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Im Taxi sitzend starrte ich auf die Rückenlehne vor mir und fühlte mich so niedergeschlagen wie schon lange zuvor nicht mehr.

Lou klebte mit ihrer Wange am Fenster des Wagens und schien seelenruhig ihren Rausch auszuschlafen, während sie leise Schnarchgeräusche von sich gab und ihr Spucke aus dem Mundwinkel tropfte.

Ich atmete schwer, kniff die Augen zu und ließ meinen Kopf gegen die Nackenstütze prallen.

Wie konnte mir das passieren?

Ich traf den attraktivsten Typen der mir je begegnet war, der mich binnen Sekunden all meiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten entledigte und verlor ihn Minuten später aus den Augen, ohne auch nur seinen Namen zu kennen.

Shit! Wieso hatte ich das zugelassen?

Hätte Lou mit dem Torkeln richtung Klo nicht wenigstens noch warten können, bis ich ihm meine Nummer gegeben hatte?

Minutenlang hatte ich mit meinen Augen jeden Quadratzentimeter des Clubs vergeblich abgesucht. Nichts! ...

Das Taxi hielt vor meinem Appartement und ich öffnete meine Augen wieder, wollte nur noch in mein Kissen jammern und mich über Lou, aber vor allem mich selbst ärgern.

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Als ich zur Uhr schaute war es bereits 11:38 und mein Schlafzimmer hell erleuchtet. Scheinbar hatte ich es doch irgendwann noch geschafft einzuschlafen.

Im XXL- Schlafshirt machte ich mich schlurfend auf den Weg in die Küche, aus der es nach frischen Brötchen und gebratenem Ei roch.

Im Flur zuckte ich kurz zusammen, als ich meine verquollenen Augen im großen Spiegel an der Garderobe sah.

Yep, Ich sah genauso schlimm aus wie ich mich fühlte!

„Hey Süße, du bist wach!", trällerte meine neue Mitbewohnerin Lou.
„Als kleine Entschädigung für gestern wollte ich versuchen, die ganze Sache mit einem späten Frühstück wieder gut zu machen. Es tut mir wirklich mega leid, dass ich mich so abgeschossen habe.
So viel werde ich nie wieder trinken - versprochen! Ich hoffe du kannst mir das verzeihen."

Ich seufzte tief und näherte mich ihr im Zeitlupentempo.

„Ehrlich gesagt, denke ich nicht, dass ich das kann", sagte ich, als ich mich an den Küchentisch setzte und das Gesicht in meinen Händen vergrub.

Entsetzt starrte Lou mich an und erwartete Antworten.

Ich sah hoch und fasste die Geschehnisse so knapp wie möglich zusammen.

„Bevor ich dich gestern zu den Toiletten stolpern sah, hat mich ein ... Typ ... angesprochen ..."
Bei dem Gedanken an ihn wurde mir sofort wieder heiß im Gesicht.
„... den ich dann für dich stehen ließ ... und als wir aus dem Waschraum kamen ... war er weg."

Lou schluckte und ich konnte in ihren Augen sehen, dass sie sich unendlich schuldig fühlte, weil sie spürte, dass der Unbekannte mir mehr als nur gefiel.

„... und ich kenne nicht einmal seinen Namen...", fügte ich mit verzerrter Miene hinzu und
spürte daraufhin Lou's Hand auf meiner Schulter.

„Oh Gott Maddie!
Dann hat der Abend für dich ja einfach noch schlimmer geendet als ich befürchtet hatte.
Es tut mir uuuunendlich leid, dass ich dir die Chance versaut habe ihn kennenzulernen...
Gibt es denn irgendetwas, was du über ihn weißt? Irgendeine Info?", fragte sie aufgeregt.

LondonboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt