Walzer der zwei Freunde

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Mein Großvater stemmte die Hande in die Hüften. Sein Mund öffnete und schloss sich immer wieder, als fände er nicht die richtigen Worte für diese Situation. Wie er so da stand erinnerte er mich sehr an einen Kugelfisch. Der Graf bemerkte seine merkwürdige Haltung augenblicklich, schloss den Mund und räusperte sich einmal stark.
„Also schön. Komm, begleite mich ein Stück." Der Graf ging einige Schritte Voraus. Hastig schloss ich zu ihm auf und strich den Dreck von meinem Kleid. „Also...Du und Ottokar? Tja ich hätte daran garnicht zweifeln sollen. Nicht seitdem ich euch im Krankenhaus schlafend, Schulter an Schulter gesehen habe." Ich wurde sofort rot. Man. Dieser alte Herr macht mich noch fertig!
„Ihr passt gut zusammen," meinte er dann plötzlich," wieso hast du ihn denn nicht gefragt, ob er mit dir tanzen möchte, Greta?"
„Er hätte genauso gut fragen können." Was soll man da schon großartig auf diese Frage antworten. Deshalb hatte ich mich ja unter dem Tisch versteckt. Das war mir alles zu peinlich. Außerdem hatte ich unsere Freundschaft schon einmal mit meinem übermütigen Verhalten in Gefahr gebracht. Das würde ich nicht noch einmal riskieren. Nie. „Außerdem weiß ich doch garnicht, ob er mich auch...mag." „Mhmh..." summte mein Opa vor sich hin. Verlegen rieb ich mir über die Oberarme. Ich fröstelte. Mit dem Sonnenuntergang war es auch frischer geworden.
Gerade passierten wir eine Gruppe lachender Schüler und Schülerinnen. Unter ihnen entdeckte ich Stephan und Ottokar. Letzterer hielt kurz inne als er mich sah und verschwandt kurz hinter einigen Schülern um etwas zu holen.
Es wurde immer dunkler und langsam machten sich die ersten Sterne am Himmel bemerkbar.
„Greta! Hey!" schnell zucke ich herum. Die Stimme hinter mir gehörte Ottokar. Er löste sich nun aus der Gruppe Schüler und kam auf mich zu.
„Hi, ähm...es ist frisch geworden." Ich nickte einfach nur. „Ist etwas?" „Naja ich dachte dir wird kalt...äh ich hab dir deine Jacke mirgebracht." Schnell streckte er mir meine Jeansjacke entgegen. „Danke." Ich wurde erneut rot und lächelte schnell. Er gab mir die Jacke und drehte sich -ebenfalls verlegen- wieder zum gehen. Wärend ich in die Jacke schlüpfte sah ich den Grafen an. Dieser sah mich wiederrum an. Mit solch einem bösen entäuschten Blick das es mir fast schon wehtat. Dann verdrehte er die Augen und wante sich grummelnd von mir ab. Genervt rollte ich mit den Augen. Ich wusste ganz genau was er von mir wollte. „Ist ja gut, ist ja gut," brummte ich. Tief Luft holen Greta. Du schaffst das.
Noch bevor ich es merkte setzten sich meine Füße in Bewegung. Sie wurden immer schneller und schneller. „Hey, Ottokar!" Ich hatte ihn fast eingeholt. Auf Hälfte der Strecke hielt er inne und ein Schritt entfernt blieb auch ich im Sand stehen. „Es ist so...naja...wie soll ich es sagen? Würdest du mit mir..." Ich konnte es einfach nicht! Man! Wieso?! Wie komme ich jetzt hier wieder raus? Hilfe!
„Tanzen?" fragte er nach einger Zeit. Ich nickte lächelnd. Nun war es an ihm rot zu werden. „Äh," er kratzte sich am Hinterkopf," klar, gerne."
So gingen wir ohne ein weiteres Wort in Richtung Tanzfläche. Der Walzer dudelte immernoch aus den Lautsprechern des Kassettenrecorders und mittlerweile schaukelten schon viel mehr Paare zum Takt auf dem Pakett. Ich schmunzelte. Mein Großvater...herrje. Er hatte den Dreh einfach raus. Hier und da sah man sogar einige küssende Paare. Naja sofern die Horn nicht dazwischen ging und die beiden sofort trennte und von der Tanzfläche zog. Darüber konnte man ja nur die Augen verdrehen. Die Rosenfelser Schulleiterin war unentspannt wie eh und je. Diese Tanzveranstaltung musste die Hölle für sie sein.
Kaum das wir die Holzdielen betraten endete die Melodie. Sie wurde immer leiser und langsamer. Paare lösten sich voneinander und verließen die Tanzfläche. Na toll. Das war ja mal wieder typisch. Ottokar und ich waren nun die einzigen auf der gesamten Fläche. Ich wollte schon mit den Schultern zucken und kapitulieren. Dem Grafen hätte ich dann wenigstens sagen können, ich habs versucht.
Da ging plötzlich ein fiepen durch die Menge. Sofort schnellte ich zum Rednerpult herum. Dort stand...Mücke. Und in seiner Hand hielt er ein rechteckiges schwarzes Ding. Ein Handy! Es war einfach zu dunkel für soetwas. Aus seiner Anzugtasche fummelte er jetzt eine Sonnenbrille. Wie einer aus "Men in Black" setzte er sie auf und drückte einmal auf den Screen seines Handys. Aus den Lautsprechern an den Pfälen, rund um die Tanzfläche, drönte nun Musik. Dieses kleine Genie! Ich applaudierte in seine Richtung. Und Ottokar rief hinter mir "Whoo! Mücke," bevor auch er klatschte. Jetzt erkannte ich auch das Lied! Es war "Can't take my eyes off of you." Cassy hatte mir früher immer erzählt das wäre ihr Lieblingslied gewesen. Naja da war ungefähr 10 Jahre alt. Dennoch, folglich konnte ich jede Zeile des Liedes, da Cassy das Lied immer ganz laut gehört hatte, sodass ich es von meinem Dachboden aus jedesmal mitgehört hatte. Der Text war zwar recht kitschig doch der Takt und Ritmus war das eigentliche, was mich an dem Lied so fasziniert hatte. Es war einfach ein gute Laune Song. Ohne groß darüber nachzudenken nahm ich Ottokar an der Hand und drehte ihn einmal um sich selbst. Nun lachten wir beide. Mücke legte das Handy einfach aufs Podium und tanzte mit uns mit. Nach und nach kamen auch Dampfwalze, Strehlau, Stephan und auch Alina, Bea und Inga zu uns. Nun griff Ottokar nach meiner Hand und dreht mich einmal im Kreis. Um uns herum tanzten die anderen miteinander und Strehlau legte sogar eine improvisierte, und dennoch, erstklassige Steppnummer aufs Pakett.
Das Lied endete viel zu schnell. Das nächste automatisch eingespielte Lied war ein Langsames. Ich kannte es aus einem Film. Auch wenn ich mich nicht mehr an den Titel erinnern konnte wusste ich trotzdem den Namen des Liedes. „Fooled Around And Fell in Love". Dank meines Großvaters hatte ich genügend Grundwissen, dass ich die wusste wie man die Arme bei so einem langsamen Tanz halten musste. Ich schaute nach links und rechts. Walze hatte seine Hände um Ingas Hüfte gelegt und Inga hatte ihre Hande um seinen Hals. Stephan und Bea tanzten ungefähr gleich, wenn auch mit sehr viel mehr Abstand zu einander, als die anderen beiden. Immerhin waren sie noch nicht komplett ausgesöhnt. Ich musste grinsen als ich feststellte das Strehlau und Mücke sich einfach an den Händen hielten und sich im Takt wiegten. Ich wollte nicht anders Tanzen, als die anderen. Wie sähe das denn bitte aus? Ich wante mich wieder Ottokar zu. Dieser war meinem Blick gefolgt und hatte wahrscheinlich gerade an das selbe gedacht wie ich. Vorsichtig legte ich meine Hände erstmal auf seine Schultern. Sicher ist sicher. Er legte seine Hände oben an die Taille. Zwischen uns war soviel Platz, das mindestens noch ein weiterer Schüler zwischen uns gepasst hätte. Zögerlich kam ich ein bisschen näher, nur um nicht ganz so nervös zu wirken. Der Refrain setzte ein. Dampfwalze und Inga tanzten an uns vorbei. „Ihr seid ja schisser. Macht euch nichts draus. Es ist nur ein Tanz." Das „Schisser" ließ ich ganz sicher nicht auf mir sitzen. Dafür war ich zulange hier, um mich nocheinmal so nennen zu lassen. Außerdem hatten die beiden Turteltäubchen ja recht; es war nur ein Tanz. Nur ein Tanz. Vorsichtig rückte ich meine Hände ein Stück höher. Nur ein Tanz. „Das lassen wir nicht auf uns sitzen, okay?" „Never." Daraufhin legte er nun auch die Hände an meine Taille und ich meine Hände um seinen Hals. „Geht doch!" meinte Bea, denn in dem Moment tanzten Sie und Stephan an uns vorbei. „Ein Traumpaar," meinte Stephan und boxte Ottokar in die Schulter. Nun wurden wir bei röter als eine Wärmelampe.
Wie lang würde das noch gut gehen mit dem „wir sind nur Freunde"?,denn jeder Blindfisch konnte erkennen das wir mehr waren als das.

Burg Schreckenstein und ich mittendrinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt