Blutrot

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Rosie saß stumm auf ihrem Bett und starrte aus dem Fenster. Es war schon spät, doch sie hatte sich seit dem Abendessen nicht mehr vom Fleck bewegt. Sie hatte sich nicht einmal umgezogen, obwohl sie eigentlich schon hundemüde war. Doch sie schaffte es weder ein Auge zuzukriegen noch einen anderen Gedanken in ihren Kopf zu bekommen, als das Gespräch heute mit ihren Eltern.

,,Dein Vater und ich sind der Meinung, dass es für dich kaum jemand besseren geben könnte, Rosemary. Und wir denken natürlich auch an die Zukunft. Unsere Blutlinie muss immerhin erhalten werden und wer käme da besser in Frage, als der Sohn der Familie Cavendish?"

Jedes Mal, wenn sie sich diesen Satz durch den Kopf gehen ließ, lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Wie gerufen kam da das leise Klopfen an ihrer Zimmertür, das ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenkte.

,,Ja?" fragte sie zur Tür hin. Sie rechnete mit Edward, der bestimmt wegen der Sache beim Abendessen mit ihr reden wollte. Umso überraschter war sie, als es nicht Edward war, der die Tür öffnete.

,,Tipsy?" fragte Rosie verwundert, als die kleine Hauselfe schüchtern die Tür öffnete.

,,Der Herr Gebieter schickt mich nach Ihnen..." sagte sie leise und hielt ihren Kopf gesenkt.

,,Wirklich?" fragte Rosie überrascht.

,,Hat er erwähnt warum?"

Doch Tipsy schüttelte nur den Kopf. Rosie stand auf und machte sich daran der Hauselfe hinterherzugehen. Vermutlich wollten ihre Eltern nach Edwards Wutausbruch noch einmal über die Sache mit Callum reden.

Vorsichtig folgte Rosie Tipsy in das Wohnzimmer. Es war nicht sehr hell. Das einzige Licht, das den Raum vor der gespenstischen Dunkelheit bewahrte, kam vom knisternden Feuer, welches im großen Kamin vor sich hin flackerte. In der Mitte des breiten Raumes erblickte sie ihren Vater. Er stand erwartungsvoll im Zentrum des großen Webteppichs und hatte seine Arme hinter seinem Rücken verschränkt. Schräg hinter ihm stand Rosies Mutter... und neben ihr wiederum konnte sie Edward erkennen. Er blickte stumm zu Boden. Der Schatten, der auf seinem Gesicht lag verhinderte, dass Rosie irgendetwas erkennen konnte.

,,Vater?" fragte Rosie vorsichtig, als sie langsam nähertrat. Aus den Augenwinkeln konnte sie Tipsy beobachten, wie sie sich zu den anderen Hauselfen neben den Kamin stellte.

Plötzlich fiel ihr Blick auf drei etwa einen halben Meter lange Metallstäbe, die aus dem Feuer herausragten. An ihren Enden war ein lederner Griff befestigt, der es einem ermöglichte sie in die Hand zu nehmen, ohne sich am heißen Eisen zu verbrennen. Rosie wurde auf einmal ganz schlecht, als sie geschockt zu Edward hinüber blickte. Sie wusste, wozu diese Stäbe gut waren.

,,Rosemary..." begann ihr Vater mit ruhigem Unterton, während Rosie ungläubig zu Edward starrte. Ihr Herz drohte in ihrer Brust zu zerspringen. Sie fühlte von links die Wärme des Feuers auf ihrer Haut, doch es verursachte nur ein nervöses Kribbeln. Nein... Sie musste sich irren. Edward hatte ihr versprochen dicht zu halten! Doch all ihre Hoffnung zerplatzte, als ihr Vater auf einmal etwas hinter seinem Rücken hervorholte...

,,Trink das!" forderte Mister Osbern seine Tochter auf und hielt ihr ein winziges Glas vor die Nase, in welchem sich ein ebenso winziger Schluck einer klaren Flüssigkeit befand. Rosie begann zu zittern. Augenblicklich schossen ihr Tränen in die Augen.

,,Vater, ich hab nichts getan!" stammelte sie ängstlich und blickte flehend zu ihrem Vater hinauf. Doch dieser schien ihr nicht zuzuhören.

,,Rosemary... Trink das!" wiederholte er. Diesmal war sein Tonfall deutlich schroffer. Mit seinen stechend blauen Augen blickte er seiner Tochter entgegen und machte ein für allemal deutlich keine Widerrede zu dulden. Rosies Unterlippe begann zu zittern.

Rosemary (HP/Rumtreiber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt