Ein Schuss in den Ofen

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„Greta!"
„Hey Greta!"
Ich schaute von meiner Arbeit auf. Fünf Gestalten liefen den Weg zum See, bergab hinunter.
„Hallo Jungs!" Sie waren gerade nahe genug, dass sie mich verstehen konnten.
Sie winkten wie wild und ich wusste sofort das entweder etwas sehr gutes oder sehr schlimmes passiert sein musste. Nicht einmal Dampfwalze war gelassen. Den Umständen entsprechend ließ ich also den Lampion, welchen ich gerade in diesem Moment in einem der umstehenden Bäume befestigen wollte, fallen und rannte den fünf entgegen.
Ich spürte den kühlen Märzwind Wind in meinen Haaren und lief noch ein wenig schneller. Ich müsste ziemlich dramatisch aus gesehen haben, denn an meiner Stelle hätte ich jetzt aus dem Off "I want to break free" von Queen eingespielt. Aber...naja. Immerhin dramatischer Wind in den Haaren. Dank meiner akuten Sprintfähigkeit, stand ich innerhalb von einpaar Minuten neben den Jungs. Sie wirkten durchaus erstaunt. "Du rennst?" Und Dampfwalze entsetzt. "Wenn du rennst, sollte man lieber auch rennen, weil dann was echt schlimmes passiert sein muss."
Ich lachte halb empört, halb belustigt auf. Typisch. "Ja ja du Spaßvogel,"ich boxte ihn in den Arm,"ihr macht allerdings auch den Eindruck, als wäre etwas schlimmes passiert." Zur Antwort bekam ich nur bedrückte Gesichter zu sehen, welche meine Vermutung bezüglich schlechten Nachrichten nur noch mehr bekräftigten. "Oh nein. Wenn ihr solche Gesichter zieht, ist irgendetwas gründlich schief gelaufen. Natürlich! Wieso auch nicht? Hier läuft ja wirklich nie etwas rund!" Ich sagte es mehr zu mir selber, als zu irgendwem sonst, doch mir kam es trotzdem so vor, als ob Strehlau seinen Kopf ein bisschen weiter eingezogen hätte.
"Also,"ich setzte mich zu ihren Füßen in den Sand am Ufer des Sees,"was ist passiert?"
Mücke, Dampfwalze, Ottokar, Stephan und Strehlau ließen sich der Reihe nach zu mir auf den Boden sinken. Der Sand war von der Sonne erwärmt worden, doch der Wind war noch recht frisch und mir fröstelte es. Ich krempelte die Ärmel, meines Pullis runter und Mücke setzte bereits zum Erzählen an.
Ich kann euch versichern...dass das ganze mal wieder ein totaler Schuss in den Ofen war...

Ottokar:
Typisch. Was hätte man auch anderes erwarten sollen? Warum musste alles nur immer so furchtbar kompliziert und spontan sein?
„Wir hätten diese bescheuerte Rede auch einfach selbst zu Papier bringen können. Aber Nein! Die hohen Herrschaften brauchten ja mal wieder ein „Profi". Als ob die das dort besser könnten als wir." Neben mir redete sich Strehlau gradezu in Rage. „Okay dann mach doch,"Mücke warf die Hände in die Luft," bitte, die Rede gehört dir ganz allein."
„He Leute! Jetzt kriegt euch mal wieder ein. Es ist dann auch nur ein Text okay?" Stephan öffnete eine Holztür zu einem Flur. In diesem Flur, bzw am Ende des Flures hatte die Schülerzeitung ihre Redaktion. Dort wurde immer allerlei rum fantasiert und getratscht.
Die Zeitung war bei keinem außer unserem Deutschlehrer wirklich beliebt. Sie verbrauchten immer so viel Papier... . Doch Herr Ender fand es, und ich zitiere: „wunderbar, wenn sich die Jugend geistig und praktisch mit ihrer Muttersprache auseinandersetzt." Darüber haben die Jungs und Ich fast eine ganze halbe Stunde lang gelacht. Der Gedanke daran ließ mich schmunzeln. Nur wir fünf Jungs. Die gute alte Zeit. Aber ohne Greta würde ich mir Schreckenstein nicht mehr vorstellen wollen. Sie ist einfach toll.
Auch wenn ich sagen muss, dass mich ein, zwei Sachen zur Weißglut bringen. Beispielsweise, dass sie von Zeit zu Zeit sehr einnehmend sein kann und einen sehr trockenen Humor hatte.
Hatten wir sie doch irgendwie lieb. Sie war unsere Freundin und ohne sie wäre es nur halb so aufregend hier.
Mittlerweile waren wir am Ende des Flures anglangt und Dampfwalze klopfte gegen die Tür mit der Aufschrift „Redaktion". Sie ließen uns eine ganze Zeit warten. War vielleicht sogar keiner da? Mussten die Schüler, der Zeitung auch bei den Vorbereitungen helfen?
Doch nein.
Innerhalb von ein paar Minuten öffnete uns ein stämmiger junge mit braun, blitzenden Augen. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen.
„Hallo?"der Junge schob seine Brille hoch,"Was gibts?"
„Hallo. Wir brauchen jemanden aus eurem Team. Also jemanden der uns beim schreiben eines Textes hilft."
„Ohhh. Ich kenne euch doch!"
„Ja wirklich?" Wir wirkten alle ein wenig verdutzt.
„Ja natürlich! Ihr seid doch die, die mit diesem Mädchen befreundet sind, oder nicht?"
Wir nickten überrascht.
Der Junge hielt uns grinsend seine Hand entgegen. „Hi, ich bin Oliver. Ich kann euch helfen wenn ihr mögt." Mücke ergriff seine Hand und schüttelte sie. „Das ist nett aber wir suchen jemanden bestimmten." „Echt?" rutschte es mir heraus, denn wir hatten zu anfangs garnichts abgesprochen.
„Ja, ist Tom da?"
Oliver zog die Schultern hoch.
„Klar, Tom ist immer hier. Er sitzt immer stunden vor seinem Tisch. Heute besonders viel. Aber wer kann es ihm auch verdenken? Immerhin passiert endlich mal was. Erst das mit der Rosenfelserin, dann wird auf einmal ein Fest angekündigt...hach," Oliver rieb sich die Hände,"das wird eine extra dicke Ausgabe."
"Juhu."flüsterte Stephan hinter mir in mein Ohr,"noch eine "extra" Ausgabe, die keiner liest."
Ich musste mir auf die Lippen beißen, um bloß nicht laut auf zu lachen. Denn das wäre in unserer Situation definitiv sehr unangebracht.

Oliver führte uns einmal durch die gesamte Schreibwerkstatt. Hier standen sogar alte Druckerpressen. Eine Trennwand, spaltete den Arbeitsraum von den Maschien und verhinderte, das man so einfach "geheime Informationen" einsehen konnte. Aber mal ehrlich. Was sollte jemand hier schon geheimes entdecken?
Oliver drückte die quietschende Klinke, der alten Tür herunter und öffnete sie. Im Raum dahinter war es schon heller und auch nicht ganz so staubig. Mehrere Schreibtische hnd Stühle standen dort. Auf fast jedem Platz stand ein veralteter Computer und nur eine Hand voll Schülern hielten sich hier auf. Keiner bemerkte scheinbar, dass sie Besuch bekommen hatten, denn kein einziger Kopf schnellte zu uns herüber, wie es normalerweise der Fall war, wenn Leute in einen Raum mit anderen Leuten traten.
Oliver führte uns geradewegs zu einem rothaarigen, verstrubbelten Jungen, dessen Finger voller Füllertinte waren und dessen Haut sehr blas und hell wirkte. "Tom?" Keine Reaktion. "Tom!" "Hh?" Der Junge sah zu uns auf. "Du hast meinen Schreibflow unterbrochen Olli!" "Tschuldige, aber hier sind ein paar Jungs die dich sprechen wollen. Sie wollen das du für sie irgendeinen Artikel schreibst." Die Blicke des Jungen huschten zu uns herüber.
Tom seufzte. "Fein. Kommt her." Er hatte seine Blicke wieder auf das Blattpapier gerichtet doch seine Hand winkte uns zu ihm. Also kamen wir seiner Bitte nach. "Was gibts Mücke?" "Hä? Wie kannst du wissen das wir es sind? Du hast uns noch nicht mal angeguckt als wir reinkamen."
"Ach. Authoren sind ein komisches Völkchen, Mücke. Wir könnten dir zum Beispiel auf anhieb zehn Todesarten aufzählen und in welchen Situationen welche am besten wäre könnten wir dir auch noch sagen. Also leg dich niemals mit einem von unserer Sorte an."
"Schön. Aber wir wollen uns ja auch garnicht mit dir anlegen, sondern wir brauchen deine Hilfe."
"Achja und in was?" Die Genervtheit konnte man deutlich aus seiner Stimme entnehmen.
"Du musst für uns einen Artikel schreiben und schwören ihn nicht vor dem Fest zu veröffentlichen." Brachte es Stephan auf den Punkt. "Tut mir leid. Aber in diesem Falle...bleibe ich meiner Zeitung treu."
"Ach jetzt komm schon." Dampfwalze platzte nun entgültig der Kragen," das ist doch nur ne dumme Schüler Zeitung und Klatschblatt. Das meiste was ihr schreibt ist noch nicht mal wahr! Und eure Zeitung ließt sowieso keiner!"
"Raus," war das letzte was wir hörten, bevor wir von einer tobenden Herde Authoren aus der Redaktion gejagt wurden.

Burg Schreckenstein und ich mittendrinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt