zu sehen. Nicht schlechter, als sonst, aber ungewohnt. Als er sich das erste Mal umgedreht hatte, hatte der rationale Teil seines Kopfes ihn daran erinnern, nein, natürlich saß da niemand Fremdes in seinem Bett. Das sah man doch. Und der andere Teil seines Kopfes schien nicht damit klar zu kommen. Er würde sich eben noch gewöhnen müssen.

Er schlüpfte unter die Decke, streichelte den weichen Flaum des kleinen Mädchens, gab Apollo einen Kuss und erlaubte sich dann, schlafen zu gehen. Er war müde von einem Tag voller erklären, nein, das war nicht seine Tochter.

Apollo strich ihm durch die Locken und kuschelte sich dann selbst spürbar tiefer in die Kissen. Und als Lucius in seinen Schlaf abdriftete, fiel ihm ein, sie brauchten ja noch einen Namen für die Kleine.

Einige Tage später war Lucius auf Besuch bei seinen Eltern. Der Frühling war nun wirklich da, die Sonne schien angenehm warm, sodass nicht mal der Wind am Meer sehr unangenehm war. Die Wiesen- und Feldblumen standen in voller Pracht, sodass Lucius seinen Ritt sehr genoss, die Gärten der Villa sahen wundervoll aus und das Mittagessen mit seinen Eltern wurde erträglicher.

Mit seiner Mutter machte er einen Spaziergang durch die Gärten. Er war froh, zu sehen, dass es ihr wirklich wesentlich besser ging, als in der Stadt. Bessere Luft, weniger Stress, mehr Bewegung durch die Natur, am Strand oder über die weitläufigen Wiesen.

Sein Vater nahm ihn mit in sein Arbeitszimmer. Er musste ihn über seine Geschäfte informieren, welche Handel er abgeschlossen hatte, wie er finanziell den Winter überstanden hatte, ob er den Eindruck hatte, dass Lucia nach wie vor gut verheiratet war. Sein Vater schien zufrieden damit, dass er zu berichten hatte, dass sie schwanger war.

Gaius sortierte die Dokumente auf seinem Schreibtisch. „Gut. Dann sieh zu, dass du diese Stute auf jeden Fall weg kriegst, dann könnten wir noch mit mehr Käufen von diesem Stall zu rechnen haben. Davon würden wir extrem profitieren. Lade sie am besten auch zum Essen ein, freunde dich mit dem Besitzer an, da kannst du nichts verlieren." Lucius nickte. „Und sieh mal zu, dass du wieder zu ein paar Senatssitzungen auftauchst. Es sind ja wohl in letzter Zeit so wenige, wenn du schon im Kontakt zum Kaiser stehst, dann mach doch mal etwas daraus. Manche würden sich um deine Position reißen, Lucius."

„Ich bin mir nicht so sicher, wie gut der Kaiser momentan auf mich zu sprechen ist, aber ich werde es versuchen."

Sein Vater sah ihn entsetzt an. „Warum das?"

„Ah, ich war auf einer seiner Feiern mit einem jungen Mann ins Gespräch gekommen und ich weiß nun, dass er über den Winter in Griechenland war. Und wie der Kaiser so ist, hat er mich mehrmals nach seinem Aufenthaltsort gefragt, den ich ihm nun nicht geben kann."

Gaius Lucius schüttelte den Kopf. „Er ist zwar der Kaiser, den ich respektiere, aber manchmal frage ich mich doch, wo seine Prioritäten liegen."

Lucius nickte in leiser Zustimmung.

„Nun ja, wenn du sonst nichts mehr hast, wären wir soweit fertig. Ich muss deinen Bruder auch mal wieder herholen und meinen Enkel, die habe ich ewig nicht gesehen. Wenigstens der eine Enkel, der einen wirklich vernünftigen Pfad einschlagen will."

Tiberius hatte sich dazu entschieden, ins Militär einzutreten und nun lag Gaius Lucius' Bevorzugung stark bei ihm, im Gegensatz zu dem Enkel, der, wie Lucius es schön erzählt hatte, „Rhetorik" studieren wollte. Zu sagen, dass er Dichter werden wollte, hatte sich Lucius dann doch nicht getraut.

„Vater, ich hätte noch eine Sache."

Gaius drehte sich zu ihm herum und nickte, er durfte sprechen. „Ich werde demnächst wieder heiraten."

„Na, endlich. Dann hoffe ich, dass du dir eine vernünftige Partie ausgesucht hast. Und achte darauf, dass die Mitgift angemessen ist."

„Keine Sorge, Vater. Stand, Familie und Mitgift sollten hier mehr als stimmen, sie ist aus einer wirklich angesehenen Familie."

„Na, dann ist gut. Wann ist der Termin?"

Lucius antwortete: „Der steht noch nicht, ich habe bisher nur den Antrag gemacht und die Zustimmung bekommen."

„Dann beeil dich besser damit. Je schneller du sie unter dein Dach kriegst, desto sicherer ist, dass du sie wirklich heiratest. Am Ende überlegen die es sich nochmal anders, hat es alles schon gegeben."

„Das mache ich."

Gaius brummte zufrieden. „Und dann schreib mir gefälligst den Termin."

„Schon versstanden, sobald wie möglich."

„Chrysallìon!" Spurius landete mit einem großen Sprung in den Armen des jungen Mannes, der sich gerade so aufrecht halten konnte.

„Meine Güte, du bist ja tatsächlich so ungeduldig, wie dein Vater es mir geschrieben hat. Nun, ich nehme das als Kompliment." Apollo, Chrysallìon, wuschelte ihm durch die Haare.

„Komm schon, komm schon, komm schon." Spurius zog ihm am Arm hinter sich her, auf seine Freunde zu und dann nach drinnen. Er hatte Besuch von den Jungen, mit denen er sonst manchmal in die Bibliothek ging und sich auch sonst regelmäßig mit ihnen unterhielt und dichtete. Sie waren alle beinahe genauso aufgeregt, wie Spurius, den berühmten Chrysallìon zu sehen, von denen ihnen schon so viel berichtet wurde.

Lucius folgte ihnen nach drinnen und schmunzelte über Apollos übertrieben leidenden Blick, den er ihm zuwarf. Und leider machte er die Aufregung der Jungen nicht besser, als er ganz spontan, nur um die Metrik des Gedichtes zu prüfen, eine erstklassige Vorstellung des Gedichtes hinlegte. Vielleicht hätte Lucius ihn vorwarnen sollen.

Amor vincit omniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt