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„Näher", befahl er mir in herrischem Ton.

Ich hatte mich auf sein Bike geschwungen und hinter ihn gesetzt. Meine Hände hatte ich vorsichtig rechts und links an seine Hüften gelegt.
Doch das schien ihm nicht auszureichen.

Gequält schloss ich meine Augen und atmete tief aus. Er hatte recht.

Wenn ich so sitzen bliebe, hätte ich keinen Halt auf dem Motorrad.

Zögerlich bewegte ich mein Becken vor, bis es seinen Steiß berührte.
Da der Abstand zwischen unseren Körpern nun nicht mehr existierte, musste ich auch meine Hände von seinen Hüften nehmen und sie um seinen festen Unterbauch schlingen, sodass mein Brustkorb seinen Rücken vollständig bedeckte.

Die Nähe zu ihm fühlte sich gleichzeitig fremd und doch vertraut an.
Eine Mischung aus grauenhaft und wunderbar - einfach schwer zu beschreiben, doch irgendwie gefiel es mir.

„Besser", kam es von Hayden und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, war ich mir sicher, dass er wieder schief grinsen würde.

Sekunden später heulte sein Bike laut auf und wir fuhren davon.
Ich hatte immer noch keine Ahnung wo er mit mir hinfahren wollte, oder was für diesen Abend überhaupt in Planung war.
Doch das machte es auch gerade irgendwie ... aufregend.

Minutenlang heizte Hayden mit mir an seinem Rücken durch London.

Obwohl er die angegebenen Höchstgeschwindigkeiten konstant ignorierte, fühlte ich mich sicher auf seinem Motorrad. Es wirkte, als hätte er noch nie in seinem Leben etwas anderes gemacht als darauf zu fahren.
Merkwürdigerweise fand ich das anziehend, obwohl ich Raser hasste.

Vor einem schicken Neubau in der Innenstadt kamen wir langsam zum stehen.
Ich kannte das Haus. Es handelte ich um das Gebäude, in dem das „Green Garden" betrieben wurde - eins der top Restaurants in London, in dem es die feinsten Speisen und höchsten Preise gab.
Auf einen Tisch hier musste ein Normalo Monate warten.

Nachdem wir abgestiegen waren, unsere Helme abgenommen und die Handschuhe ausgezogen hatten, schaute ich Hayden fassungslos an.

„Wow, niemals hätte ich gedacht, dass ich hier jemals in meinem Leben essen würde", kam es aus meinem Mund und ich spürte, wie sich meine Wangen färbten. Hatte ich das gerade laut gesagt?

Hayden blickte mir tief in die Augen und verzog dabei keine Miene.

„Für dich ... nur das Beste."

Mit verkniffenen Lippen wendete ich meinen Blick ab und betrachtete meine Schuhe.
Er hatte mich schon wieder in Verlegenheit gebracht. So konnte das nicht weitergehen. Ich musste versuchen, mich endlich etwas fallen zu lassen.

„Komm." Wieder forderte er mich auf.
Er nahm mich an der Hand und führte mich durch die große gläserne Eingangstür.
Der Hautkontakt löste ein Prickeln in mir aus.

Kurz darauf blickte ich mich mit großen Augen im Restaurant um und konnte kaum fassen, dass ich hier war.
Die Einrichtung schien unfassbar teuer, sehr modern und perfekt abgestimmt.
Wenn das Essen auch nur halb so gut wäre wie die Einrichtung, konnte ich den Hype um das „Green Garden" vollkommen nachvollziehen.

Doch ein Detail schien mir merkwürdig:
Nur zwei weitere Tische, die sich sehr weit entfernt befanden, waren besetzt.
Normalerweise sagte man dieser Location doch nach, sie wäre so überfüllt, dass es eine Warteliste gäbe.

Hayden blieb plötzlich stehen, löste seine Hand aus meiner und ich sah, dass ihm ein Kellner, dem er vorher zugenickt hatte, eine Tasche überreichte.

Er wendete sich zu mir.

„Da wir ja schlecht in unseren Lederkombis hier sitzen können, habe ich dir etwas besorgt.
Zieh dich im Waschraum um."

LondonboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt