Strandtag

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Lucius fand, dass seine Villa momentan wirklich still war. Fast ein wenig zu still. Nachdem er den Kindern erzählt hatte, dass seine Eltern aufgrund des Umzugs bei ihnen einziehen würden, waren sie allesamt zu seinem Bruder ausgewandert. Ihre Einstellung war in etwa: 'tschuldigung, Vater, beziehungsweise Onkel, aber wofür hat man bitte einen Onkel, oder eben Vater, und ein eigenes Zimmer in dessen Haus, wenn man es in einer solchen Notlage nicht nutzen kann? Ein wenig enttäusch war Lucius zwar als erstes gewesen, da er das ganze Drama mit seinem Vater, das es garantiert geben würde, nun alleine durchstehen musste. Er hatte auf Beistand gehofft, aber richtig verübeln konnte er es ihnen auch wieder nicht.

Zu dieser Stille trug außerdem bei, dass ein größerer Teil seiner Sklaven angeboten hatte, auch ins Lager am Strand zu ziehen, um den Älteren von Gaius Lucius Platz in ihren Schlafräumen zu machen. Schließlich sollte keiner krank werden. Mittlerweile war auch schon der Besitz der beiden Villen und dem Land drum herum in den Besitzurkunden umgetragen, sodass die Villa faktisch schon nicht mehr Lucius gehörte.

Er genoss gerade seinen letzten freien Tag an einer unbeobachteten Stelle am Strand, denn ab morgen kamen seine Eltern und sie begannen, die Möbel zu transportieren. Außerdem sollten die ersten Künstler, denen er Einladungen geschickt hatte, eintreffen und dafür musste er noch kontrollieren, ob die für sie vorgesehenen Herbergen wirklich frei und vorbereitet waren.

Doch nun zwang er sich, nicht allzu sehr über das Anstehende nachzudenken, sondern einfach zu entspannen. Er hatte sich hinter eine Böschung gelegt, wohin wohl niemand kommen würde, und hatte seine Toga und seine Sandalen einfach an die Seite geworfen. Jetzt lag er im warmen Sand, genoss die Sonne und den Wind, der vom Meer wehte. Außerdem wartete er auf Apollo, denn er war derjenige gewesen, der ihm den Vorschlag gemacht hatte, sich am Strand zu treffen, denn sie beide hatten in den letzten Tagen zu viel zu tun gehabt, um sich zu sehen.

Nach einiger Zeit wurde es Lucius dann allerdings doch zu warm und er zog seine restlichen Sachen aus, um ins Meer zu gehen. Es war zuerst ein wenig kalt, doch er gewöhnte sich schnell daran und schwamm ein paar Schritte* nach draußen. Er konnte ein paar kleine Fische zwischen seinen Füßen beobachten, bis er schließlich eine Stimme vom Strand her hörte. Es war Apollo.

Lucius drehte sich um und sah ihn lächelnd am Strand stehen. Er schwamm schnell zurück, während Apollo sich ebenfalls seinem Chiton entledigte.

Wieder einmal wurde Lucius daran erinnert, wie schön Apollo war, wie er so im hellen Licht am Strand stand, sein Haar wie Gold glänzte, die sonnengeküsste Haut, darunter die trainierten Muskeln. Dabei gab es von nichts zu viel oder zu wenig, sein Gesamtbild war einfach perfekt, alles aufeinander abgestimmt, alles an ihm harmonisch und einfach schön. Ästhetisch, kallistisch** sogar.

Er sah beinahe aus, wie diese wunderschönen Statuen, die überall in den Tempeln, dem Palast und auch zu Hauf überall sonst zu finden waren, wenn man nur genau schaute. Die Künstler und Bildhauer hatten sich alle wahrlich Mühe gegeben, doch niemand kam auch nur annähernd an seinen Apollo heran, wie er vor ihm stand.

Lucius konnte sich nicht zurückhalten, er lief geradewegs auf Apollo zu und küsste ihn. Nun, warum sollte er sich auch zurückhalten? Es hielt ihn niemand auf, wenn es jemand könnte, wäre es einzig und allein sein Geliebter selbst.

Apollo war etwas überrascht, dass Lucius ihn sofort mit einem Kuss begrüßte, doch er genoss es, dass Lucius wieder ein wenig mehr aus sich heraus kam. Er zog den Kleineren an sich heran, was diesen kurz zucken ließ. Er hatte sich vermutlich gerade erst daran erinnert, dass er ja gar nichts am Leib trug. Doch es schien Lucius nicht weiter oder sehr zu stören, deshalb ließ Apollo nicht gleich wieder los. Als Lucius sich von ihm löste, grinste Apollo und fragte: „Womit habe ich denn diese Begrüßung verdient?"

Amor vincit omniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt