Die letzten Vorbereitungen

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Ich nahm ein wenig Sand in meine Hand und ballte sie zu einer Faust. Langsam rieselten die feinen Körner hinaus und hinterließen ein kribbelndes Gefühl auf meiner trockenen Haut.
„Und was machen wir jetzt?" Mücke zog die Schultern hoch.
„Nach Walzes kleiner Szene vorhin werden die uns sicher nicht mehr helfen." Ich schaute immernoch zu Boden, mit einer tiefen Denkfalte auf der Stirn. Ja, was sollten wir jetzt tun?
Langsam sponn sich in meinem Kopf eine Idee zusammen. Sehr fein, aber dennoch realtiv reisfest. Jemand musste schließlich etwas gegen dieses ewige "Ratlos da sitzen und jammern" machen. "So!" Ich klopte meine sandigen Hände am Pulli ab und rappelte mich seeehr ladylike auf. Stöhnen wie ein altes Nielpferd hiefte ich mich hoch (auf die nur am denkbar komplierteste Weise, die je versucht wurde). Ich sah die bemitleidenden Blicke der Jungs. Na vielen Dank auch! Als ich endlich halbwegs aufrecht stand streckte ich meinen Rücken durch. "Ach Kinder, ich werde alt." Jetzt stemmten sich auch die Jungs aus dem Sand empor. „Das ist uns klar, du alte Tante." „Aber wenn du dich anfängst zu bewegen heißt das du hast ein Plan." „Den hab ich auch." Ich führte einen seltenen Tanz auf, dessen Zweck es war den Sand aus meinen Vans zu schütteln. „Und der wäre?" Strehlau klang genervt. „Pssschhh! Lass die Meisterin ihren Tanz beenden oder ihr Zorn wird dich treffen." Mücke gestikulierte mystisch mit den Händen vor Strehlaus Gesicht umher. „Dich trifft gleich mein Zorn."
Ich beendete meinen Hüpftanz und wandte mich wieder den fünf planlosen zu. „Okay okay, Trommelwirbel...wir...schreiben...einfach...selber eine Rede!" Verdutztes Schweigen um mich herum. Dann Sarkastisches Klatschen von allen fünf. „Wow! Wirklich Greta, was ein Meisterplan! Und so ausgereift und original!"
„Pff!" ich winkte ab,"kein Ding Stephan. Hab ich doch gern gemacht. Bloß nicht zuviel des Guten. Ich bin mir außerdem ziemlich sicher das es originell heißt und nicht original." „Ja ja, du alte Klugscheißerin."
„Also dann, Freunde,"wie ein Mafiaboss der gerade einen guten Deal abgewickelt hatte und nun eine besonders gute Flasche Champagner orderte, rieb ich mir die Hände,"frisch ans Werk." Nun wandte ich den Jungs den Rücken zu und machte mich auf den Weg zu Alina, um ihr Bescheid zu sagen, das ich im Dekoteam das Handtuch schmiss und nun wieder als Schrecki arbeitete.
„Die hat ne Meise," flüsterte Dampfwalze hinter mir. „Das wissen wir doch," flüsterte Ottokar zurück,"das wissen wir doch."
~
„Also der Plan ist folgender: Einer behinnt mit einem Wort und dann sagt einer das nächste Wort, oder halt den nächsten Satzteil bis wir eine ein Seiten lange Rede beisammen haben."
Eine kurze Pause folgte.
„Kapiert?"
Die Pause dauerte an.
„Ach kommt schon! Jungs. Es ist doch nicht so schwer...okay...jeder der das Prinzip verstanden hat steht bitte einmal auf."
Strehlau erhob sich als erster.
„Kommt Jungs, sie will das wir alle zusammen Sätze vervollständigen."
Ein Moment der Erleuchtung ging durch die Reihe. Ernsthaft?! Das war nötig? Wow! Also manchmal fragte ich mich was ich hier eigentlich mache. Nun standen alle. „Schön. Dann wollen wir mal anfangen."
Wir saßen wieder im Zimmer von Ottokar und Stephan wie eine Selbsthilfegruppe im Kreis. Von draußen hallten Rufe und Kommandos zu uns herrein und ließen uns mehr oder weniger Teil des Geschehens am Strand sein. Die Aufbauarbeiten waren in vollem Gange. Als wir vor ein paar Minuten die Baustelle verlassen hatte, war sie noch von Holzstapeln und meterhohen Lichterketten knäulen geprägt. Jetzt nahm die Tanzfläche langsam erste Züge an und die Mädchen des Dekoteams begannen sogar schonmal grob aufzuräumen. Immerhin neigte sich der Tag bereits seinem Ende. Morgen war schon der Tag des Festes geplant und man musste kein Eventmanager sein, um zu begreifen, dass wir hinter der Zeit lagen.
„Schön, also ich fange dann einfach mal an."
Stephan setzte eine grüblerische Mine auf. „An diesem Tag,..."
Dampfwalze schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „hat!" Applaus ging durch unsere Reihen. So ging es noch für einige Zeit weiter und langsam kam ich zu dem Schluss, dass es so auch teilweise in der Politik zugehen müsste. Einer machte ein total simplen Vorschlag und es wurde geklatscht... . Gut das ich nicht absah Politikerin zu werden.
Bis zum Abendessen hatten wir tatsächlich anderthalb Seiten des feinsten Wortgemisches beisammen zu denen uns jedes Kindergartenkind applaudiert hätte...aber naja...der Graf und der Rex halt nicht.
„Ist das euer Ernst?!" Anklagend wedelte der Graf mit den Blättern vor unseren Nasen herum. „Ist das alles was ihr heute geschafft habt?" Die Stimme des Rex klang deutlich angespannt. „Naja,"meinte Ottokar schulterzuckend," eigentlich hatten wir nur vor eine Seite zu schreiben." „Ich glaubs nicht." Der Graf knallte das Papier auf den Tisch. „So, dann kann ich euch auch nicht mehr helfen. Ihr werdet das morgen vortragen, so oder so. Egal wie peinlich es euch wird." „Das klingt als hätte das ein fünfjähriges Kleinkind geschrieben!" Der Graf war richtig in Rage. „Ja, das liegt daran das wir das alle zusammen geschrieben haben." „Greta!"Sein ausgestreckter Finger zeigte anklagen in meine Richtung,"gerade als meine Enkelin hatte ich ein wenig mehr von Dir erwartet." „Was ist denn los? Sind euch anderthalb Seiten zuwenig? Ich verstehe euer Problem nicht ganz. Ja, es ist relativ schlecht geschrieben, aber nur weil uns keiner geholfen hat." „Hm Hm...,hat,hm hm." „Sei still Walze!" zischte Mücke hinter ihm. „Greta,...wenn du doch weißt das es schlecht geschrieben ist...warum hast du dann...? Ach ich frag garnicht erst! Ihr werdert das morgen so verlesen oder improvisieren, verstanden?" Wir nickten schnell. Wenn der Graf von Schreckenstein wütend wurde sollte man sich am besten in acht nehmen. „Und jetzt geht zum Abendessen sonst ist alles schon weg," mit einem Nicken in Richtung Tür wurden wir entlassen. Unsere Strafpredigt schien beendet. Bis-„Ach Greta...Du wirst nach den Ferien in der Schülerzeitung arbeiten. Es kann doch nicht angehen das meine Enkelin keine vernünftigen Texte schreiben kann!" Das saß. Eine der scheinbar schlimmsten Strafen hier. „Ja, Großvater." Schnell schlüpfte ich aus dem Türrahmen bevor sich mein Großvater noch weitere Strafen ausdenken konnte.
Auf dem Flur warteten die Jungs auf mich. Sie hatten ihre Arme weit ausgebreitet und umarmten mich. „Gruppenkuscheln." Meinte Mücke. „Na komm her." Sagte sogar Dampfwalze. Ich konnte mich nicht daran erinnern die Jungs jemals in meiner Zeit hier umarmt zu haben. "Du schaffst das schon,"flüsterte Ottokar,"gegen dich hat die Schülerzeitung sowieso keine Chance."

Burg Schreckenstein und ich mittendrinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt