Das Verhör

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Lucius Mainheart
Mich bringt die Unsicherheit, das ein Schüler, ein Magier uns verraten hätte, in inneren Aufruhr. Dabei bin mir doch schon längst sicher, dass er getötet wird, wenn die Aussage stimmt. Plötzlich klopft es an der Tür. ,,Herein.", murmele ich nachdenklich und Neno tritt ein. ,,Was wollten sie denn?", fragt er verwirrt. Ich gehe lauernd zur Tür und schließe ab. ,,Fenia hat mir etwas erzählt.", fange ich lächelnd an. Mainus schwitzt wieder mal wie wild. Hilfe. Wieso habe ich den nur eingestellt.
,,Was hat sie erzählt?" Neno wird nervös. ,,Dass du ein Verräter bist.", zische ich nun ausdruckslos, um ihn zu verunsichern und ihn dazu bringen, klein bei zu geben.
Doch das tut er nicht. Seufzend setze ich mich auf meinen Lieblingsessel,
der ebenfalls schon da war. ,,Setz dich doch.", biete ich ihm an.
Neno setzt sich auf einen Umzugskarton. Diesen Direktorstuhl und da wo die Schüler sich darauf setzen, hatte ich schon lange entsorgt. Sie quietschten und wurden von Menschen benutzt.
,,Ich kann keiner sein.", sagt Neno ausdruckslos. Ich starre ihn an.  ,,Und wieso?" Ich werde ungeduldig und tippe auf den Tisch.
,,Fenia muss sich vertan haben. Was hat sie denn gesagt?" Seine Stimme klingt gelangweilt, so als würde es ihn kein Stück interessieren. Wenn er etwas weiß, werde ich es aus ihm heraus quetschen. Selbst wenn er leiden muss. Er wird wie ein Insekt...
,,Sie sagte, du hättest dich mit einem Mensch getroffen." Der Wunde Punkt. Es traf ihn. Er wird ungeduldiger. Er muss die Wahrheit sagen.
,,Sie will sich nur wichtig machen. Ich habe keinen gefunden.", widersprach er widerspenstig.
Ich entscheide mich, zu härteren Maßnahmen zu greifen. ,,Mainus? Hol Felix." Der Gedanke an den Halbling ekelt mich an. Er ist zum Glück seit vielen Jahren weggesperrt. Wegen Mainus ließ ich Gnade walten. Ich hätte ihn direkt verbrennen lassen.
Mainus nickte und fasste schwitzig die Türklinke. Wenigstens für eines waren Halblinge nützlich: Sie konnten herausfinden,ob jemand lügt oder nicht. Das ist aber ihr einziger Nutzen.
Kurz darauf kam Felix mit Ketten herein. Ich rümpfe leise die Nase und schnipste mit den Fingern. Nun ist der Halbling gewaschen.
,,Was wollt ihr von mir?", zischt er mit rauer Stimme. ,,Lese, ob er die Wahrheit sagt.", befehle ich.
Felix trottet zu Neno und hebt seine Hand. Er hält sie an seine Stirn und zuckt zusammen. ,,Was ist los?", frage ich mit zusammengekniffenen Augen.
,,Ich habe es nur lange nicht mehr getan, das ist alles.", krächzt Felix und scheint sich zu konzentrieren.
Endlich kann ich mit der Befragung fortfahren: ,,Hast du dich mit einem Menschen getroffen?" ,,Nein.", antwortet Neno ernster Als bevor. Ich schaue zu Felix. ,,Und?" Felix schreckt hoch und nickt. ,,Er sagt die Wahrheit."
Ich wedele mit meiner Hand zur Tür. Neno verließ den Raum.
,,Bring ihn raus!", schreie ich wütend. Ich wollte die Fratze des Halblings nie mehr sehen. Mainus nickt und führt Felix ab. Ich setze mich völlig fertig mit den Nerven auf meinen Lieblingsessel, da ich als der Halbling kam aufgestanden war, und schließe die Augen. Erinnerungen steigen hoch:

,,Lilly?", rufe ich erfreut. ,,Zauber noch etwas!", fordert sie mich auf und ich zaubere ihr rote Rosen. Wir lachen, als ich ihr den Strauß gebe. Dann küssen wir uns. ,,Bleib bitte.", bittet sie mich lächelnd, als ich aufstehen will. Glücklich lasse ich mich zurück ins Gras sinken.
,,Wieso kann ich kein Zauberer sein?", hinterfragt sie plötzlich. ,,Weil du du bist Lilly. Du bist ein Mensch und ich ein Magier. Aber wir unterscheiden uns nicht so viel wie du denkst." Sie grinst und pflückt eine gelbe Blume. ,,Danke Lucius. Danke das du lebst!" Ich lächle zurück und stehe auf. Sie tut es mir nach und drückt mir die Blume an die Brust.
,,Jetzt gehört sie dir.", entscheidet sie und verschmilzt mit dem Sonnenuntergang. Ihr engelsgleiches Haar ist das letzte, was ich von ihr sehe.

Ich schreie und krame in einem Karton. Dort finde ich die gelbe Blume und starre sie an wie mein größter Feind. Sie ist in Bernstein verewigt. Ich schmeiße sie auf den Boden und verbrenne sie. Sie wurde in der gleichen Nacht ermordet. Von einem Menschen. Das ist einer der Dinge, wieso ich Menschen abgrundtief hasse. Sie töten nur.
Als ich dann wieder klar denken kann, sehe ich, was ich getan habe: Das einzige Stück, die einzige gegenständliche Erinnerung an meine Liebe war fort. Ich falle weinend auf die Knie, grabe in der Asche, verzweifelt, irgendetwas zu finden, doch da ist nichts. Die Tränen rollen weiter über meine Wangen und Mainus tritt ein. ,,Wir werden eines Tages den Mörder finden. Das werden wir.", beruhigt mein Berater mich. Ich schaue mit glänzenden Augen zu ihm hoch, wische die Tränen mit ruß bedeckten Fingern weg und richte meinen Anzug.
,,Ja. Hoffen wir es."

Deadline for HumansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt